Es herrschte höchste Geheimhaltungsstufe, um ein ebenso heikles wie mutiges TV-Pojekt nicht zu gefährden. Ein unverfänglicher Arbeitstitel sollte suggerieren: Hier wird ein ganz normaler Hamburg-Krimi gedreht.

Doch was Prodzent Nico Hofmann, Regisseur Niki Stein und SWR-Fernsehspielchef Carl Bergengruen unter dem Tarntitel "Der Tote am Sund" tatsächlich drehten, war der erste Spielfilm über die dubiosen Machenschaften von Scientology. Einer Organisation, die sich gern als zu Unrecht verfolgte religiöse Minderheit präsentiert, aber vom Verfassungsschutz schon lange als gefährliche Sekte eingestuft wird.

Ein kniffliger Fall für die Juristen

Als Beraterin holte der Sender Ursula Caberta ins Boot, seit 18 Jahren Sektenbeauftragte des Hamburger Senats und ebenso lange im Kampf gegen Scientology aktiv. Sie vermittelte den Kontakt zu Aussteigern, wie dem Hamburger Heiner von Rönn, deren verschiedene Lebensgeschichten im Drehbuch zu einer fiktiven veschmolzen werden.
"Wir haben das Drehbuch ein Jahr lang von unseren Juristen prüfen lassen", sagt Nico Hofmann, "denn wir mussten einen schwierigen Spagat schaffen: So realistisch wie möglich erzählen, aber keinen Anlass dazu bieten, dass sich ein noch aktiver Scientologe in einer der Figuren wiedererkennen könnte, um vor Gericht zu ziehen."

Im Zentrum der Handlung: Architekturstudent Frank (Felix Klare), der in die Fänge von Scientology gerät und auch seine Frau Gine (Silke Bodenbender) überredet, Mitglied zu werden. Als Frank Jahre später aussteigen will, finanziell ruiniert, seelisch kaputt und nach Jahren der konsequenten Manipulation vollkommen orientierungslos, verliert er Frau und Tochter an Scientology.

Wer einmal im Netz hängt, kann sich kaum befreien, denn die Sekte kreiert ein eigenes Universum, in dem die totalitären Regeln des 1986 verstorbenen Gründers und Science-Fiction-Autors Lafayette Ronald Hubbard gelten. Jedes Mitglied verpflichtet sich auf eine Zeit von einer Million Jahre (!), muss auf Provisionsbasis neue Mitglieder werben und das so verdiente Geld in teure Kurse stecken, um das erste angestrebte Ziel, "die Brücke zur völligen Freiheit" zu erreichen.

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