.

Fußball-Bundesliga: Saisonstart

Restlos ausverkauft!

Die Bundesliga begeistert und verzeichnet Rekorde - nicht nur in Dortmund, wo der Meister am FR, 5.8. die neue Saison gegen den HSV eröffnet

Selbst wenn die Bundesliga Pause hat, stehen die Fans Schlange. Ende Juni stauten sich Dauerkartenbesitzer vor Borussia Dortmunds Geschäftsstelle an der B 1 und riskierten einen Sonnenbrand, um ihr Abonnment für die kommende Spielzeit erneuern zu lassen. Schließlich lief am 30. Juni die Frist für den Umtausch ab!

Wegen des Ansturms verlängerte der BVB den Vorverkauf kurzerhand bis zum 5. Juli und kündigte an, zu den 51 200 Dauerkarten der Vorsaison weitere Abos für Interessenten auf einer langen Warteliste anzubieten. "Bei rund 53 000 werden wir aber Schluss machen", gab Pressesprecher Josef Schneck bekannt. "Es soll ja auch noch die Möglichkeit geben, Tageskarten für die Spiele des BVB zu erwerben." Eine Option, die traditionell gern genutzt wird: In der abgelaufenen Saison wollten im Schnitt 79 151 Besucher die Heimspiele der Borussia sehen. Anders gesagt: Lediglich 1569 Plätze blieben frei.

Nur die sportliche Zielsetzung des Deutschen Meisters passt nicht recht ins komplett euphorisierte Umfeld: "Die Mannschaft", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke auf der ersten Pressekonferenz der neuen Saison, "wird alles dafür tun, einen Platz im internationalen Geschäft zu erreichen." Trainer Jürgen Klopp gab sich fünf Wochen vor dem Eröffnungsspiel am 5. August gegen Hamburg dennoch betont gelassen und vergleichsweise optimistisch. Was in Klopp-Diktion so klingt: "Wir wollen einfach gucken, was für uns möglich ist - und das dann am Limit durchziehen." Als er am Ende der Pressekonferenz versehentlich zwei Flaschen vom Podiumstisch schubste, sollte das niemand als Ausdruck von Anspannung und Nervosität deuten. Sofort erkundigte sich Dortmunds Medienliebling, ob das Missgeschick wenigstens von einer TV-Kamera festgehalten worden sei - und hatte die Lacher mal wieder auf seiner Seite.

Der Rummel um Borussia Dortmund ist nur das jüngste Beispiel für ein seit Jahren wachsendes Interesse an der höchsten Spielklasse. Insgesamt 12,88 Millionen Menschen wollten die 306 Erstligaspiele der Saison 2010/11 live im Stadion erleben - ein neuer Zuschauerrekord. National ist der Erfolg kaum noch zu steigern: Die Stadien sind zu 90 Prozent ausgelastet, praktisch alle Werbeflächen vermarktet; in der europäischen Zuschauertabelle liegt die Liga mit durchschnittlich 42 101 Besuchern pro Spiel vor der englischen Premier League, die 2009/10 rund 7 000 Besucher weniger ins Stadion lockte. In dieser komfortablen Situation sorgt nun auch noch das lange Zeit schwache Auslandsgeschäft für gute Stimmung in der Liga.

Von etwa 15 Millionen Euro in der Saison 2005/06 sind die Einnahmen aus der Vergabe internationaler Medienrechte auf über 40 Millionen Euro gestiegen. Und für die Saison 2011/12 prognostiziert der Ligaverband DFL noch einmal eine Steigerung um 25 bis 30 Prozent. "Wir schließen zunehmend mit Sendern direkt ab und bauen damit langfristige werthaltige Partnerschaften auf", kommentierte Jörg Daubitzer die letzten großen Vertragsabschlüsse. Daubitzer ist Geschäftsführer der seit 2009/10 für das globale Geschäft mit der Liga zuständigen DFL-Vermarktungstochter Sports Enterprises und höchst umtriebig. Für die Spielzeiten 2012/13 bis 2014/15 wird Setanta Sports Australia erstmals direkter DFL-Vertragspartner für Ozeanien (Australien, Neuseeland, Pazifische Inseln). Zeitgleich erhielt die Sportrechteagentur MP & Silva den Zuschlag für Belgien, Vietnam und Japan. Dass nach Dortmunds Shinji Kagawa mit Bayern-Neuverpflichtung Takashi Usami (19) ein weiteres Supertalent aus Japan in der Bundesliga kickt, passt da gut ins Bild. Wer global kassieren will, muss auf nationale Interessen eingehen.

Alle 208 FIFA-Mitgliedsstaaten konsumieren inzwischen Bundesliga, in China läuft sie im Free-TV und ist sogar populärer als die Premier League, die es nur als Pay-Angebot gibt. Dabei ist nicht mehr nur der FC Bayern der Liga-Exponent im Ausland. In England widmete, was sehr selten ist, die "Times" einem deutschen Club eine halbe Seite: Borussia Dortmund. Und im italienischen Fernsehen waren sich die Experten einig, dass der BVB den besten Fußball in Europa spielt - nach Barcelona natürlich.

Frank Steinberg