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"Goldrausch - Die Geschichte der Treuhand"

Schlussverkauf: Alles muss raus

Doku zum Treuhand-Skandal: Wie die DDR privatisiert wurde ("Goldrausch - Die Geschichte der Treuhand" - DI, 8.10.)

So wie die DDR ist auch dieser Film, den das Erste jetzt zeigt, im Kino untergegangen. Kaum mehr als 5000 Zuschauer verzeichnete die Doku "Goldrausch -Die Geschichte der Treuhand". Sehr schade. Der Grund dafür dürfte weniger am Thema als am Wort "Treuhand" liegen. Ein vermeintlich abgenutzter Begriff aus einer zurückliegenden Epoche, irgendwie grau und langweilig.

Und der Film hat noch ein Problem: Er hat keinen Regisseur. Jedenfalls keinen offiziellen. Was daran liegt, das der Hamburger Journalist und Dokumentarfilmer Dirk Laabs, der den Film vier Jahre lang entwickelt und recherchiert hatte, und dessen Produzent Thomas Kufus sich zerstritten. Dem Vernehmen nach weniger über inhaltliche oder ideologische Fragen, sondern darüber, wie das fertige Filmmaterial zu organisieren sei, welcher der Interviewten im Vordergrund stehen sollte. Der Regisseur war mit der finalen Version so unzufrieden, dass er seinen Namen nicht daruntersetzen wollte.
Dabei spürt man den Autor dieses Films in jeder Sekunde. Da muss es einen geben, der in frischer Empörung und mit journalistischer Expertise all die nie gesehenen Filmaufnahmen aus Archiven und privaten Sammlungen zusammengetragen und in Beziehung zueinander gesetzt hat. Einer, der dem Begriff "Treuhand" in Talkshows die graue Hülle hätte abziehen und das Drama darunter offenlegen können. So wie im Film.

Die "Superbehörde" Treuhandanstalt hatte nach dem Mauerfall ab Sommer 1990 die Aufgabe, die Betriebe der DDR zu verkaufen. 8400 Betriebe, 25 000 Einzelhandelsgeschäfte, 7500 Hotels und Gaststätten, 1,7 Millionen Hektar Land - das Eigentum einer ganzen Volkes kam unter den Hammer. Das ging so ratzfatz, dass die Verkäufer auch bei größtem Bemühen oft nicht wussten, was sie da an wen verhökerten. Ob ein Betrieb nicht doch sanierungs-fähig und der Käufer überhaupt solvent war, blieb oft ungeprüft. Am Ende, 1994, hatte die Treuhand 256 Milliarden Mark Schulden aufgehäuft. "Eine Wildwestegeschichte aus Deutschland" nannte die Journalistin Franziska Augstein in ihrer Buchkritik den Fall.

Im Film sieht man die Menschen dahinter: die fassungslosen Arbeiter, die Treuhandchef Rohwedder im Firmenflur gegenüberstehen, man sieht den später als Betrüger gesuchten Michael Rottmann wie einen Imperator das frisch gekaufte WBB-Firmengelände abschreiten - 2000 Menschen verlieren hier
ihren Job - und wie sich Rottmann auf einer Firmenfeier von einer Schlangentänzerin umgarnen lässt. Man sieht, wie die ehema-ligen Leiter der Behörde ihr damaliges Tun erklären. Man hört, wie sie es zutiefst bereuen. Ein investigativer, wichtiger, großartiger Film - fürs Fernsehen.

Frank I. Aures

Goldrausch - Die Geschichte der Treuhand
DI 8.10. Das Erste 22.45 Uhr