Ladies First - Römische Musen

Voller Spannung wird der neue Film des italienischen Erfolgsregisseurs Guido Contini erwartet. Doch dem Maestro, gespielt von Daniel Day-Lewis, wollen die Ideen nicht so recht kommen - dafür tauchen Mutter, Frau, Geliebte, Muse und andere Verführungen auf.

Klassiker: Federico Fellinis "Achteinhalb" aus dem Jahr 1963, mit Marcello Mastroianni

Das ist das Handlungsgerüst des Erfolgsmusicals "Nine", das lose auf Fellinis Kinoklassiker "Achteinhalb" von 1963 basiert und nun von Oscar-Gewinner Rob Marshall ("Chicago") verfilmt wurde. Mit einer Starbesetzung, die für mehrere Filme reichen würde. Daniel Day-Lewis ist der Hahn im Korb. Ihn umschwirren Nicole Kidman, Penélope Cruz, Kate Hudson und Sophia Loren, die in "Nine" ihr tänzerisches und stimmliches Talent unter Beweis stellen. Wir baten das Quartett der Ladys zum Talk

Sophia, Sie hatten entscheidenden Anteil am Zustandekommen dieses Films, dabei kannten Sie das Musical vorher nicht mal, richtig?

SOPHIA LOREN Nein, ich kannte es nicht. Rob Marshall rief mich eines Tages an und meinte, er habe eine Rolle, die sehr gut zu mir passen würde, nämlich die Mutter von Fellini. Das war für mich sehr verlockend, da ich zu seinen Lebzeiten unbedingt einen Film mit Fellini hatte drehen wollen. Wir waren immer knapp davor, aber es hat nie geklappt.

Aber waren Sie nicht in seinem Film "Lichter des Varieté" aus dem Jahr 1950?

SOPHIA LOREN Da war ich Komparsin, zusammen mit meiner Mutter. Da habe ich nicht gespielt. Aber auch deshalb mochte ich die Idee sehr, in einem Film über sein Leben seine Mutter zu spielen. Rob hatte mir außerdem erklärt, er würde den Film nicht machen, wenn ich nicht dabei wäre, also sagte ich Ja. Ich hatte nicht mal das Drehbuch gelesen.

Verführerisch: Penélope Cruz als Carla

Stichwort Mutter. Penélope, war Sophia für Sie filmischer Mutterersatz?

PENÉLOPE CRUZ Ja, gleich im ersten Moment, als wir uns sahen, haben wir uns umarmt und uns von da an benommen, als würden wir uns schon ewig kennen. Ich habe Sophia in den Wahnsinn getrieben mit meinen Fragen über De Sica, Mastroianni und Fellini, und zu jedem hatte sie unglaubliche Geschichten zu erzählen. Ich wollte von ihr wissen, ob Fellini wirklich ein solcher Lügner war! (lacht) Dafür hat sie sich andauernd Sorgen gemacht, dass ich zu wenig esse. Es konnte nie genug sein, dabei habe ich tatsächlich zugenommen für diese Rolle. Sie war meine italienische Mamma! Ich hab ständig gefuttert, aber sie wollte immer, dass ich noch mehr esse.

SOPHIA LOREN Ich habe euch alle nur höflich aufgefordert, etwas zu essen - ist das etwa schlecht? Jetzt bin ich beleidigt. Hab ich etwas falsch gemacht? Nein. Sie saßen am Tisch und aßen diese winzig kleinen Mahlzeiten. Sie wären alle verhungert, sie haben nie etwas gegessen. Ich war die Einzige, die sich halbwegs normal ernährt hat! (lacht)

Nicole, Sie spielen Claudia, eine richtige 60er-Jahre-Filmdiva und die Muse des Regisseurs Guido. Wären Sie selbst gern eine Muse?

NICOLE KIDMAN Ja, es muss wundervoll sein, jemandes Kreativität stimulieren zu können. Aber Claudia ist auch sehr ehrlich. Es ist wichtig, dass man Leute um sich hat, die einem die Wahrheit sagen. Sich mit Speichelleckern zu umgeben ist gefährlich. Claudia sagt Guido auf den Kopf zu, dass sie nicht die richtige Wahl für die Rolle ist.

Glauben Sie, dass solch ein Umgang mit einem Regisseur heute auch möglich wäre?

NICOLE KIDMAN Nein, das glaube ich nicht, sie ist so offensichtlich eine typische Diva aus den Sechzigern. Und ihr Verhältnis zu Guido ist ganz besonders: Beide lieben einander, aber nur auf kreativer Ebene, niemals in Wirklichkeit. Sie sollte immer seine Muse, nie seine Geliebte sein. Sehen Sie sich nur Pedro (Almodóvar, spanischer Regisseur) und Penélope an - das ist eine großartige Liebesgeschichte, die allein auf der kreativen Ebene funktioniert - und wie!

Liebe, rein platonisch: Claudia (Nicole Kidman) und Regisseur Guido (Daniel Day-Lewis)

Glauben Sie, dass Ihre Figur auf Anita Ekberg beruht, die ein ähnliches Verhältnis mit Fellini gehabt haben soll?

NICOLE KIDMAN Für mich war sie ein Mix solcher Sixties-Film-Ikonen wie Brigitte Bardot oder Ingrid Bergman. Viele Regisseure hatten ihre Vorlieben. Vielleicht war es Anita für Fellini, wer weiß?

Kate, Sie spielen eine Journalistin, die auf den Regisseur angesetzt wird. Was haben Sie dabei über unsere Profession gelernt?

KATE HUDSON Also, ihr Motiv war nie, etwas über ihn zu schreiben, sie wollte ihn nur ins Bett kriegen! (lacht) Sie hat nur gemacht, was ihr Redakteur ihr aufgetragen hat, so sehe ich das.

Kannten Sie Rob Marshall?


KATE HUDSON Ja. Meine Mom und Rob sind befreundet, außerdem ist Rob ein guter Freund von Martin Short, der wiederum sehr gut mit meinem Pa befreundet ist. Es war also alles richtig familiär.

Und dann haben Sie ihm vorgetanzt und vorgesungen?

KATE HUDSON Ja. Als ich hörte, dass Rob diesen Film machen will, habe ich sofort meinen Agenten belagert, mich da unterzubringen. Sie werden das vielleicht nicht wissen, aber ich bin ein Riesen-Musicalfan und tanze schon immer. Das ist ge-netisch bei uns, eine meiner Tanten war eine der Tänzerinnen in der Originalbesetzung der "West Side Story" am Broadway, und auch meine Mom ist eigentlich Tänzerin.

Muse & Star: Nicole Kidman als Claudia

Wie waren die Dreharbeiten in Rom?

NICOLE KIDMAN Es war eisig kalt. Wir waren ungefähr eine Stunde außerhalb von Rom, es war drei Uhr morgens und begann zu schneien, so kalt war es. Aber wir haben auch in den Cinecittà-Studios gedreht, das hat mich sehr berührt, weil so viele der großen italienischen Filme mit ein Grund dafür waren, dass ich Schauspielerin geworden bin.

Und im offenen Alfa Romeo durch Rom zu fahren war sicher auch nicht ganz schlecht...

NICOLE KIDMAN Das war geradezu magisch! Es war Mitternacht und sehr kalt, und erst habe ich mir gewünscht, vielleicht doch lieber nicht im Cabrio zu sitzen. Aber dann wurde mir bewusst: Hey, ich bin in Rom und sitze neben Daniel Day-Lewis in solch einem prachtvollen Auto! In diesem Moment fühlte ich mich sehr privilegiert.

Sie hatten in einer anderen Szene dasselbe Privileg, Sophia.

SOPHIA LOREN Also für mich war das eher etwas, das ich jeden Tag mache. Es gab keine Romantik in Bezug auf das Auto, zumindest nicht für mich.

Glamour & Glitzer: Kate Hudson als Stephanie

Wenn so viele unterschiedliche Frauen und Stars aufeinandertreffen, muss es zwischen Ihnen doch auch mal gekracht haben...

KATE HUDSON Überhaupt nicht, wir hatten viel zu viel Spaß. Die Wahrheit ist: Wir Mädels brauchen einander. Wir haben uns alle gegenseitig unterstützt.

PENÉLOPE CRUZ Jede hatte ihr eigenes Zimmer, aber beim Dreh sind wir immer alle in einem großen Aufenthaltsraum geblieben. Wir waren ständig zusammen und wollten das auch, ich glaube, weil wir zugleich furchtbar aufgeregt und begeistert waren, aber auch schreckliche Angst davor hatten, was alles noch auf uns zukommen würde.

NICOLE KIDMAN Das stimmt, am Set haben wir uns alle den "Green Room" geteilt, ohne Ende getratscht und Geschichten ausgetauscht und einander um Rat gefragt. Es war wundervoll, wir haben immer beim Cateringservice rumgehangen!

Sophia, Sie sollen Penélope auch ein paar ganz bestimmte Ratschläge gegeben haben. Worum ging es denn da?

SOPHIA LOREN Das kann ich Ihnen doch nicht sagen, das ist unser Geheimnis. Unmöglich!

PENÉLOPE CRUZ Ich kann nur sagen, wir haben über wirklich alles gesprochen, es gab keine Tabus! (lacht) Ich liebe es, mit jemandem zu arbeiten, der so ehrlich ist, das sieht man schon in ihren Augen.

Dann seien Sie doch mal ganz ehrlich: Was halten Sie von den Filmen, die heutzutage gedreht werden?

SOPHIA LOREN Sie sind ein bisschen anders. Die Geschichten sind anders. Alle reden über Dinge, die mich nicht interessieren. Es gibt keine großen Filme mehr. Einige sind gut, sicher, aber das ist selten. Das ärgert mich sehr.

Welche Schauspieler haben Sie in Ihrer langen Karriere besonders beeindruckt?

SOPHIA LOREN Ich durfte mit Frank Sinatra arbeiten, mit Gary Cooper und Cary Grant, auch mit Clark Gable und William Holden. Die hatten noch Gesichter!

Scott Orlin/Volker Bleeck

Die italienische Mutter der Stars: Sophia Loren als Mamma in "Nine"

SOPHIA LOREN Die gebürtige Römerin, Jahrgang 1934, war über 40 Jahre lang mit Filmproduzent Carlo Ponti verheiratet

KATE HUDSON (30). Die Tochter von Goldie Hawn und Stieftochter von Kurt Russell wurde bekannt durch "Almost Famous" (2000)

NICOLE KIDMAN (42) sang 2001 im Filmmusical "Moulin Rouge" und nahm später mit Robbie Williams den Song "Something Stupid" auf

PENÉLOPE CRUZ (35) drehte bislang vier Filme mit dem spanischen Regisseur Pedro Almodóvar, den letzten 2009: "Zerrissene Umarmungen"