.

TV-Kritik

Gänsehaut

Eurovision Song Contest: Russenprotz und Neukommentator Tim Frühling bemüht DSDS-Phrasen

EUROVISION SONG CONTEST (Phoenix, Dienstag, 21.00 Uhr)
Natürlich ist das europäische Publikum durch die nationalen Castingshows wie "DSDS" oder "Pop Idol" verdorben. Und ebenso klar ist es, dass keine Musikshow mehr ohne wilde Kamerafahrten und wirre Windmaschinen-Effekte inszeniert werden kann. Vor allem nicht in Moskau, der Metropole, wo sehr viel Geld meistens vom einem furchtbaren Geschmack begleitet wird. Und die Kosten muss man bei diesem Grand Prix in Zeiten der Wirtschaftskrise als erstes erwähnen: Die Show des "Eurovision Song Contest" kostet schlappe 30 Millionen Euro.

Immerhin ist bei der ARD alles neu: Der deutsche Beitrag wurde von einer Jury bestimmt und statt Peter Urban kommentiert ein gewisser Tim Frühling die Veranstaltung. Songcontest-Fossil und Oldie-Liebhaber Urban bekam eine neue Hüfte verpasst und konnte nicht nach Moskau fahren. Schon allein deshalb wird er sich nicht wütend im Bette gewälzt haben wegen der Moderation seines Ersatzmannes. Obgleich selbst ihm, dem Phrasenkönig der Großen Grand-Prix-Ballade, muss es peinlich gewesen sein, als Frühling nach dem eindrucksvollen Auftritt des weltberühmten Alexandrow Ensemble (Chor der Roten Armee) plötzlich in die DSDS-Mottenkiste griff und so Sätze absonderte wie "Das ist wirklich Gänsehaut, was da passiert."

Es war der Show-Höhepunkt des Abends als die Militärs flankiert von pinken Gummipanzern das vormalige Lolita-Duo "T.a.T.U." begleiteten. Das musikalische Highlight war sicherlich die Tatsache, dass sich Komponist Ralph Siegel mit seinem Beitrag für Montenegro nicht für das Finale qualifiziert hat. Ansonsten war es der gleiche obskure Mix aus Ethno, Ballade, Rock und Eurotrash, der schon in den vergangenen Jahren den Wettbewerb dominiert hat. Hoffentlich wird es beim zweiten Halbfinale am Donnerstag besser.

Kai Rehländer