Auf Romys Spuren
Sie spielt eine Legende: Jessica Schwarz über die Herausforderung, die große Romy Schneider zu verkörpern - und die Gefahr des Scheiterns
Einen Weltstar wie Romy Schneider zu spielen ist Herausforderung und Last zugleich. Wie nah sind Sie ihr gekommen?
JESSICA SCHWARZ Wenn man so lange mit einem Menschen zu tun hat, also mehr als ein Jahr, dann erscheint er einem sogar im Traum.
Als Schemen, oder klar und deutlich?
JESSICA SCHWARZ Klar und deutlich. Dieses Bild konnte ich auch beim Drehen abrufen. Ich hatte das Gefühl, dass sie immer nah bei mir war. Sobald ich die Augen geschlossen habe, habe ich die ihren gesehen und konnte oft auch durch ihre Augen spielen. Aber es gab auch Tage, an denen ich sie nicht ertragen konnte. Sie war manchmal eine so zerrissene, verzweifelte, zutiefst unglückliche Person, das war oft schwer auszuhalten.
Ist sie ist immer noch da?
JESSICA SCHWARZ Manchmal. Aber ich wusste, ich muss dem ein Ende setzen und habe nach den Dreharbeiten alles Material, das ich gesammelt hatte, buchstäblich in die Tonne getreten. (Lacht) Ich habe nämlich eine sehr schöne, verzierte Tonne zu Hause, in der ich solche Erinnerungen aufbewahre.
JESSICA SCHWARZ Wenn man so lange mit einem Menschen zu tun hat, also mehr als ein Jahr, dann erscheint er einem sogar im Traum.
Als Schemen, oder klar und deutlich?
JESSICA SCHWARZ Klar und deutlich. Dieses Bild konnte ich auch beim Drehen abrufen. Ich hatte das Gefühl, dass sie immer nah bei mir war. Sobald ich die Augen geschlossen habe, habe ich die ihren gesehen und konnte oft auch durch ihre Augen spielen. Aber es gab auch Tage, an denen ich sie nicht ertragen konnte. Sie war manchmal eine so zerrissene, verzweifelte, zutiefst unglückliche Person, das war oft schwer auszuhalten.
Ist sie ist immer noch da?
JESSICA SCHWARZ Manchmal. Aber ich wusste, ich muss dem ein Ende setzen und habe nach den Dreharbeiten alles Material, das ich gesammelt hatte, buchstäblich in die Tonne getreten. (Lacht) Ich habe nämlich eine sehr schöne, verzierte Tonne zu Hause, in der ich solche Erinnerungen aufbewahre.
Waren Sie überrascht, dass man gerade Sie gefragt hat, ob Sie Romy Schneider spielen wollen?
JESSICA SCHWARZ Sehr. Für mich war es eigentlich immer klar, dass Marie Bäumer oder Romys Tochter Sarah Biasini, das spielen werden. Vielleicht bin ich deshalb auch gar nicht erst zum Casting gefahren. Einen Tag vorher habe ich meinen Agenten angerufen und gesagt: Ich kann das nicht, ich fliege da nicht hin. Einen Grund dafür kann ich bis heute nicht nennen, es war einfach so ein Gefühl.
Romy Schneider hat ihre Entscheidungen auch aus dem Bauch heraus getroffen. Zur großen Verzweiflung ihrer gesamten Umgebung...
JESSICA SCHWARZ (Lacht) Stimmt. Monate später kam die zweite Anfrage. Von einer anderen Produktionsfirma und einem anderen Sender. Da dachte ich: Das kann jetzt kein Zufall mehr sein, habe mir das Buch schicken lassen und mochte es sehr. Das Ergebnis haben Sie ja gesehen...
Welche ist Ihre erste Erinnerung an Romy?
JESSICA SCHWARZ Sissi! Prinzessin sein war damals, als noch keiner Topmodel oder Superstar werden wollte, ganz eindeutig Plan A (Lacht). Als nächstes habe ich "Mädchen in Uniform" gesehen, mit Romy und der großartigen Lilli Palmer. Ein so schöner Film. Den kann ich mir immer wieder anschauen. Aber auch ihre Frankreich-Filme wie "Swimmingpool" mit Alain Delon, oder ihren letzten, "Die Spaziergängerin von Sans-Souci" mit Michel Piccoli.
Was kann Romy Schneider, die privat von einer Verzweiflung zur nächsten taumelte, für eine junge Schauspielerin von heute sein? Mahnung, Ansporn? Beides?
JESSICA SCHWARZ Sie war eine unglaublich moderne Frau, die viel besser in die Gegenwart gepasst hätte, als in die spießig starren 1960er, 1970er Jahre. Sie wollte sich vom Klischee der süßen Sissi befreien, und weil man ihr die anspruchsvollen Rollen, die sie spielen wollte, zuhause nicht angeboten hat, ist sie eben nach Frankreich gegangen. Und nicht nur das, sie hat sich auch noch ins Kontrastprogramm zum braven Karlheinz Böhm verliebt, in den wilden, provokanten Alain Delon. Die Franzosen haben sie dafür geliebt, aber in Deutschland galt sie fortan als Verräterin. Daran ist sie fast zerbrochen. Insofern ist ihr Schicksal Mahnung, aber ihre unbedingte Liebe und Leidenschaft für den Beruf, muss einem Ansporn sein.
Wer schützt einen davor, es mit der beruflichen Liebe und Leidenschaft zu übertreiben?
JESSICA SCHWARZ Man braucht die richtigen Leute um sich herum, die aufpassen und die einen auch mal bremsen Das Wichtigste ist, darauf zu achten, in der drehfreien Zeit ein stinknormales Leben zu haben, Freundschaften zu pflegen, Alltag zu leben. Am Set wird ja alles für einen organisiert. Man wird vom Hotel abgeholt, angezogen, frisiert, geschminkt, wenn man Durst oder Hunger hat, muss man's nur sagen, schon bekommt man etwas gebracht. Als ich während der "Romy"-Drehzeit zehn Tage am Stück frei hatte und nach Hause fuhr, habe ich da erst mal drei Tage im Bett gelegen, weil ich echt nicht wusste, was ich tun sollte. Keiner war da, um mir mein Leben zu organisieren. Am vierten Tag habe ich die Kurve bekommen, bin aufgestanden, habe Freunde getroffen. Jetzt achte ich mehr auf drehfreie Zeiten und mache bis Ende des Jahres Pause. Ich will nicht so ausbrennen wie Romy.
Romy Schneider war in Frankreich ein Superstar. Sie haben an Originalschauplätzen gedreht. Gab es dort Menschen, die Romy noch erlebt haben?
JESSICA SCHWARZ Jede Menge. Besonders an dem Haus, vor dem ihr damals vierzehnjähriger Sohn David 1981 tödlich verunglückt ist. Als wir dort drehten, kam die Nachbarschaft zusammen. Eine alte Dame erzählte, sie hätte im ersten Stock am Fenster gestanden und David kommen sehen. Dann ist sie weggangen. Als sie den Krankenwagen hörte, ist sie wieder zum Fenster gelaufen und hat gesehen, wie die Sanitäter versucht haben, den tödlich verletzten Jungen vom scharfkantigen, schmiedeeisernen Zaun zu heben, über den er hatten klettern wollen. Ein beklemmendes Gefühl, wenn sich gespielte und gelebte Realität so plötzlich vermischen.
Muss "Romy"-Regisseur Thorsten C. Fischer Kritik fürchten? Immerhin haben Sie Ihrem letzten Regisseur, Heinrich Breloer, per Interview in der Frankfurter Rundschau die Leviten gelesen - "Die Buddenbrooks" seien "fernsehspielartig und antiquiert".
JESSICA SCHWARZ Gut, dass ich das hier noch mal klarstellen kann: So etwas würde ich in Interviews niemals sagen, nicht mal, wenn es stimmen sollte. Ich habe diesem Herrn übrigens kein Interview gegeben.
Nicht? Interessant.
JESSICA SCHWARZ (schüttelt den Kopf) Mein Weihnachten 2008 sah so aus, dass ich dreimal am Tag mit meinem Anwalt telefoniert und anschließend versucht habe, alle Beteiligten zu beruhigen, dass ich das nicht gesagt habe. Den Rest der Zeit habe ich so geheult, dass meine Familie in echter Sorge war.
Was hat Heinrich Breloer gesagt?
JESSICA SCHWARZ Er hat mir geglaubt. Warum sollte ich auch zwei Tage vor Filmstart öffentlich ein 17 Millionen-Euro-Projekt boykottieren? Das wäre doch totaler Wahnsinn, damit würde ich mir die Karriere kaputt machen, die ich mir 15 Jahre hart erarbeitet habe. Heinrich Breloer ist danach auf eine Kinotour gegangen, und mir hat es so Leid getan: Das war sein großes Werk, und er hatte zwei Wochen nur mit dieser fiesen Geschichte zu tun.
Susanne Sturm