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Serien-Tipp: The Strain

Überträger ist ein Wurm

Mit einem kalkulierten Skandalposter sorgte The Strain (MI, 29.7.) in den USA für Wirbel. Dabei hat die Serie das gar nicht nötig.

Guillermo del Toro konnte den Wirbel nicht verstehen: "Ich finde andere Formen von Werbung viel verstörender. Bierwerbung beispielsweise. Das hier ist nur ein verdammter Wurm in einem Auge!"

Vielleicht sollte del Toro seine eigenen Worte noch mal kurz sacken lassen: ein Wurm in einem verdammten Auge! Als der Pay-TV-Sender FX das Schockmotiv auf mehrere Quadratmeter großen Plakatwänden in den amerikanischen Großstädten zeigte, hagelte es Proteste: "Euer provokanter Aufsteller ist der Albtraum meiner Tochter", schrieb beispielsweise eine Bloggerin für das Magazin "Time".

Vorwürfe wie diesen ließ der Senderchef John Landgraf allerdings eiskalt von sich abprallen. "Wir mussten ein paar Kinder verstören, um diese Serie zu starten, aber das war es wert", stellte er im Rahmen der Premiere zynisch fest.
Aus wirtschaftlicher Sicht war es das sicherlich: Mit über drei Millionen Zuschauern legte "The Strain" einen der erfolgreichsten Starts des Senders hin. Aber heiligt der Zweck auch die Mittel?

Denn immer mehr Serien versuchen, sich über besonders explizite Bilder ins Gespräch zu bringen. Im Fall von "The Strain" eigentlich schade, denn anders als beispielsweise "Stalker" hat der Fantasyhorror Effekthascherei absolut nicht nötig.

Mexikanische Nazi-Vampire

Guillermo del Toros Adaption seiner eigenen Buchtrilogie vereint zwei Leidenschaften des mexikanischen Regisseurs: Vampire und Nazi-Mythologie. Verpackt in einen düsteren Comic-Look, erzählt der "Hellboy"-Regisseur von einer drohenden Vampir seuche, deren Ursprünge bis in die Konzentrationslager zurückreichen.

Damals verbreitete Thomas Eichorst noch als Wärter Angst und Schrecken, in der Gegenwart tut er es als Vampir. Für die Rolle heuerten del Toro und sein Showrunner Carlton Cuse ("Lost") den Heidelberger Richard Sammel an, der eine der angsteinflößendsten Figuren der letzten Jahre kreiert.

Dabei ist er nur der Handlanger für seinen Master, der alle New Yorker in Vampire verwandeln will. Dem stemmt sich Dr. Goodweather (Corey Stoll) entgegen. Als ein Flugzeug voll (vermeintlich) toter Passagiere auf dem Flughafen JFK landet, kommt das Seuchenamt einer Virus-Epidemie auf die Spur. Überträger ist ein Wurm.

Wenn man sich die nachtschwarze, apokalyptische Serie ansieht, kann man sich kaum vorstellen, dass ein Senderchef del Toro dazu bringen wollte, aus dem Stoff eine Komödie zu machen. Er lehnte ab, und acht Jahre später konnte er sein Projekt nach seinen Vorstellungen umsetzen.

Nicht nur das: Er bekam auch gleich eine Garantie für drei bis fünf Staffeln, um die volle kreative Kontrolle über seine Bücher zu behalten. Für den Vampir-Hype kommt die Serie vielleicht etwas zu spät, aber "The Strain" hat auch eine ganz andere Zielgruppe.

Für einzelne Szenen des optisch im Fahrwasser von "Blade II" inszenierten Horrors braucht man nämlich einen ziemlich starken Magen. Zwar löst del Toro die Schockmomente über die 13 Folgen immer wieder augenzwinkernd auf, die softe "Twilight"-Fraktion sollte die Blicke aber dennoch lieber abwenden, rät der Regisseur: "Ich habe nichts gegen romantische Vampire per se, es ist nur nicht mein Ding."

R. Meyer


>>> THE STRAIN - MI 29.7. PRO 7 22.20