Nahezu ganz Hollywood äußerte sich in den letzten Wochen über die Missbrauchsfälle des Harvey Weinstein, nur Quentin Tarantino schweig auffällig lange. Er ließ nur verlautbaren, dass er über die Taten seines langjährigen Freundes und Förderer geschockt sei und sein "Herz gebrochen" sei. Auf Tarantinos Statement warteten viele Beobachter besonders dringend, schließlich gibt es kaum einen Filmemacher, der Harvey Weinstein so viel zu verdanken hat, wie der Regisseur, dessen Durchbruchsfilm "Pulp Fiction" der Produzent in die Kinos brachte.

Jetzt hat Quentin Tarantino gegenüber der "Times" sein Schweigen gebrochen. Und er nimmt in dem Interview auch Schuld auf sich, dass Weinsteins Taten so lange unentdeckt blieben. "Ich habe genug gewusst, um mehr zu tun als ich tat" - mit diesen Worten klagte sich der 54-Jährige in der "Times" selbst an: Er hatte mehrfach davon gehört, dass sein Freund Weinstein Frauen sexuell belästigte, und nichts dagegen unternommen. "Es gab mehr als die normalen Gerüchte", fuhr Quentin fort. "Ich wusste, dass er einige dieser Dinge getan hat."

Auch Tarantinos Exfreundin war betroffen

Was genau Harvey Weinstein getan oder vielleicht auch nicht getan hat, wird sich im Ganzen erst noch herausstellen - fest steht nur, dass Quentin Tarantino sein Schweigen bereut. Vor allem auch, da seine eigenen Exfreundin zu Weinsteins Opfern gehört: Schauspielerin Mira Sorvino, die seit 2004 mit ihrem Kollegen Christopher Backus ("'Yellow Rock") verheiratet ist und mit ihm zwei Töchter und zwei Söhne erzieht, wurde Mitte der 90er von Weinstein belästigt. Tarantino und Sorvino sind bis heute befreundet, doch von dem Vorfall wusste der Filmemacher bisher nichts.

"Mira, ihr Ehemann und ihre Kinder haben uns [Tarantino und seine derzeitige Freundin Daniella Pick] besucht und viele Stunden mit uns verbracht, aber sie hat nichts gesagt. Danach schrieben wir uns Textnachrichten und sie fragte, ob ich sauer sei. Ich antwortete: 'Sauer? Ich bin stolz auf dich und gleichzeitig macht es mich krank, dass du das solange mit dir herumtragen musstest.'"

Laut des Artikels in der "Times" hat Quentin Tarantino in den Tagen nach Aufkommen des Sexskandals versucht, mit Harvey Weinstein zu sprechen, konnte ihn aber nicht erreichen.