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Tour de France: ARD-Comeback

Erfolg als Einstiegsdroge

JohnDegenkolb
Tour-Hoffnungsträger im Team Giant-Alpecin: John Degenkolb (26) siegte 2015 unter anderem schon beim Klassiker Paris-Roubaix Imago

Angelockt von vielen Etappensiegen einer neuen deutschen Fahrergeneration, beendet die ARD nach drei Jahren ihren Doping-Boykott der Tour de France.

Jahrelang war Radsport im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nur noch Randsport. Immer neue Dopingskandale hatten den vermeintlich goldenen Jahren mit dem ewigen Tour-de-France-Duell zwischen Jan Ullrich und Lance Armstrong auch den letzten Glanz geraubt - und jungen Fahrern die Chance auf Anerkennung ihrer sportlichen Leistungen ohne die üblich gewordene Vorverurteilung.

Nur weil die neuen deutschen Leistungsträger Marcel Kittel, Tony Martin, John Degenkolb und André Greipel zu Wasserträgern ihres Sports wurden, sich für das Anti-Doping-Gesetz einsetzten und eine Anti-Doping-Ehrenerklärung unterzeichneten, scheint die mediale Durststrecke nun langsam zu enden.
ARD im Alleingang
Als Kittel & Co. bei der letztjäh­ri­gen Frankreichrundfahrt mit sie­ben Etappensiegen einen neuen Rekord aufstellten, war die Zeit der Zurückhaltung vorbei. Sprint­star Kittel sprach von "einem großen Signal an die Medien in Deutschland", und sein Teamkollege Degenkolb hoffte, "dass uns jetzt Vertrauen geschenkt wird, die Schritte auch von der anderen Seite gegangen werden und wir wieder Liveübertragungen haben".

Die "andere Seite" reagierte schnell. Bereits im September 2014 sprachen sich die ARD-Intendanten unter Verweis auf die "ernsthaften Bemühungen des Radsports im Kampf gegen Doping" für einen Wiedereinstieg aus. Inzwischen hat die ARD mit dem Veranstalter ASO einen Zweijahresvertrag ausgehandelt und wird die Tour de France (4. bis 26. Juli) nach dreijähriger Abstinenz wieder live übertragen.

Das ZDF bleibt dagegen außen vor. Man habe "sowohl die derzeitigen Erfolge junger deutscher Fahrer als auch ihre öffentliche Positionierung gegen Doping positiv registriert", ließ Sportchef Dieter Gruschwitz verlauten. Er führte "personelle und finanzielle Gründe" aufgrund von Einsparvorgaben an, die eine Rückkehr des ZDF zu Liveübertragungen vom größten Etappenrennen der Welt momentan unmöglich machten.

Ausstieg jederzeit denkbar

Restzweifel an einer "sauberen" Tour dürften bei der ZDF-Entscheidung ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Zu den Favoriten auf den Gesamtsieg gehört der spanische Tour-, Giro- und Vuelta-Sieger Alberto Contador, der von August 2010 bis August 2012 wegen Doping pausieren musste. Auch die lange fragliche Startlizenz für Astana, die skandalerprobte Truppe des ebenfalls des Dopings überführten Teamchefs Alexander Winokurow, weist nicht nur aus ZDF-Sicht in die falsche Richtung.

Die neue Chance für den Radsport hält ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt dennoch für richtig: Der Radsportweltverband UCI habe sein Dopingkontrollsystem verbessert, sagte er dem Medienmagazin "Zapp". Deshalb sei zwar nicht alles gut, aber einiges besser: "Von den komplett verseuchten Radsportzeiten können wir heute nicht mehr sprechen." Zur Absicherung soll die ARD allerdings auf einer Ausstiegsklausel bestanden haben, falls die Rundfahrt durch neuerliche Betrugsskandale auffällt.

Eurosport radelt und radelt

Wie gewohnt auch dann auf Sen­dung bleiben dürfte Eurosport. Hier sitzen Fans bei der Tour de France seit 2012 in der ersten Reihe. "Wir haben unser Programmange­bot in den letzten Jahren aus­gebaut und bestehende Rechte ver­längert", sagt Susanne Aigner-Drews. 450 Livestunden
veranschlagt die Geschäftsführerin des Spartensenders in diesem Jahr für den Radsport -
85 davon allein für die 21 Etappen der Tour de France.

Die neue, alte Konkurrenz in Gestalt der ARD nimmt Aigner-Drews sportlich: "Für die Entwicklung des Radsports in Deutschland ist es positiv, wenn die Tour de France als eines der größten Sportereignisse der Welt auch hierzulande breite Beachtung findet."

Frank Steinberg

Tour de France: 1. Etappe
SA, 4.7., Euro / ARD 14:00/16:05 Uhr