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Interview mit James Spader

Jede Woche ein neuer Crime-Thriller

Blacklist James Spader
Ein bisschen wie Hannibal Lector ... James Spader in "The Blacklist" NBC

US-Star James Spader spricht im TV SPIELFILM-Interview über seine neue Serie "The Blacklist" (DI, 21.1.)

The Blacklist
DI 21.1. RTL 20.15 Uhr
TV SPIELFILM: Mr. Spader, warum sollte man sich The Blacklist ansehen?

JAMES SPADER: Die erste Folge gibt nicht viel Preis, sie regt nur den Appetit an und lässt alle Fragen unbeantwortet. Dieses Muster wird fortgeführt. Es werden immer neue Dinge aufgedeckt und man bekommt eine zusammenhängende Geschichte geboten. Gleichzeitig ist es, als würde man jede Woche einen neuen, für sich stehenden Crime Thriller sehen.

Jede Woche wenn ich das neue Drehbuch lese, freue ich mich auf neue Entdeckungen, aber auch auf die Dinge, bei denen ich mich getäuscht habe. Viele Teile der Geschichte sind miteinander verwoben, auch wenn man das zuerst gar nicht merkt. Erst mit der Zeit erkennt man das Spinnennetz.

Wie haben Sie Raymond Reddingtons Look entwickelt, insbesondere seine kurz geschorenen Haare?

JAMES SPADER: Als wir über Reds Aussehen nachgedacht haben, mussten wir beachten, dass er oft kurzentschlossen mit leichtem Gepäck reist und in verschiedenen Klimazonen agiert. Dafür gibt es wohl keine praktischere Frisur: Man kann sie selbst schneiden bzw. überall auf der Welt machen lassen. Seine Kleidung ist ähnlich konzipiert.

Er kann nicht mit riesigen Koffern reisen, deshalb trägt er praktische Sachen, die zu jedem Anlass passen. Auch seine Schuhe sehen so aus, als ob er damit durch Regen und Schnee laufen könnte, nur um danach zu einem Meeting mit dubiosen Bankern zu gehen. Sein Leben spielt sich um den ganzen Globus herum ab und dementsprechend kleidet er sich.

Reddington schafft mit kriminellen Methoden, was das FBI nicht schafft. Er kann quasi Anschläge vorhersehen, er kann die Täter sogar hinrichten. Trifft das einen Nerv in der amerikanischen Bevölkerung? Gibt es in den USA ein Bedürfnis nach einem wie Reddington?

JAMES SPADER: Ich weiß nicht, ob ich beurteilen kann, wonach ein Publikum schaut oder was es will. Darüber mache ich mir auch nie Gedanken. Ich denke eher darüber nach, worauf ich reagiert habe und was ich daran mag. Reddington führt ein extremes Leben am Rande der Gesellschaft und trotzdem ist das da draußen sein Zuhause.

Er fühlt sich dort wohl und das mag ich. Er überschreitet in seinem Leben viele Grenzen, nimmt viele verschiedene Kulturen in sich auf und muss sich darin zurechtfinden. Meist kann er sich dabei nur auf sich selbst verlassen und das macht ihn interessant.

Können Sie uns ein bisschen mehr über die Beziehung zwischen Elizabeth Keen und Red verraten?

JAMES SPADER: Das kann ich leider nicht, weil ich es genauso genießen will, die Serie zu machen, wie der Zuschauer es genießt, sie zu sehen. Einer der Gründe, warum es Spaß macht, so eine Serie zu machen, ist es überrascht zu werden, wohin es als nächstes geht und herauszufinden, dass man mit seinen Vermutungen total falsch lag.

Ich arbeite mit den Autoren der Show sehr eng zusammen, aber ich versuche nie, Informationen aus ihnen herauszuquetschen, die über das hinausgehen, was ich wissen muss, um die Geschichte richtig darzustellen. Manchmal muss es sein und das ist okay, aber Ungewissheit ist bei so einer Serie wichtig. Wer weiß, wie lange diese Serie existieren wird.

Wir wurden gerade für eine zweite Staffel verlängert, also haben wir zumindest schon mal das. Aber die Serie könnte zwei Jahre oder sieben Jahre existieren und deshalb muss sie bis zu einem gewissen Maß unberechenbar bleiben. Als ich "Boston Legal" gemacht habe, spielte ich dort Alan Shore, den ich zuvor in der Serie "The Practice" gespielt hatte.

Dort war er der destruktive Faktor, der die Serie schließlich beendet hat. Aber als wir zur Hälfte durch die letzte Staffel waren, wollten die Produzenten eine weitere Serie machen, die sich darum dreht, wie sich Alan Shore positiv weiterentwickelt. Daran sieht man, dass es unmöglich ist, eine Serie die sechs oder sieben Jahre andauern soll, auf einem rein destruktiven Charakter aufzubauen.

Alan Shore hat sich aufgrund der Beziehungen und Erfahrungen, die er gemacht hat, verändert und entwickelt. Ich erwarte, dass das auch bei Reddinton passieren wird, weil besonders "The Blacklist" keinen Stillstand überleben kann. Deshalb wäre es fatal, sich jetzt schon darauf festzulegen, wie sich eine Geschichte in sieben Jahren entwickeln könnte.

Was hat sich mit Ihrer neuen Rolle seit "Boston Legal" verändert?

JAMES SPADER: Oh da hat sich sehr viel verändert. Schon die Tatsache, dass wir in New York City drehen. Außerdem ist die Welt in der diese Serie spielt sehr weit weg von allem, was ich in der Vergangenheit gemacht habe. Auch Reddington ist ganz anders. Ich bin noch nie zuvor so jemandem begegnet.

Je mehr Folgen wir drehen und je mehr ich ihn kennenlerne, desto mehr freue ich mich über die Entdeckungen, die ich an der Figur mache. Denn sie ist viel komplexer, als ich ursprünglich gedacht habe.

War es schwierig, die Figur darzustellen?

JAMES SPADER: Nein, nicht wirklich. Das Drehbuch des Pilotfilms verriet wenig darüber, wer er wirklich ist und in welche Richtung er sich entwickeln wird. Aber ich erkannte etwas in der Figur, dass mich ansprach und das nach Spaß aussah.

Dieses Jahr gab es mehrere Serien wie "Hannibal" und "The Following", die sich mit genialen bis wahnsinnigen Serienkillern beschäftigen. Warum ist das so?

JAMES SPADER: Ich weiß nicht, ob ich darauf wirklich antworten kann. In meinem Appartement in New York habe ich keinen Fernseher und deshalb keine der Serien gesehen, die Sie angesprochen haben. Die einzige Sendung, über die ich im Moment Bescheid weiß, ist meine. Ich bin kein großer Fernsehgucker und wegen meines straffen Zeitplans war ich schon seit sechs Monaten nicht mehr im Kino.

Ich denke, Film, Fernsehen und Bücher haben sich lange auf die Themen Medizin, Recht und Krimi konzentriert. Der Grund dafür ist, dass in diesen Genres immer viel auf dem Spiel steht. Je höher der Einsatz, desto höher die Wahrscheinlichkeit für Drama. Das ist einer der Grundsätze guter Unterhaltung. In unserer Serie lautet der Einsatz Leben oder Tod und das produziert zahlreiche Konflikte.

Es gibt gute Gründe, warum Krimiromane so erfolgreich sind. Das liegt auch daran, dass die meisten Konsumenten nichts mit Kriminalität, Gerichten und Operationen zu tun haben. Es ist wie ein kleines Fenster in eine Welt, die ihnen weitestgehend unbekannt ist. Das ganze Drama findet in ihrem Leben nicht statt. Deshalb lenken solche Geschichten ab und unterhalten.

Ich weiß nicht, ob ich ihre Frage beantwortet habe, aber ich fürchte, dass ich mich nicht wirklich mit anderen Serien auskenne. Denn um ehrlich zu sein ist alles, wofür ich in meinem wöchentlichen Terminkalender Zeit habe Essen, Schlafen und an meiner Serie zu arbeiten.

Denken Sie, dass diese Ablenkungen wichtig sind?

JAMES SPADER: Ich denke, dass es unmöglich ist, diese Frage ohne einen kulturellen Kontext zu beantworten. Was als unterhaltsam wahrgenommen wird, ist auf der ganzen Welt verschieden. Für manche Leute muss Unterhaltung lustig sein, für andere romantisch und für wieder andere provokativ. Manchmal ist die beste Unterhaltung Musik, manchmal ein Buch, eine TV-Sendung, ein Theaterstück oder ein Spiel.

Es kommt ganz auf die Person an. Wenn ich in eine andere Welt eintauchen will, schlage ich ein Buch auf, höre Musik oder gehe in ein Museum, um mir ein Bild oder eine Skulptur anzuschauen. Andere Leute machen das eben nicht. Für sie ist es keine Ablenkung ins Museum zu gehen. Sie brauchen etwas anderes, zum Beispiel eine Sportveranstaltung. Aber ich würde niemals sagen, dass ein Bild wichtiger als eine Sportveranstaltung ist oder umgekehrt.

NBC hat die Serie gerade um eine zweite Staffel verlängert. Das muss Ihrem Selbstbewusstsein einen ordentlichen Schub verpasst haben.

JAMES SPADER: Ich habe es noch nie aus dieser Perspektive betrachtet, weil einen Mangel an Selbstbewusstsein kann man mir nun wirklich nicht vorwerfen. Aber es war ein tolles Zeichen der Unterstützung und ich war zunächst mal froh, dass mein fünfjähriger Sohn ein weiteres Jahr in die gleiche Schule gehen kann. Das war schön.

Und dass sein Papa im nächsten Jahr immer noch einen Job haben wird. Aber ich muss sagen, dass ich zur Zeit ein bisschen wie ein Strauß bin. Mein Kopf steckt im Sand bzw. in The Blacklist und ich habe ihn schon lange nicht mehr herausgezogen (lacht). Ich hatte noch keine Zeit mich mal zurückzulehnen und zu reflektieren.

Der Zug rollt einfach immer weiter. Ich kann mir noch nicht mal vorstellen, wie sich das Ende der zweiten Staffel entwickeln wird. Ich versuche erst mal durch diese Woche zu kommen (lacht).

Es muss schwierig sein, Reddington gleichzeitig sympathisch und gefährlich wirken zu lassen. Hat es Spaß gemacht das zu spielen? Und wenn wir erfahren, was sein großer Plan ist, werden wir ihn immer noch mögen.

JAMES SPADER: Es macht Spaß jemanden zu spielen, dessen Persönlichkeit sehr gegensätzlich ist. Er ist ein gefährlicher Mann, mit dem man gerne Zeit verbringt. Ich weiß nicht, ob am Ende das Gute oder Böse in ihm obsiegen wird. Beides ist stark in ihm und abhängig vom Tag und den Umständen, ist eine Seite stärker als die andere.

Die Show ist immer dann am besten, wenn beides zum Vorschein kommt. Aber ich weiß nicht, was passieren wird, wenn sein wirkliches Ziel enthüllt wird. Mein Gefühl sagt mir, dass es eine Kombination aus gutem und schlechtem sein wird.

Reddington ist mehr eine Art graue Eminenz, als Actionheld. Glauben Sie trotzdem, dass er sich im Verlauf der Serie noch dahin entwickeln wird?

JAMES SPADER: Ich denke, dass er sich an alle Umstände anpassen und die entsprechenden Maßnahmen ergreifen kann. Selbst wenn diese mit Gewalt zu tun haben. Ich glaube nicht, dass er zögert. Wenn etwas gemacht werden muss, macht er es. Aber er ist auch reflektiert. Weil er sich so viel mit dem Tod auseinandersetzen musste, weiß er das Leben noch viel mehr zu schätzen. Und wenn du nicht weißt, ob du noch mehr als einen Tag übrig hast, nimmst du alles mit was geht.

Tim Geyer