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Interview mit Amanda Seyfried

"Nacktheit hat etwas Merkwürdiges"

Mit "Mamma Mia" wurde sie einem breiten Publikum als süßes, unschuldiges Ding bekannt. Doch die 24-Jährige kann auch anders. Erst knutschte sie mit Megan Fox in "Jennifer's Body", jetzt steigt sie in "Chloe" (Kinostart: 22.4.2010) mit Julianne Moore ins Bett. Im Interview erzählt sie über Nacktheit, Sexszenen und ihr Leben abseits des Sets

Haben Sie diesen Film bewusst gewählt, um nach Ihrem Erfolg mit Mamma Mia nicht in der Comedy-Schublade zu landen?

AMANDA SEYFRIED: Genau, ich wollte eine völlig andere Richtung einschlagen. Es macht einfach viel mehr Spaß, verschiedene Personen darzustellen. Eigentlich wollte ich Chloe anstelle von Jennifer's Body drehen. Dann wurden die Termine verschoben, und ich konnte beide Filme drehen.

Sie spielen die Prostituierte Chloe. Bis zum Ende des Films bleibt sie ein Mysterium. Wie schwierig war es, diese Rolle zu spielen?

AMANDA SEYFRIED: Der Regisseur Atom Egoyan und ich diskutierten und analysierten Chloes Charakter. Die Spannung für den Zuschauer sollte so lange wie möglich am Leben gehalten werden. Besonders in den stillen Momenten kann man schnell zu viel oder zu wenig preis geben. Atom hat mich an die Hand genommen und durch diese Momente geführt wie ein kleines Kind. Ich brauchte ihn auf jedem Schritt des Weges, weil ich mir selbst nicht vertraute.

Im Film soll Chloe, beauftragt von Catherine alias Julianne Moore, deren Mann David verführen. Chloes verliebt sich in Catherine. Ihre Liebe wird zur Obsession. Ist Chloe psychisch krank?

AMANDA SEYFRIED: Vielleicht. Sie hat im Leben viel durchgemacht. Ihre Mutter schmiss sie mit 14 Jahren aus dem Haus, sie hat niemanden im Leben. Chloe arbeitet als Prostituierte, kontrolliert all diese Männer, hat aber keinen Menschen, zu dem sie eine Beziehung aufbauen kann.

Wie bereiteten Sie sich darauf vor, eine Prostituierte zu spielen?

AMANDA SEYFRIED: Gute Frage, eigentlich gar nicht. Ich lasse mich fallen. Man muss den Charakter der Person, die man spielt, in- und auswendig kennen. Ich habe versucht, den fiktiven Menschen Chloe zu verstehen.
Wie waren die Sexszenen mit Julianne Moore?

AMANDA SEYFRIED: Naja, schon etwas peinlich. Die Beziehung zwischen Catherine und Chloe ist gleich zu Beginn sehr intensiv. Diese Szenen allein waren eine Herausforderung für mich. Körperliche Intimität darzustellen, ist noch viel schwieriger. Nacktheit hat etwas Merkwürdiges, ist manchmal unangenehm und kann die ganze Szene beherrschen. Man kann glatt seine Rolle vergessen, weil man sich so unbehaglich fühlt. Aber wir haben es geschafft. Ich habe viel von Julianne gelernt, doch mir wird es sicher nie leicht fallen, mich auszuziehen und mit jemandem ins Bett zu gehen, der nicht mein Partner ist.

Sehen Sie Chloe als Skandalfilm gerade wegen dieser Szenen?

AMANDA SEYFRIED: Nein, kontrovers vielleicht, aber sicher nicht skandalös. Zwei Menschen stehen eine Krise durch wie sie in jeder Beziehung vorkommen kann. Man kann einfach keine perfekte Ehe führen und sich nach 20 oder 30 Jahren immer noch so lieben wie am Anfang. Ich kann zwar nicht für mich selbst sprechen, da ich nicht verheiratet bin und auch noch nicht so lange in einer Beziehung lebe. Aber auch nach zwei Jahren, weiß man sich gegenseitig anders zu schätzen ohne sich für selbstverständlich zu halten.

Nacktszenen erhöhen sicherlich den Druck auf Schauspielerinnen, schlank auszusehen.

AMANDA SEYFRIED: Diese Erwartung gibt es immer. Ich gebe viel Geld für meinen Körper aus und arbeite mit einem bekannten Fitnesstrainer. In Chloe sieht man noch meine kleinen Polster, die habe ich jetzt nicht mehr. Allerdings war ich froh, dass ich als Chloe nicht zu dünn aussah. Ich habe einen kurzen Oberkörper, was sich auf die Proportionen auswirkt. Ich bin ziemlich kritisch mit mir und kann mich nicht an Diäten halten. Julianne kann das, deshalb wird ihr Körper immer besser aussehen als meiner.

Würden Sie sich dünn hungern wie manche Models?

AMANDA SEYFRIED: Dafür esse ich viel zu gerne. Ich lege schnell ein bisschen zu, weil ich einen gesunden Appetit habe. Ich versuche, nicht zuviel Zucker zu essen, aber lasse es mir auch einfach mal schmecken - solange ich meinen Bauch verstecken kann.

Sehen Sie sich selbst gerne auf der Leinwand?

AMANDA SEYFRIED: Ja und nein, es hängt davon ab, wie meine schauspielerische Leistung ist. Wenn ich nicht so gut bin, was zu 90 Prozent der Fall ist, will ich das lieber nicht sehen. Natürlich schaue ich mir meine Filme mindestens einmal an, um zu sehen, wie ich abschneide. Meine Mutter kann allerdings gar nicht genug von mir kriegen. Sie hat Mamma Mia schon Dutzende Male gesehen, aber als Mutter darf sie ja stolz sein.

Wie würde Ihre Karriere aussehen, wenn es mit der Schauspielerei nicht geklappt hätte?

AMANDA SEYFRIED: Ich hätte es mit Musik versucht, wahrscheinlich Folk. Ich wäre gerne Background-Sängerin geworden und habe Willy Mason schon einige Male gefragt, aber bisher ohne Erfolg.

Was machen Sie privat, wenn Sie nicht drehen?

AMANDA SEYFRIED: Ich habe zwischen den Dreharbeiten meistens sehr wenig Zeit. Wenn ich filme, lasse ich mir jetzt immer ein Klavier ins Hotelzimmer oder Apartment stellen. Wenn ich vom Set nach Hause komme, genehmige ich mir einen Drink und spiele Klavier. Sonst gehe ich auch gerne ins Kino.

Andrea Daschner