Rettet die Kunst!
Mehmet Scholl wusste, wovon er sprach. Er gehörte selber zu den Kleinen auf dem Platz, die von den großen Tölpeln, die am Ball nichts konnten, immer auf die Socken gekriegt hat. Er hat noch in einer Zeit Fußball gespielt, in der Klopper mehr galten als Künstler. In der filigrane Techniker von Trainern als Weicheier verspottet wurden. Und Scholl dachte, diese Zeit ist endgültig vorbei. Bis Freitagabend.
Im Viertelfinale Brasilien gegen Kolumbien (2:1) sprang Juan Zúniga dem Stürmer Neymar mit angezogenem Knie in den Rücken. Diagnose im Krankenhaus: Lendenwirbelbruch, WM-Aus. Dass der Täter nicht einmal die gelbe Karte sah, brachte den ARD-Experten auf die Palme. Das kommt dabei heraus, wenn die Schiedsrichter böse Fouls weder erkennen noch ahnden, schimpfte Scholl Freitagnacht im Ersten. "Wenn sie die Kleinen nicht schützen, spielen wir bald wieder den Fußball der 80er-Jahre und stellen nur noch Zehnkämpfer auf."
Was wird von dieser WM in Erinnerung bleiben? Das Foul an Neymar auf jeden Fall. Fußball als Nahkampfsport. Elf gegen elf, Mann gegen Mann. Attacken von hinten in die Beine, Ellbogenschläge ins Gesicht, Kicks mit dem Knie in die Rippen oder ins Kreuz, Tritte in den Unterleib, alles wieder da, alles erlaubt. Brasilien 2014 steht einmal mehr für überforderte Schiedsrichter, die die brutalen Angriffe auf die Spieler und auf das schöne Spiel nicht unterbinden. Sie bieten den Künstlern keinen Schutz. Die Anti-Spieler, sollen sie sich doch wie Hooligans untereinander zum Schlagabtausch im Mittelkreis verabreden. Doch es sind die anderen, die Ballkünstler, auf die sie Jagd machen, wie Neymar, James aus Kolumbien oder Mesut Özil. Der werde "vom Turnier verschluckt", sagte Scholl. Gegen eine "Übermacht, die ihn körperlich angeht", finde der Deutsche nicht in sein Spiel. Wer geht schon ins Stadion, um Zúniga spielen zu sehen?
Vergleicht man die beiden Viertelfinalpartien vom Freitag miteinander, dann boten die Europäer Kombinationsfußball, Technik, die begeistert, erkennbare spielerische Strukturen. Es gab taktische Fouls im Mittelfeld, um Gegenangriffe zu stoppen, aber keine hässlichen, um Gegenspieler auszuschalten. Deutschland gegen Frankreich (1:0), in dessen Vorfeld an frühere deutsche Schandtaten erinnert worden war, war eine faire Begegnung. Dagegen langten die Südamerikaner bei jeder Gelegenheit zu. Wenn sie nicht gerade foulten, boten die Brasilianer primitiven Kick-and-Rush-Fußball, und die zuvor so spielstarken Kolumbianern leisteten sich einen Fehlpass nach dem anderen. Als sie ihr WM-Ausscheiden kommen sahen, nahmen sie früh Rache, nach dem Motto: Wenn wir hier nicht gewinnen können, dann treten wir ihnen wenigstens ihren Star kaputt.
Der Fußball der Südamerikaner war eine Enttäuschung. Die Zerstörer hatten das Heft in die Hand genommen. In ihren destruktiven Mannschaften sollten nur Neymar und James hin und wieder Glanzpunkte setzen. Jetzt muss es der kleine Messi allein mit den Europäern aufnehmen. Am Ende des TV-Fußballabends appellierte Scholl an die deutschen Trainer, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen - und die Mannschaft nicht zu sehr am nächsten Gegner Brasilien auszurichten. "Da ist nichts", sagte er. "Fangt gar nicht erst an, da irgendetwas entdecken zu wollen." Mit Lahm zurück in der Vierkette und der Doppelsechs Khedira/Schweinsteiger habe man zu alter Dominanz zurückgefunden. "Da stand eine Urgewalt auf dem Platz." Eine, die fast ohne Fouls auskommt.
Helmut Monkenbusch
Was wird von dieser WM in Erinnerung bleiben? Das Foul an Neymar auf jeden Fall. Fußball als Nahkampfsport. Elf gegen elf, Mann gegen Mann. Attacken von hinten in die Beine, Ellbogenschläge ins Gesicht, Kicks mit dem Knie in die Rippen oder ins Kreuz, Tritte in den Unterleib, alles wieder da, alles erlaubt. Brasilien 2014 steht einmal mehr für überforderte Schiedsrichter, die die brutalen Angriffe auf die Spieler und auf das schöne Spiel nicht unterbinden. Sie bieten den Künstlern keinen Schutz. Die Anti-Spieler, sollen sie sich doch wie Hooligans untereinander zum Schlagabtausch im Mittelkreis verabreden. Doch es sind die anderen, die Ballkünstler, auf die sie Jagd machen, wie Neymar, James aus Kolumbien oder Mesut Özil. Der werde "vom Turnier verschluckt", sagte Scholl. Gegen eine "Übermacht, die ihn körperlich angeht", finde der Deutsche nicht in sein Spiel. Wer geht schon ins Stadion, um Zúniga spielen zu sehen?
Vergleicht man die beiden Viertelfinalpartien vom Freitag miteinander, dann boten die Europäer Kombinationsfußball, Technik, die begeistert, erkennbare spielerische Strukturen. Es gab taktische Fouls im Mittelfeld, um Gegenangriffe zu stoppen, aber keine hässlichen, um Gegenspieler auszuschalten. Deutschland gegen Frankreich (1:0), in dessen Vorfeld an frühere deutsche Schandtaten erinnert worden war, war eine faire Begegnung. Dagegen langten die Südamerikaner bei jeder Gelegenheit zu. Wenn sie nicht gerade foulten, boten die Brasilianer primitiven Kick-and-Rush-Fußball, und die zuvor so spielstarken Kolumbianern leisteten sich einen Fehlpass nach dem anderen. Als sie ihr WM-Ausscheiden kommen sahen, nahmen sie früh Rache, nach dem Motto: Wenn wir hier nicht gewinnen können, dann treten wir ihnen wenigstens ihren Star kaputt.
Der Fußball der Südamerikaner war eine Enttäuschung. Die Zerstörer hatten das Heft in die Hand genommen. In ihren destruktiven Mannschaften sollten nur Neymar und James hin und wieder Glanzpunkte setzen. Jetzt muss es der kleine Messi allein mit den Europäern aufnehmen. Am Ende des TV-Fußballabends appellierte Scholl an die deutschen Trainer, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen - und die Mannschaft nicht zu sehr am nächsten Gegner Brasilien auszurichten. "Da ist nichts", sagte er. "Fangt gar nicht erst an, da irgendetwas entdecken zu wollen." Mit Lahm zurück in der Vierkette und der Doppelsechs Khedira/Schweinsteiger habe man zu alter Dominanz zurückgefunden. "Da stand eine Urgewalt auf dem Platz." Eine, die fast ohne Fouls auskommt.
Helmut Monkenbusch