Die Porno-70er in "The Deuce" von David Simon oder die kontrastreichen Entwicklungen Ende der 70er-Jahre im FBI-Porträt "Mindhunter", die Spandex-80er in der Netflix-Serie "Glow" oder Nena-Songs in der teilweise in den 80ern spielenden Serie "Dark", die funkelnden 50er in "The Marvelous Mrs. Maisel" von Amazon oder der Sündenpfuhl der späten 20er-Jahre in "Babylon Berlin": auffällig oft waren die besten Serien 2017 in einer vergangenen Epoche angesiedelt. Mal waren sie heimlicher Protagonist, mal nur der Hintergrund für eine spannende Geschichte. Wird in der Gegenwart des Serienbooms also die Vergangenheit verklärt? Mitnichten.

Die wirklich guten Serien waren auch 2017 wieder wahnsinnig gut recherchiert, ausgestattet und geschrieben. Immer mehr drängen visuelle Schauwerte in den Vordergrund, doch für Qualitätsserien sind sie nur Mittel zum Zweck: eine originelle, zumeist packende Geschichte zu erzählen. Wir stellen unsere 24 Favoriten vor: Von "Handmaid's Tale" über "Legion" bis hin zu "The Deuce" sind zahlreiche Genre und Genremixes vertreten. Die Reihenfolge entspricht einer ansteigenden Qualität, ohne dabei auf eindeutige Platzierungen abzuzielen.

Podcast: Die 24 besten Serien 2017

Das Jahr 2017 ist in den Büchern und wir ziehen Bilanz, welche Serien uns am Besten gefallen hat. Die Kollegen Baumgart, Kruse, Meyer und Sowa haben ihre Top-10-Listen zusammengestellt und versuchen einander und die Hörer von ihrer Auswahl zu überzeugen:


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The Tick (Amazon)

Amazon

Schon die Trickversion und die alte Realserie um den Comic-Helden im Zeckenkostüm waren klasse, auch die neue Amazonserie wächst einem schnell ans Herz - wenn man sich nicht von der etwas zynischen Auftaktfolge abschrecken lässt. Die Parodie ist kinoreif getrickst, der beste Spezialeffekt ist allerdings eh die Redeweise des Titelhelden: Der bizarre Muskelmann salbadert ständig so sonor und geschwollen wie die Erzähler in Hollywoods Blockbuster-Trailern.

Legion (FX/FOX)

FX Networks

Eine Superhelden-Geschichte ohne Spandex-Kostüme, dafür aber mit Bildern, die den Bildschirm sprengen. Fargo-Schöpfer Noah Hawley lässt den Zuschauer durch das verzwickte und verzweigte Gedankenlabyrinth seines schizophrenen Helden irren. Über weite Strecken ein atemberaubend psychedelischer Trip. Style over Substance? Nein: Style is substance!

Better Call Saul Staffel 3 (Netflix)

Netflix/Sony Pictures Television

Der "Breaking Bad"-Ableger wird getragen von einem hervorragend aufgelegten Hauptdarsteller Bob Odenkirk

Viele hatten Zweifel, ob ein Spin-Off von "Breaking Bad" die Qualität halten kann. Doch Bob Odenkirk als Jimmy alias Saul Goodman beweist seit drei Staffeln, dass eine leichtere Grundnote im Vergleich zum Vorgänger, mit einem unfassbar komplexen Hauptcharakter auch eine spannende, teilweise überraschend einfühlsame Serie ergibt. Tolle Bilder in bemerkenswerten Totalen, ein durchweg hervorragendes Drehbuch und die tollen darstellerischen Leistungen machen "Better Call Saul" zu einer Ausnahmeserie.

American Gods (Amazon)

Starz

Schon in Neil Gaimans Kultroman von 2001 mäandert die Story über einen Krieg der alten Götter gegen die neuen Götzen allzu ungezügelt vor sich hin, in der Serienversion vermisst man den Blick fürs große Ganze erst recht. Dafür überträgt sie Gaimans Lust am Erzählen bildgewaltig (und schweinebrutal) in ein anderes Medium und plädiert mit frechem Witz für individuelle Spiritualität statt organisierter Massenreligion. Sicher nicht die beste Serie von 2017, aber eine der ungewöhnlichsten und aufregendsten.

Halt and Catch Fire Staffel 4 (AMC/Amazon)

AMC

Auch wenn sich die Serie nicht ganz mit "Mad Men" messen kann: Das AMC-Drama über den Computerboom der Achtzigerjahre und das Aufkommen des Internets in den frühen 90ern ist ein spannender Trip in vergangene Zeiten - eine packende Geschichte über Pioniergeist und Mut, Erfolg und Scheitern, technische Visionen und Größenwahn mit einem starken Cast. Allen voran Lee Pace als IT-Visionär á la Steve Jobs. Wie authentisch die Geschichte ist, beschreibt am besten ein Lob von Apple-Mit-Gründer Steve Wozniak: "Ich habe einen Haufen Leute aus der Technikszene wiedererkannt". Die Geschichte findet nach vier Staffeln ein rundes Ende.

Suburra (Netflix)

Netflix

"Dieser Ort hat sich seit zweitausend Jahren nicht verändert", sagt Samurai, einer der Protagonisten. "Patrizier und Plebejer, Politiker und Kriminelle, Huren und Priester." Die Netflix Original Serie verwebt all diese Elemente zu einem hochdichten Porträt über die (vor allem) mafiösen Abgründe Roms. Der Look und Sound der Serie ist Gangsterstudie pur, doch auch die Stadt spricht aus der Geschichte, sie ist eine der schöneren Protagonisten von "Suburra". Das Darsteller-Trio der drei italienischen Ganoven ist markant, kantig, wuchtig: Lele, Spadiano und Aureliano wirken wie gemacht für eine vielschichtig angelegte Mafia-Serie. Sie sind leidenschaftlich, jung, voller Energie, manchmal aufbrausend, manchmal kühl und unnahbar und doch in stetiger Unruhe. Das Beste: in dieser Mafia-Serie haben auch die Frauen etwas zu sagen!

Handmaid's Tale (Hulu/Telekom)

MGM Television

Eine dystopische Welt, so beklemmend und aussichtslos, dass es einem in den zehn Episoden fast den Atem nimmt. Die Serienumsetzung des Margarete Atwood Romans ("Der Report der Magd") von 1985 ist Spannungsfernsehen der bedrückend guten Art. Der Stoff ist hart und voller Abgründe, doch die Umsetzung ist grandios und voll von Überraschungen. Kaum eine Serie 2017 regt so zum Nachdenken an, wie dieses anti-feministische Zukunftsszenario.

Dark (Netflix)

Netflix

Die erste deutsche Netflix-Serie hat Drive und lebt von seiner permanenten (An)Spannung. Die hauptsächlich in Berlin und Umgebung, aber auch im Harz von Kameramann Nikolaus Summerer eingefangenen Bilder erinnern an düstere Crime-Plots wie "True Detective", die vertrackte Drehbuchvorlage an Werke wie "ES" von Stephen King, die skurrilen Figuren und das nur scheinbar idyllische Kleinstadt-Flair an "Twin Peaks" und der Mystery-Plot um die sonderbaren elektrischen Entladungen an den Netflix-Hit "Stranger Things". Hinzu kommt, dass "Dark" ein Fiktion-Puzzle mit unzähligen versteckten Hinweisen und doppelbödigen Andeutungen ist - "Lost" lässt grüßen.

Room 104 (HBO/Sky)

HBO

Anthologieserien sind toll, immerhin sehen Millionen Deutsche seit gut 47 Jahren Episoden davon am Sonntagabend, den "Tatort". Bekannter wurde das Modell erst durch USA-Hits wie "Fargo" oder "True Detective": Nach einer Staffel wird neugestartet und es geht mit einer anderen Handlung und zumeist neuen Schauspielern weiter. Doch auch Anthologien innerhalb einer Staffel können tragen, das beweist die HBO-Low-Budget-Produktion "Room 104", die dem einfachen Konzept folgt, 12 verschiedene Geschichten in dem immergleichen Motelzimmer zu erzählen. Unterschiedlichste Genres geben sich die Klinke in die Hand: viel Horror und Mystery, aber auch Tanz-, Drama- oder Actionfilm-Elemente sind vertreten. Die Qualität schwankt, doch einige Episoden wie "Voyeurs" sind große Erzählkunst.

Glow (Netflix)

Netflix

Spandex Leggings, fluoroszierend grelle Farben, Toupés so hoch, wie die Koksberge auf einigen Produzententischen in den 80er-Jahren: Mit "Glow" hat Netflix wieder einmal voll den Trend der Nostalgiewelle getroffen. Doch diese dann auch gut zu reiten, gelingt nicht immer. Hier jedoch auf charmante und vor allem überaus unterhaltsame Weise. "Glow" ist witzig, spielt intelligent mit überalterten Geschlechterklischees und hat mit Ruth Wilder (bemerkenswert: Alison Brie) eine tolle, vielschichtige Hauptfigur zu bieten. Die Originstory endet, als die "Gorgeous Ladies of Wrestling"-League startet, ein tatsächlich Ende der 80er ausgestrahltes Trash-Format in den USA.

The Americans Staffel 4 (FX/Netflix)

Dreamworks Television

The Americans (2013, Serie) Zwei Helden der Sowjetunion spionieren in den 80er-Jahren für den KGB die USA aus, getarnt als braves amerikanisches Ehepaar.

Russische Unterwanderung in den USA. Dank Donald Trump hat "The Americans" eine brisante Aktualität erhalten. Die Serie um ein KGB-Ehepaar (auch im echten Leben verheiratet: Keri Russell, Matthew Rhys), das in den USA geheime Missionen durchführt und seine wahre Identität sogar vor den Kindern geheim hält, bietet mehr Sex und Gewalt als "Game of Thrones". Vor allen Dingen ist es aber ein brillantes Porträt einer Ehe. Showrunner Joe Weisberg, einst selber CIA-Mitarbeiter, ließ sich für die Serie von echten russischen Schläfern inspirieren, die 2010 in den USA aufflogen. Seit der ersten Staffel gehört die Serie zu den Geheimtipps aus den USA, aber mit der vierten Staffel übertrifft sie sich noch einmal. Historische Ereignisse wie David Copperfields Verschwindenlassen der Freiheitsstatue und die Ausstrahlung der TV-Atomapokalypse "The Day After" bilden den Rahmen der Staffel und inspirieren gleichzeitig auch die Themen der einzelnen Folgen. Hinzu kommt ein grandioser Soundtrack von "Tainted Love" bis "Major Tom".

Mindhunter (Netflix)

Netflix

In "Mindhunter" bleibt einem (nicht nur) als Zuschauer die Luft weg

"Mindhunter" wird von einem soziologischen bis psychologischen Motiv angetrieben, das mit jeder Seriensekunde Finchers Handschrift trägt. Die zehn Episoden der 1. Staffel fühlen sich an, wie eine TV-Version von "Zodiac": beklemmend, spannend, authentisch. Am stärksten ist "Mindhunter" dabei, wenn seine Protagonisten Holden Ford (Jonathan Groff) und Bill Tench (Holt McCallany) in Interviews den (echten) Serienkillern gegenübertreten. Schon jetzt können sich Fans der Serie auf die bereits bestätigte 2. Staffel "Mindhunter" freuen. Auch wenn wir gespannt sein dürfen, ob David Fincher angesichts seines Regie-Jobs bei "World War Z 2" Zeit für sie finden wird.

4 Blocks (TNT)

Nackte Haut, Blut und Knarren zeich­nen die dritte Eigenproduktion des Sen­ders TNT aus. Zimperliche Gemüter dürf­ten bei den kriminellen Machenschaften der Berufsverbrecher rund um Anführer Toni (grandios: Kida Ramadan, links) durchaus mal die Augen zukneifen. Dafür war eine deut­sche Serie selten so authentisch und ungeschliffen. Regisseur Marvin Kren besetzte nicht nur erfahrene Schauspie­ler wie Oliver Masucci, sondern mit den Rappern Massiv, Gringo oder Veysel auch viele Laiendarsteller aus der deutschen Hip­ Hop­ Szene, die sich zu eingängigen Beats durch die insgesamt sechs Folgen der ersten Staffel ballern.

Master of None Staffel 2 (Netflix)

Sender

Showrunner und Hauptdarsteller Aziz Ansari ist der große Star dieses großartigen Comedy-Kleinods. Kurzweilig in der Wirkung, mit bestem Jerry Seinfeld Humor versehen und dabei trotz der kurzen Laufzeit angesichts von gerade mal zehn halbstündigen Episoden mit jeder Menge Tiefgang ausgestattet: Die Serie "Master of None" beweist auch in der 2. Staffel, dass sie zurecht ein absoluter Kritikerliebling ist. Wer noch überredet werden muss, sollte die 1. Folge der 2. Staffel schauen: Diese Schwarz-Weiß-Hommage an den Klassiker "Fahrraddiebe" von 1948 ist nicht nur ein formschöner Kunstgriff.

Line of Duty Staffel 4

Die vierte Staffel ist die beste in der Geschichte dieser großartigen britischen Krimiserie. Sechs Folgen à 60 Minuten folgt der Zuschauer einem vertrackten, hochspannenden Kriminalfall voller Korruption, Missverständnissen und Ungereimtheiten. Allein wie am Ende der 1. Folge mit den Erwartungen des Zuschauers gespielt und mit einer kettensägengroßen Überraschung auf die nächste Folge geleitet wird, reißt jeden Suspense-Fan mit. Pro-Tipp: Alle Staffeln schauen, dann versteht man auch versteckte Querverweise. Losgelöst entfaltet die 4. Staffel nicht ihre volle Virtuosität.

Tote Mädchen lügen nicht (Netflix)

Netflix

Eine Selbstmordserie? Nein. "13 Reasons Why" ist im besten Sinne eine gelungene Mobbing-Serie, die Probleme thematisiert, ohne den Zeigefinger zu heben, Tabuthemen allerdings auch nicht verklärt oder überdramatisiert. Die Netflixserie hat einen ungeahnten Buzz in den sozialen Medien erzeugt und viele Medien auf den Plan gerufen, die plötzlich Sittenwächter spielen wollten. Dabei ist die Serie ein großartiges Porträt von Echokammern in den sozialen Medien, Cybermobbing und dem zwischenmenschlichen Umgang an Schulen. Nebenbei besticht die Inszenierung mit großartigen Noir-Elementen, sodass die durchaus pfiffige, zweigleise Erzählweise weit mehr ist, als "nur" ein Drama.

The Marvelous Mrs. Maisel (Amazon)

Amazon

Die "Gilmore Girls"-Macher lassen wieder ein Dialog-Feuerwerk aufs Publikum los. Im Zentrum dieses Mal: Midge Maisel (Rachel Brosnahan). Die junge Frau ist mit ihrem wohlbehüteten Leben im New York der 50er Jahre im Reinen. Sie hat einen Mann, zwei Kinder, die Synagoge und erfreut sich an den Stand-Up-Comedy-Versuchen ihres Mannes. Doch dann zerplatzt alles: Ihr Mann erweist sich als Betrüger. Sowohl im Bett als auch auf der Bühne. Mit Alkohol betankt torkelt Midge ans Mikro - und beginnt ihre eigene Karriere als Comedienne. In knallbunten Farben lassen die Showrunner die 50er auferstehen und schaffen eine Welt, die sich hinter "Mad Men" nicht verstecken muss, aber deutlich schlagfertiger ist.

American Crime Story: The People v OJ Simpson (Netflix)

FX

Akkurat, ohne dabei langweilig zu sein und packend inszeniert, ohne den (tot)ernsten Hintergrund aus den Augen zu verlieren. Diese Aufarbeitung des berüchtigten Starfprozesses gegen den Footballspieler OJ Simpson von 1995 inklusive des nachfolgenden Zivilprozesses ist ein Beweis dafür, dass eine fiktive Serie große Dokumentarqualitäten haben kann. Von dieser faktentreuen Umsetzung können sich ganze Generationen von Gazetten noch etwas abschauen.

Big Little Lies (HBO/Sky)

HBO

Starke Frauenfiguren sind in Serien, geschweige denn in Filmen selten. Mehrere davon zusammen zu finden, ist wie die Entdeckung eines Einhorns. Die große Ausnahme ist "Big Little Lies". Reese Witherspoon und Nicole Kidman adaptierten den Roman von Liane Moriarty und sicherten sich gleich die saftigsten Rollen als zwei Mütter auf der kalifornischen Edelhalbinsel Monterey, die Abgründe in ihrem Leben verbergen. Als die alleinerziehende Jane (Shailene Woodley) in ihr Leben tritt, bricht alles aus. Die Rahmenhandlung aus Mordermittung und Schulhofmobbing hätte es gar nicht gebraucht: "Big Little Lies" ist eine Schauspiel-Demonstration par excellence. Vor allen Dingen Nicole Kidman war nie besser. Allein ihre Szenen bei der Ehetherapie haben jeden Fernsehpreis verdient, den es gibt.

Fleabag (BBC Three/Amazon)

Amazon

Rückblende: Fleabag (r.) erinnert sich an ihre tote Freundin Boo

Selten war Comedy so derb, anstößig und zynisch zugleich, wie in diesem britischen Drama um die titelgebende Protagonistin. Phoebe Waller-Bridge spielt die Frau in ihrer Midlife-Crisis so feinfühlig und ungeschliffen zugleich, dass sie dafür völlig zurecht den Britisch Academy Television Award für die beste Frauenrolle einheimste. Durch die sechs knapp halbstündigen Episoden ist man schnell durch, doch die bissigen Sprüche von Fleabag (zu deutsch: Ekelpaket) wirken noch lange nach. Ein Lichtblick im lockerleichten Einheitsbrei der Comedy-Unterhaltung.

Babylon Berlin (Sky/ARD)

Sender

"40 Millionen!" "Die teuerste deutsche Serie aller Zeiten!" "Erstmals arbeitet ein öffentlich-rechtlicher Sender mit dem Pay-TV zusammen!" Die Erwartungen waren riesig und doch: Die Serie hält, was sie verspricht. Die Kriminalgeschichte um den Ermittler Gereon Rath (Volker Bruch) ist hochspannend erzählt. Die Bilder aus dem Berlin von 1929 atmen beeindruckendes Zeitkolorit, die Kulissen bieten großes Kino. Sowohl das abgerockte Arbeitermilieu der Weimarer Republik um die Großfamilie von Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) als auch die prunkvolle, überschäumende Partygesellschaft des legendären Tanzclubs "Moka Efti" in der Friedrichstraße zeichnen ein dichtes Sittengemälde zwischen prekären Arbeiterverhältnissen und hemmungsloser Vergnügungssucht.

The Good Place (NBC/Sky)

Justin Lubin/NBC

Kristen Bell in der NBC Comedy "The Good Place" neben Ted Danson

Was passiert nach dem Tod? Showrunner Mike Schur ("Brooklyn Nine-Nine") nimmt sich dieser ewigen Fragen höchst amüsant an. Er schickt Kristen Bell als Verstorbene in den Good Place. Eine von Himmelsarchitekt Michael (Ted Danson) perfekt konzipierte Welt, in der das Ab(Leben) richtig Spaß macht. Das Problem: Kristen Bells Figur Eleanor kam nur durch eine Verwechslung dahin. Eigentlich gehört sie in den Bad Place. Um nicht entdeckt zu werden, bittet sie ihren vermeintlichen Seelenverwandte, einen Ethikprofessor, darum sie zu einem besseren Menschen zu machen während um sie herum der Good Place langsam einstürzt. Die über 13 Folgen rasant erzählte Sitcom ist das originellste, was Comedy seit Jahren zu bieten hätte. Es gibt grandios getrickste visuelle Einfälle, cleveren Wortwitz und nebenbei noch einen Grundkurs in Philosophie. Und am Ende der ersten Staffel bringt Mike Schur eine Überraschung, von der sich "Lost" oder "24" noch eine Scheibe abschneiden können.

Twin Peaks (Showtime/Sky)

Showtime

"Twin Peaks: The Return" ist mehrere Genres in einem, von Komödie (die Handlung um Dougie Jones), Krimi und Gangsterfilm bis Horror und Experimentalfilm. Jedes Genre ist sorgfältig und handwerklich grandios ausgeführt, in jeder Szene unverbraucht und originell, jedes Bild könnte man sich rahmen lassen und an die Wand hängen. Die stilistische Vielfalt reicht von dem herzzerreisenden realistischen Darstellung eines Autounfalls bis zu einem abstrakten Tanz der Neutronen nach dem Abwurf der ersten Atombombe. Das Spektrum streckt sich aus von begnadet dadaistischer Comedy bis zu museumsreifer Videokunst.

Wenn Serien wirklich, wie es immer heißt, die Romane von heute sind, blieben sie bisher auf dem Level des etwas angestaubten Charles-Dickens-Realismus des 19. Jahrhunderts. Mit "Twin Peaks 3" sind "die neuen Romane" endlich in der Moderne angekommen.

The Deuce (HBO/Sky)

HBO

Wenn der "The Wire"-Macher David Simon neuen Stoff unter die Leute bringt, schießt der Puls schnell in die Höhe. Nicht zu unrecht, wie die 70er-Jahre-Ndew-York-Studie eindrucksvoll beweist. Die satten Farben, das fast beiläufig und dennoch so getreu eingefangene Setting der heruntergekommenen 42nd Street (Manhattan), die beeindruckende Darstellerriege: Diese HBO-Serie ist wirklich großes Erzählfernsehen. Wie James Franco in einer Doppelrolle durch die Stadt stolpert und mal skurillen, mal bedrohlichen Begegnungen strotzt, macht einfach Spaß.