Das Grauen nahm seinen Anfang am 16. Juli 1999. "Blair Witch Project" startete in den USA - und holte am ersten Wochenende in jedem seiner 27 Kinos die Produkionskosten von 60 000 Dollar wieder rein. Am Ende hatte der Wackelkamera-Schocker weltweit 250 Millionen Dollar eingespielt und der Filmindustrie die Blaupause für ein Erfolgsmodell gelie­fert: den minimalistischen Horror.

Seine Komponenten bestehen aus zwei Begriffen: Low Budget und High Concept, das heißt billig produziert und in einem Satz zu erklären. Etwa: "Ein Pärchen wird von einem Dämon heimgesucht." Mit dieser simplen Idee und nur 15 000 Dollar Kosten wurde "Paranormal Activity" zum Überraschungshit, auch "Insidious" reihte sich ein. Nicht nur als schmuddeliges DVD-Release erfolgreich, sondern auch ein wahrer Kassenknüller in den Kinos: Die Gruselfabrik Blumhouse Productions machte zuletzt mit "Split" oder "Get Out" ebenfalls gute Erfahrungen und sammelte sogar Kritikerlob - "Get Out" war als Bester Film bei den Oscars 2018 nominiert.

2007 hatte Oren Peli den "Paranormal Activity" in den eigenen vier Wänden gedreht und auf Festivals gezeigt. Für 300.000 Dollar sicherte sich Dream­Works die Rechte, um ein Remake zu drehen, zu billig war ihnen das Original. Doch nach Testvorführun­gen gab man dem Original eine Chance und landete einen 200-Millionen-Dollar-Hit.

Eine Seltenheit, wie Produzent Jason Blum weiß: "Alle fünf Jahre dreht jemand einen Film für ein paar Cent, der die Masse erreicht. Und in jedem Jahr gibt es 3000 Filme dieser Art." Doch wenn einer mal einschlägt, ist das Potenzial enorm. Vier "Paranormal Activity"-Filme gibt es mittlerweile in der Originalreihe, drei weitere Spin-Offs (Paranormal Activity 2: Tokyo Night, Paranormal Activity: Die Gezeichneten, Paranormal Activity: Ghost Dimension) nicht mit eingerechnet. Vom einst minimalistisch begonnenen "Saw" gibt es sogar acht Fortsetzungen.

Besonders effektiv ist der Mini­malismushorror, wenn er räumliche Enge bietet wie beim Höhlenkoller "The Descent", dem auf bizarre Weise klaustrophobischen "Open Water" oder zuletzt in "Buried". Hier spielt der gesamte Film tatsächlich nur in einem Sarg, in dem Ryan Reynolds lebendig begraben wurde - und bietet dennoch mehr Spannung und Abwechslung als die meisten Schlitzerstreifen.

Längst haben dies auch Regisseure abseits des Horrorgenres erkannt. Wenn dem im Fels eingeklemmten James Franco in "127 Hours" als letzter Ausweg die Selbstamputation eines Arms bleibt, könnte man sagen, weniger ist mehr - wenn es nicht so makaber wäre.