.

ARD-Themenwoche zu Hungerkrisen und Ernährungsmiseren

Mangel im Überfluss

4 Frisch auf den Muell
Ein Durchschnittshaushalt wirft 50 Kilogramm essbare Lebensmittel im Jahr weg. Ein Durchschnitts-Supermarkt 50 Kilo täglich, originalverpackt und in aller Regel vor Ablauf der Mindesthaltbarkeit WDR/Schnittstelle Thurn GbR

Die ARD-Themenwoche "Essen ist Leben" zeigt den krassen Gegensatz von Übergewicht und Unterernährung. Vor allem die Doku "Hunger" hat's in sich

Eigentlich könnten alle satt werden, schließlich werden rund zehn Prozent mehr Lebensmittel hergestellt, als man weltweit benötigt. Doch die Zahlen erzählen eine andere Geschichte: Mehr als eine Milliarde Menschen leidet heute an Hunger, jeder siebte ist unterernährt, täglich sterben 25 000 an den Folgen von Mangelernährung - während Millionen Tonnen Getreide als Kraftstoff an Autos "verfüttert" werden. Was bei der Verteilung der lebenswichtigsten Rohstoffe schiefläuft, beschreibt die 90-minütige Doku "Hunger" am 25. Oktober, das dokumentarische Highlight einer ARD-Themenwoche mit dem Titel "Essen ist Leben".

Die Welt isst ungerecht - Acht wichtige Themengebiete:

Lebensmittelverschwendung
Ungesundes Übergewicht
Energie statt Essen
Fleisch vs. Getreide
Leben aus der Tüte
Kampf ums Wasser
Heikles Designerfood
Gefährliche Gentechnik
Straßendreck mit Salz und Magarine

In fünf Ländern auf drei Kontinenten spürten der Filmemacher Marcus Vetter und die Journalistin Karin Steinberger verschiedenen Ursachen des elementarsten Elends der Menschheit nach und zeigen, weshalb viele Konzepte der Entwicklungshilfe nicht funktionieren - von Kenia, wo ganze Landstriche seit Jahren von Lebensmittelhilfe abhängig sind, bis Brasilien, wo die Folgen des zunehmenden Appetits der "satten" Ersten Welt auf Fleisch den Regenwald vernichtet.

"Haiti aber war das Schlimmste", sagt Vetter, "nicht einmal wegen des Erdbebens." Zweimal war das Filmteam auf der Karibikinsel, sprach mit Menschen, die der Hunger geradezu apathisch gemacht hat. Es sind zumeist Frauen, die nicht mehr als zwei, drei zusammenhängende Sätze sprechen können und denen oft nicht mehr bleibt, als den Dreck der Straße mit Salz und etwas Margarine zu vermischen, "um diesen treibenden Hunger zu vergessen".

"So etwas haben wir nicht in Afrika erlebt und nicht in Indien, obwohl die Menschen dort auch nur einen Dollar pro Tag haben." Tatsächlich verzichtet "Hunger" weitgehend auf dramatische Elendsschilderungen und widmet sich übergeordneten Zusammenhängen. Die Dokumentaristen legen ein globales Puzzle aus, das darlegt, wie der zunehmende Verzehr von Fleisch und selbst der Maisanbau für die Biospritproduktion den weltweiten Nahrungsmangel fördern.

Was kann ein jeder persönlich tun, um die Tragödie zu lindern? "Wahrscheinlich müssen wir akzeptieren, dass man die Krise gar nicht stoppen kann", sagt Vetter. Vielleicht könnte eine neue Moraldiskussion etwas bewirken; der Film jedenfalls zeigt, dass die Probleme der Dritten Welt auch uns etwas angehen: "Wenn der Hunger auf ein besseres Leben zu groß wird, machen sich die Menschen irgendwann auf den Weg."
Ein Thema, von "Anne Will" bis "Tatort"

Im ARD-Programmschwerpunkt vom 23. bis 29. Oktober stellen viele ARD-Formate die Themen Hunger und Ernährung vornan: in den Talksendungen "Anne Will", "Hart aber fair" und "Beckmann", in Reportagen über genmanipulierte Lebensmittel und Dokus über das Essverhalten der Deutschen. Ranga Yogeshwar moderiert eine Show mit dem Titel "Wie ernährt sich Deutschland?", und selbst im "Tatort" geht es um gefährliche Lebensmittel.

Heiko Schulze