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EM war gestern ...

... romantisch

... romantisch
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Ziemlich viele ungewohnte EM-Gäste waren am gestrigen Spieltag zu bestaunen: Ungarn durfte nach 44 Jahren mal wieder mitkicken, Österreich qualifizierte sich das erste Mal überhaupt sportlich (2008 war man als Gastgeber automatisch dabei) - und dann natürlich der absolute Neuling: Island, das Land der Geysire und Vulkane, das Land, das Straßentrassen umplant, damit die Elfen nicht gestört werden, das kleinste Land, das jemals an einer EM teilgenommen hat. Wie kann man diese Mannschaft nicht lieben?

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Trainer Heimir Hallgrimsson betrieb bis vor kurzem noch eine Zahnarztpraxis auf den Westmännerinseln, Torwart Hannes Thor Halldorsson ist eigentlich Filmregisseur, wurde mit Ende 20 dann aber doch noch Fußballprofi. Nur zwei Geschichten, die in der heutigen Fußballindustrie aus der Zeit gefallen scheinen. Überhaupt gibt es nur 75 isländische Fußballprofis, die meisten spielen versteckt in skandinavischen Ligen. Doch bei aller Folklore, der isländische Erfolg ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis harter Arbeit. Seit der Jahrtausendwende wird konsequent in die Infrastruktur investiert und die Trainerausbildung professionalisiert, die Jugendarbeit gilt als vorbildlich. Schon 2014 scheiterte man in der WM-Quali erst in den Play-offs an Kroatien, bei der EM-Quali 2016 ließ man die Türkei und die Niederlande hinter sich.

Nun ist die Euphorie grenzenlos. An die 30000 Isländer sollen die Mannschaft nach Frankreich begleitet haben, fast zehn Prozent aller Einwohner sind damit vor Ort und feierten gestern in Saint-Etienne fröhlich, friedlich und ausgelassen - ohne besondere Vorkommnisse. Gegen Portugal begann das Team selbstbewusst, hätte eigentlich nach drei Minuten in Führung gehen müssen. Dann kam Portugal auf, drückte die Isländer in die Defensive. Nach der Führung der Iberer durch Nani in der 30. Minute sah Portugal bereits wie der sichere Sieger aus, doch nach dem überraschenden Ausgleich durch Birkin Bjarnason in der 50. Minute startete Island eine bemerkenswerte, leidenschaftliche Abwehrschlacht, nahm jeden Zweikampf an und zeigte großen physischen Einsatz. Auch zwei Freistöße des blassen Cristiano Ronaldo in der Nachspielzeit änderten nichts mehr am Punktgewinn. Am Ende hatte Island ganze 28 Prozent Ballbesitz, doch der Traum in Blau kann weitergehen.

Es sind eben nicht die Bayern, es ist nicht Real oder ManU, es ist kein Ibrahimovic und erst recht kein Ronaldo, für die man den Fußball liebt. Es sind die kleinen Geschichten, die Teams wie Leicester City oder Island schreiben, die einen an das Gute im Fußball glauben lassen.

Peter Roether