Isenhart
MO, 3.10., Pro Sieben, 20.15 Uhr
Wie war eigentlich das Wetter im Mittelalter? Auf jeden Fall nicht zu sonnig, und das ist gerade ein Problem beim letzten Drehtag des Pro-Sieben-Mittelalterthrillers "Isenhart" im Museumsdorf Düppel, vielleicht zehn Minuten vom Wannsee im Südwesten Berlins gelegen. Die Sonne scheint, und deshalb steht gerade mehr als ein Dutzend Leute herum, blickt angestrengt in den Himmel und wartet auf Wolken.

Eine Art Ein-Mann-"C. S. I." im Kettenhemd

Was hier an zwei Drehtagen gefilmt wird, muss zu dem passen, was in den letzten Monaten in Österreich und Ungarn gedreht wurde. Und da war's eben nicht sonnig. Ziemlich düster ist auch die Story um Held Isenhart, der Ende des 12. Jahrhunderts eine Reihe mysteriöser Morde mit wissenschaftlichen Methoden aufzuklären versucht, also eine Art Ein-Mann-"C. S. I." im Kettenhemd.

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Brennendes Interesse: Mit Pfeil und Bogen in eine neue Zeit, auch das ist der Hintergrund im Mittelalterthriller "Isenhart"

Begonnen hatte alles mit einer Geschichte, die Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt seit Jahren in der Schublade hatte - und mit der Abneigung bei Pro Sieben gegen Science-Fiction-Stoffe. Dafür hatte Produzent Ivo-Alexander Beck den Sender nämlich eigentlich interessieren wollen, doch erst beim Stichwort Mittelalter horchte man in Unterföhring auf.

Damals war der Sat.1-Überraschungserfolg "Die Wanderhure" (fast zehn Millionen Zuschauer) noch nicht gelaufen, aber der Trend bereits erkennbar. Mit der HBO-Produktion "Game of Thrones", der Follett-Verfilmung "Die Säulen der Erde" und der Fortsetzung "Die Tore der Welt" bis hin zur unvermeidlichen "Rache der Wanderhure" strebt die Ritter- und Minnezeit gerade wieder die Marktführerschaft im Wettstreit der Genres bei Pro Sieben/Sat.1 an.

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Schlacht der Schwerter auf der Jagd nach dem Serienkiller: Isenhart (2.v.l.) kämpft

Maßgeblich beteiligt an der Entwicklung von "Isenhart" war auch Regisseur Gregor Schnitzler, der sich aber zugunsten der Kinoklamotte "Resturlaub" verabschieden musste. Produzent Beck fragte "Wanderhure"-Regisseur Hansjörg Thurn, mit dem er bereits den Sat.1-Hit "Barfuß bis zum Hals" und den Pro-Sieben-Flop "Die Schatzinsel" realisierte.

Routinier Thurn hätte lieber ein Zwei-Personen-Kammerspiel gedreht und eigentlich keine Lust mehr auf Mittelalter. Zudem war sich Beck bewusst, dass sie einen anderen Look brauchten, "Die Wanderhure" war ihm "zu bunt, zu clean, eher Mittelalter light".

Thurn hatte dann die Idee, beinahe jede Szene in Rauch und Nebel zu hüllen. Ein Trick, der funktioniert, am Ende ist "Isenhart" weder "Wanderhure Reloaded" noch "Der Name der Rose".

Wolken in Berlin, Studiopoker in Ungarn

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Ab 4. Oktober auf DVD und Bluray erhältlich: "Isenhart - Die Jagd nach dem Seelenfänger"

Wolken ziehen auf, endlich kann Isenharts Ankunft im Dorf hoch zu Ross gefilmt werden. Dass man überhaupt in Berlin-Zehlendorf dreht, liegt an der komplizierten Finanzierung der etwas über fünf Millionen Euro teuren Co-Produktion. Weil es auch Geld aus der Hauptstadt gab, suchte man sich das zum Stadtmuseum Berlin gehörende Mittelalterdorf als Kulisse für wenige Szenen. Auch die Postproduktion vergab man hierher. Alles durchaus üblich und doch nicht ohne Tücken.

Produzent Beck musste bis zu elf Finanzierungspartner unter einen Hut bekommen. In dieser Form würde er das nicht noch einmal machen, gibt er hinterher zu. Probleme auch am Drehort. In den Mafilm-Studios bei Budapest stehen seit dreißig Jahren mittelalterliche Bauten, in denen alles gedreht wird, was nur halbwegs mit ferner Zeit zu tun hat. Auch die Ken-Follett-Mehrteiler entstehen hier.

Im Lauf der Zeit hat jeder dort an- und umgebaut, dass man stets befürchten müsse, so Beck, das Ganze würde zusammenkrachen. Trotzdem wollen die Studiobetreiber 4500 Euro Miete pro Drehtag: zu viel für "Isenhart". Beck pokert, weil er weiß, dass eine ebenfalls interessierte US-Produktion absagen wird. Die Vermieter lassen sich auf ein Drittel ein, zähneknirschend. Die Rache folgt in Form von abgestellter Heizung im Produktionsbüro.

Dafür kann Pro Sieben jetzt mit "Bundesverdienstkreuzträgerin Jeanette Biedermann" werben. Der auf ausdrücklichen Wunsch des Senders in einer Minigastrolle besetzte Soapstar erhielt die Auszeichnung gerade für soziales Engagement. Zumindest das Kreuz passt ja zum Mittelalter.

V. Bleeck