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HDTV

Der HDTV-Skandal

Der HDTV-Skandal
fotolia / montage TV SPIELFILM

HDTV ist die Zukunft - doch die zuschauerfeindlichen Pläne fürs hochauflösende Fernsehen im Privat-TV drohen den Spaß gründlich zu verderben.

PLAN 1
Privatsender strahlen ihre HD-Programme nur verschlüsselt aus

Technik-Stolperstein
Wer nach einer Antwort sucht, muss nur ein Fachgeschäft betreten und nach HDTV fragen. Die Antwort des Händlers dürfte - und jetzt sollte der Kunde tapfer sein - etwa so lauten: "Für Privatsender benötigen Sie einen HD-tauglichen Fernseher, Satellitenempfang und einen neuen Receiver für HD plus beziehungsweise mit dem neuen Zugangssystem CI plus. Oder den HDTV-tauglichen Receiver mit CI-Schnittstelle, der mit einem Legacy-Modul für HD plus aufgerüstet werden kann. Dann müssen Sie allerdings ein Firmware-Update ausführen. Eventuell genügt auch nur ein Firmware- Update, kommt auf den Receiver an. Und natürlich brauchen Sie die Smartcard, die dem HD-plus- Receiver oder dem Legacy-Modul beiliegt."

Ist der Händler flink, ruft er dem fliehenden Kunden nach: "Die Legacy-Module gibt es aber frühestens 2010, und die Smartcard müssen Sie nach 12 Monaten gegen Gebühr erneut freischalten. Aber ganz sicher ist das alles noch nicht!" Im Klartext: Für Zuschauer, die RTL oder Sat.1 in HD sehen möchten, wird Fernsehen noch komplizierter, noch aufwendiger und noch teurer.

PLAN 2
Der Empfang privater HD-Programme kostet eine Zusatzgebühr

Neue Gebühr für Sat-TV
Die Fakten: ARD und ZDF strahlen ab Februar ihre Programme über Satellit auch in HD aus. Die Privaten planen den Sendestart für 1. November 2009 (RTL, Vox) und 1. Januar 2010 (Sat.1, Pro Sieben). Während die Öffentlich-Rechtlichen frei und ohne Einschränkungen zu empfangen sein werden, wollen die Privaten ihre Programme verschlüsseln. Hier kommt Astra ins Spiel. Der Satellitenbetreiber wird unter dem Namen HD plus ein verschlüsseltes HDTV-Programmpaket schnüren, das die deutschen Privatsender enthalten soll. Wer sich für das Angebot entscheidet, muss einen speziellen HDTV-Receiver für HD plus kaufen. Ihm liegt eine Entschlüsselungskarte (Smartcard) bei, die für ein Jahr freigeschaltet ist. Will der Kunde danach weiterhin HD plus sehen, muss er pro Jahr eine Gebühr von voraussichtlich 50 bis 60 Euro zahlen. Näheres will Astra in Kürze verkünden (Infos: www.hd-plus.tv).

Als Alternative kommt ein Empfangsgerät mit der neuen Schnittstelle CI plus infrage. Dazu braucht man ein Steckmodul, das ebenfalls samt HD-plus-Karte erhältlich sein soll. Wer bereits einen HDTV-Receiver ohne CI plus besitzt, muss hoffen, dass er ihn durch ein Aufspielen neuer Betriebssoftware (Firmware-Update) und/oder mit einem sogenannten Legacy-Modul aufrüsten kann. Die Module sollen im Frühjahr 2010 auf den Markt kommen und circa 100 Euro kosten. Allerdings wird nicht jedes Modul in jedem Receiver funktionieren. Fehlkäufe sind damit programmiert. Welch ein Durcheinander, welch ein Aufwand!
Sender steuern Recorder
Damit zahlt der Zuschauer für das Free TV in HD gleich doppelt: Einmal für die HD-plus-Gebühr, zum zweiten indirekt für die TV-Werbung, denn im beworbenen Produkt, dass der Kunde kauft, ist der Preis für den Spot eingerechnet. Und letztlich ist auch die Zeit, die die Werbepausen den Zuschauer kosten, ein Preis, den man zahlt.

Doch sind Gebühren und Technikdschungel noch längst nicht alles, was HDTV-Affinen zugemutet wird. Die Privaten wollen uns künftig auch dazu zwingen, die Werbung zu sehen, die wir mit den Sendungen aufzeichnen. Das Gerät soll sich weigern, während einer Werbepause vorzuspulen. Dafür bauen die Bilderlieferanten digitale Befehle ins TV-Programm ein, die die des Rekorderfunktionen einschränken. Das wäre so, als verhinderte TV SPIELFILM das Weiterblättern, solange nicht die Anzeigenseite durchgelesen ist. Bei CI plus ist die Vorspulsperre aus technischen Gründen derzeit nicht möglich. Deshalb wollen die Privatsender in CI-plus- Rekordern das Aufzeic nen gänzlich blockieren. RTL ist daher auf CI plus nicht gut zu sprechen. Der Sender wünscht, dass die CI-plus- Spezifikationen um diese Funktionen erweitert werden, und begrüßt die Schnittstelle allenfalls in Fernsehgeräten ohne integrierte Rekorder.

Auch Pro Sieben und Sat.1 wollen keine Mitschnitte auf CI-plus- Geräten zulassen. Weitere Bevormundungen sind wahrscheinlich. Möglich wäre zum Beispiel, dass sich eine aufgenommene Sendung nach dem Abspielen oder nach wenigen Tagen automatisch löscht. Ebenso dürfte das zeitversetzte Fernsehen per Timeshift auf 90 Minuten beschränkt werden. Technikwirrwarr, Zusatzgebühr und Zuschauer- Bevormundung: HDTV betritt die Bühne und nimmt dabei auf Publikumswünsche wenig Rücksicht. So ruiniert man sich schnell seinen guten Ruf.