Das soll James Spader sein? Man muss schon zweimal hinsehen, um den Schauspieler in der neuen US-Serie "The Blacklist" zu erkennen. So kahl, so füllig. Sobald er aber zu sprechen beginnt, mit dieser speziellen süffisanten Überheblichkeit und blasierten Mimik, erkennt man ihn.

In "The Blacklist" spielt Spader den ehemaligen Agenten Raymond Reddington, der irgendwann die Seiten gewechselt und üble Geschäfte mit Verbrechern gemacht hat. Jetzt stellt er sich dem FBI und bietet Informationen von seiner eigenen "schwarzen Liste" an, einer Zusammenstellung von Informationen über Verbrecher und geheime Staatsfeinde.

The Blacklist
DI, 21.1., RTL, 20.15 Uhr
Bedingung ist allerdings, dass er mit der jungen FBI-Agentin Elizabeth Keen zusammenarbeitet. Warum er darauf besteht und welche Ziele Reddington überhaupt verfolgt, bleibt ungewiss und macht einen Großteil der Spannung dieser Serie aus, die sich aus durchaus vertrauten Versatzstücken von "24" über "Homeland" bis "Hannibal" bedient. "The Blacklist" lief in den USA so gut an, dass der Sender bereits eine zweite Staffel bestellt hat.

Der eigentliche Trumpf der Serie aber ist Spader, der den Edelschurken mit schmieriger Noblesse spielt und sich im Verlauf seines brutalen Feldzugs als genialer Manipulator erweist. "Ich bin selbst auch ziemlich gut darin, Menschen zu manipulieren", sagt der Schauspieler. "Ich sehe mir Menschen sehr genau an, ich höre genau zu. Das bringt mein Beruf so mit sich.

Und je mehr man über jemanden weiß, desto mehr Einfluss hat man." Kontakt zu FBI-Leuten hat Spader für seine Rolle nicht gesucht. "Ich hatte das Drehbuch, und ich lese seit Jahrzehnten jeden Tag die Zeitung. Das reicht als Vorbereitung."
Außerdem arbeite er prinzipiell so wenig wie möglich. Eine Serie zu drehen steht dem eigentlich entgegen, doch ihm kam der Erfolg in die Quere. James Spader, heute 53, begann seine Karriere in den 80er-Jahren mit "Brat Pack"-Teeniefilmen wie "Pretty in Pink" (1986) oder "Unter Null" (1987), in denen er oft ölige Yuppietypen spielte. Das provokante Voyeurdrama "Sex, Lügen und Video" (1989) machte sowohl Regisseur Steven Soderbergh als auch Hauptdarsteller Spader zu Lieblingen der internationalen Feuilletons.

Dauerhaften kommerziellen Erfolg hatte das aber nicht zur Folge. Der stellte sich erst ein, als Spader 2003 eine feste Rolle in der Anwaltsserie "Practice - Die Anwälte" übernahm. Als exzentrisch-eloqenter Anwalt Alan Shore wird der ambivalente Star im Spin-off "Boston Legal" endgültig zum Publikumsliebling. "Ich drehe seit Jahrzehnten Kinofilme", sagt der Schauspieler. "Aber seit ich in Fernsehserien wie ,Boston Legal‘ mitspiele, werde ich fünfmal so oft auf der Straße erkannt."

Mittlerweile schlägt sich der TV-Erfolg auch in neuen Kinorollen nieder. Im Superhelden-Spektakel "The Avengers: Age of Ultron" mimt er 2015 den Avengers-Gegner Ultron - einen endbösen Roboter mit der Fähigkeit, das Bewusstsein seiner Gegner zu manipulieren. Wer könnte den besser spielen als James Spader?

Frank I. Aures

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