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Der HDTV-Skandal

Wie die Privaten das Image von HD-TV ruinieren

Der HDTV-Skandal
fotolia / montage TV SPIELFILM
HDTV-Image leidet
In der öffentlichen Wahrnehmung wird HD plus für Pay-TV gehalten, obwohl Astra und die Privatsender unermüdlich von einer "Service-" oder "Zugangsgebühr" sprechen, wie sie auch die Kabelnetzbetreiber erheben. Den Zuschauer interessieren solche Spitzfindigkeiten kaum. Ihm ist es egal, welcher Beitext seinen Kontoauszug schmückt.

Die neuartige Verschlüsselung rief die Verbraucherschützer auf den Plan: Die Verbraucherzentrale NRW warnte im Juli vor dem Kauf aktueller HDTV-Receiver, da diese nicht für HD plus und CI plus geeignet sein könnten. Auf diese Weise gerät CI plus als unerwünschte TV-Zollstation in Verruf, obwohl Aufnahmesperren auch ohne das Zulassungssystem möglich sind. Dabei könnte die Schnittstelle sogar ein Segen für uns Zuschauer sein. Vorausgesetzt, sie wird zum Standard für alle, die Fernsehprogramme verschlüsseln. Dann könnten wir unseren Receiverturm durch eine Box ersetzen, die HD plus, Sky und alle anderen verschlüsselten Programme empfängt. Wir müssten nicht jedes Mal einen neuen Receiver anschaffen, wenn wir Pay-TV abonnieren oder wegen eines Umzugs den Kabelanbieter wechseln. Vielleicht bräuchten wir eines Tages gar keine Box mehr, weil CI plus in den Fernseher integriert wäre. Die Chance dazu ist da. So deutete der größte Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland kürzlich an, auf CI plus setzen zu wollen.

PLAN 3
Privatsender schränken die Funktionen privater Rekorder ein

Dilemma des Privat-TV
Voraussetzung ist aber, dass CI plus gemäß den Wünschen der Privatsender um Funktionen für die Fernsteuerung unserer Rekorder erweitert wird. Für den Zuschauer ist das ärgerlich, doch man muss für die Motive der Privatsender auch Verständnis haben. Sie wollen in Zeiten sinkender Werbeeinahmen ihr werbefinanziertes Geschäftsmodell schützen. Zudem kostet HDTV Geld, das erwirtschaftet werden muss. So fließt ein Teil der von Astra erhobenen HD-plus-Gebühr an die Sender zurück. ARD und ZDF dagegen finanzieren die Umstellung aus dem Gebührentopf. Und schließlich sitzen Spielfilmlieferanten wie die Hollywood- Studios den Sendern im Nacken und fordern einen Kopierschutz für ihre Filme. Die Privatsender müssen ihr Programm also möglichst weit verbreiten, aber zugleich den Zugang reglementieren. Ein Widerspruch und ein Dilemma.
Zuschauer ignoriert
Dennoch verwundert es, wie sehr das Kommerz-TV die Befindlichkeiten des Konsumenten aus den Augen verloren hat. Für den wird das Technikdickicht mit HD plus und CI plus immer undurchdringlicher. Schon aufs Digital-TV steigt er nur unwillig um, warum soll ihn nun HDTV mit all seinen Hürden locken? Zumal RTL und Co. das hochauflösende Fernsehen zurzeit noch als "ergänzendes Angebot" und nicht als logische Fortentwicklung des Fernsehens definieren. Als eine Art Luxusfernsehen, das eben extra kostet. Trotzdem ist in der Broschüre "Einkaufsberater HDTV" der deutschen TV-Plattform zu lesen, dass HDTV das Standardfernsehen "in einigen Jahren ablösen wird". Was denn nun?

Um das Hin und Her richtig einordnen zu können, muss man sich das Prinzip des werbefinanzierten Fernsehens vor Augen halten: Nicht der Zuschauer ist beim Privat-TV Kunde, sondern die werbungtreibende Industrie. Der Endverbraucher mit der Fernbedienung in der Hand ist nur eine Ware, die der Programmmacher der Werbung liefert. Und wer nicht Kunde ist, hat auch nichts zu fordern. HD plus und CI plus sind daher Lösungen der Industrie für die Industrie. Die Richtung, in die der Zug dabei fährt, ist klar: Bis zur Endstation im digitalen Zeitalter soll das private Free- TV komplett verschlüsselt und mit den beschriebenen Gängelungen versehen sein. Der Zuschauer ist ohne Lobby und dagegen machtlos.

Abwarten, bis sich das Technikwirrwarr auflöst und derweil ein Auge auf das kostenlose HDTV bei ARD und ZDF werfen!

Wer zahlt bereitwillig?
Solche Pläne mögen ja verständlich sein, doch sind sie klug? Die Musikindustrie scheiterte bereits mit ihrem rigiden Rechtemanagement. Warum soll es dem Privat-TV besser gehen? Wer es darauf anlegt, kann auch "Dr. House" und "24" illegal aus dem Internet laden - in HD, mit deutscher Synchronisation und ohne Werbeunterbrechungen.

Zudem darf die Frage erlaubt sein: Ist "Wer wird Millionär?" in HD eine Extragebühr überhaupt wert? Die Stärken des hochauflösenden Fernsehens springen vor allem bei Sport und Naturdokus ins Auge. Beides Domänen des Pay-TV und der Öffentlich- Rechtlichen. Manche Spielfilme verlieren sogar ihren Kinocharme, wenn sie wie die Soap "Marienhof" in unnatürlicher Schärfe den Bildschirm füllen. HDTV begeistert weniger jene, die vorm Fernseher abschalten wollen, als jene, die sich an schönen Bildern berauschen. So bleibt fraglich, ob die Rechnung für Astra und die Privaten mit HD plus aufgehen wird.

Und wir Zuschauer? Abwarten, bis sich das Technikwirrwarr auflöst und derweil ein Auge auf das kostenlose HDTV bei ARD und ZDF werfen! Denn ganz so machtlos sind wir doch nicht: Was wir nicht kaufen und gucken, verschwindet vom Markt.

Hartmut Krafczyk