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Eishockey-WM 2010

Eiszeit auf Schalke

Gastgeber Deutschland startet am 7. Mai (ab 19.45 Uhr, Sport1) gegen die USA vor Rekordkulisse in die Eishockey-WM - und weitgehend chancenlos

Am 28. Februar 2010 erlebte das Eishockeyteam der USA im olympischen Finale gegen Kanada eine Neuinterpretation des abgedroschenen Begriffs "Heimvorteil": 17 000 Anhänger der "Ahornblätter" sorgten auf den Tribünen für eine sensationelle Atmosphäre und ließen den Canada Hockey Place in Vancouver nach dem Gewinn der kollektiv ersehnten Goldmedaille erbeben.
Mehr als zwei Monate später, am 7. Mai, erwartet die US-Boys erneut eine gewaltige Kulisse: Zum Eröffnungsspiel der WM gegen Gastgeber Deutschland werden in der Gelsenkirchener Veltins-Arena 78 000 Besucher erwartet. Nie zuvor konnte der schnellste Mannschaftssport der Welt ein größeres Livepublikum anlocken.

Trotz dieser beeindruckenden Zahl - der Eintrag ins Guinness-Buch ist bei 74 555 Zuschauern fällig - dürften die Amerikaner ziemlich gelassen auflaufen. Der Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes ist eine sportliche Sensation (und nichts anderes wäre ein Sieg im Auftaktspiel gegen den Olympia-Zweiten von Vancouver) derzeit kaum zuzutrauen. Nach den Plätzen 9 und 10 belegte Deutschland bei der letzten WM lediglich Platz 15. Und von den Winterspielen in Kanada kehrte die seit Ende 2005 von Uwe Krupp betreute Mannschaft als Vorletzter heim - erstmals ohne Punktgewinn.

Eine Blamage war das Abschneiden gegen überlegene Gegner wie Schweden, Finnland oder Kanada nicht; aber ein Erfolgserlebnis hätte dem deutschen Eishockey mit Blick auf das insgesamt eher mäßige öffentliche Interesse an der Heim-WM (7. bis 23. Mai) sicher gut getan.

Krupp vertraut darauf, dass seine Schützlinge in den jüngsten Duellen mit Kanadas Superstar Sidney Crosby und anderen Ausnahmespielern wichtige Erfahrungen gesammelt haben. Die Lücke aber, die zwischen den sieben, acht großen Eishockey-Nationen und Teams wie Deutschland klafft, wird sich auch bei der WM in Deutschland nicht schließen lassen. "Da kommen wir nur ran, wenn es besondere Veränderungen im Eishockey gibt", weiß der Bundestrainer. "Du spielst nicht oben mit, wenn du nicht unten anfängst. Unten bedeutet in der Breite, im Nachwuchs!"

Die Schweiz ist für ihn das beste Beispiel, dass der Kraftakt gelingen kann. "Das ist die Mannschaft, die in den letzten 15, 20 Jahren den größten Sprung gemacht hat." Strukturelle Veränderungen aber brauchen Zeit, die Krupp nicht hat. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als ganz fest an "eine Überraschung" zu glauben. Zumindest dafür ist seine Mannschaft immer gut gewesen. Zuletzt bei der WM 2008 gegen die Slowaken (4 : 2). Um das Viertelfinale zu erreichen, benötigt das deutsche Team allerdings bereits zwei solcher Achtungserfolge - und muss böse Überraschungen gegen schwächere Gegner unbedingt vermeiden.

Frank Steinberg