.

World Happiness Report 2016

Puh, Glück gehabt: Deutschland auf Platz 16

Smiley
Mit einem Wert von 7,526 auf der zehnstelligen Glücksskala belegen die Dänen Platz eins im "World Happiness Report 2016". Die angeblich so miesepetrigen Deutschen kommen mit einem Index von 6,994 auf Platz 16 und liegen vor Frankreich (32) und Italien (50).

Die Forschung liefert heute ein differenziertes Bild vom Glück und kann belegen, warum eine Reise zufriedener macht als ein neues Auto. Die 3sat-Sendung "Scobel" (12.01., 21 Uhr) schildert neue Erkenntnisse.

"Such dir etwas, was du wirklich gern tust, und werde darin besser als alle anderen."

Auf diese schlagende Formel brachte es einmal der Jazztrompeter Chet Baker, als er nach seinem Rezept für ein glückliches Leben gefragt wurde. Aber gibt es so etwas überhaupt - eine Glücksformel, die für alle gilt, die jeder anwenden kann, Wirkung garantiert? Mit der Hoffnung darauf
lässt sich jedenfalls viel Geld verdienen. Sucht man beim Onlinehändler Amazon nach Ratgeberliteratur zum Thema Glück, liefert der Katalog fast
10 000 Ergebnisse - darunter viel Esoterisches und Banales.

Doch auch die seriöse Wissenschaft beschäftigt sich mit dem Thema. Glücksforschung ist heute ein
Teilgebiet von so unterschiedlichen Disziplinen wie Psychologie, Ökonomie und Soziologie. Am Anfang steht dabei stets die Frage: Wovon reden wir überhaupt, wenn wir von Glück reden?
Nicht gemeint ist das Glück, das man hat, wenn man im Lotto gewinnt oder knapp einem Unfall entgeht. Stattdessen geht es um die allgemeine Lebenszufriedenheit, die positive Einschätzung des eigenen Daseins. Und um die Frage, von welchen
objektiven Faktoren das subjektive Glücksempfinden abhängt.
Weltatlas des Glücks
Im April 2012 veröffentlichte die UNO ihren ersten "World Happiness Report", eine Art Weltatlas des Glücks. Eine halbe Million Menschen in 156 Staaten waren gefragt worden, wie sie ihre Lebenszufriedenheit auf einer Skala von eins bis zehn beziffern würden. Daraus berechneten die Statistiker des Meinungsforschungsinstituts Gallup Mittelwerte für alle Länder. Es kam heraus, dass das subjektive Glückserleben der Menschen eng zusammenhängt mit der wirtschaftlichen Situation in ihrer Heimat, von deren Sozialsystem und dem Funktionieren staatlicher Institutionen.

Im internationalen Glücksranking stehen west- und nordeuropäische Länder an der Spitze, am
unglücklichsten sind die Menschen in den von Armut und Korruption geprägten Staaten Afrikas sowie in von Krieg und Terror gebeutelten Staaten
wie Syrien und Afghanistan.
Zu 40 Prozent hast Du Dein Glück selbst in der Hand!
Die Frage nach dem Glück stellt sich nicht, solange die Grundbedürfnisse des Menschen nicht befriedigt
sind. Studien zeigen aber auch: Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, spielen die äußeren Umstände nur noch eine kleine Rolle bei der Frage, wie glücklich jemand ist. US-Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es zu 50 Prozent schlicht in den Genen liegt, ob man als Sonnenschein oder
Griesgram durchs Leben spaziert. Jeder Mensch hat offenbar ein angeborenes Glücksniveau, auf das er sich nach vorübergehenden Hochs und Tiefs stets wieder einpendelt. Äußere Umstände wie Einkommen, Schönheit und Beziehungsstatus haben dagegen nur einen Anteil von zehn Prozent
auf das subjektive Glücksempfinden. Die gute Nachricht der Forscher: Die restlichen 40 Prozent hat jeder selbst in der Hand. Die Herausforderung
liegt darin, diesen Spielraum zu nutzen, um den individuellen Normalzustand dauerhaft zu verbessern.

Wie das funktionieren kann, hat die Psychologin Sonja Lyubomirsky von der kalifornischen Riverside
University erforscht. Dabei stieß sie auf das psychologische Phänomen der hedonistischen Anpassung: Jeder Mensch neigt dazu, nach einer
Episode des Hochgefühls relativ schnell wieder auf den angeborenen Basiswert der individuellen Zufriedenheitsskala zurückzufallen.
Finger weg von Chet Bakers Glücksformel!
Die Freude über die Gehaltserhöhung oder das neue Auto hält nur kurz an. Ein Gewöhnungseffekt tritt ein, und bald ist alles wie vorher. Wer auf Dauer glücklicher werden will, muss dem Abflachen der persönlichen Glückskurve aktiv entgegenwirken. Zwei Strategien erwiesen sich
in den Experimenten von Sonja Lyubomirsky
als besonders erfolgreich. Die erste: das Positive wertschätzen. Wer sich immer wieder vergegenwärtigt, was am Job Spaß macht, was man am Partner mag, was heute im eigenen
Leben besser läuft als früher, verlangsamt
den Prozess der hedonistischen Adaption. Die zweite Strategie: gegen Routine ankämpfen, sich den neuen Job so abwechslungsreich wie möglich
gestalten, Veränderungen im Alltag zulassen, Erlebnisse suchen.

Gerade Letzteres hebt das Zufriedenheitsniveau
nachhaltiger als die Erfüllung materieller Wünsche. Im Rahmen einer Studie befragten Psychologen
der University of Colorado Studenten, wofür sie zum letzten Mal mehr als 100 Dollar ausgegeben hätten und ob sie das Geld im Nachhinein als gut angelegt empfänden. Ergebnis: Diejenigen, die in Erlebnisse in Form einer Reise, eines Konzerts oder eines Restaurantbesuchs investiert hatten, äußerten sich deutlich zufriedener als diejenigen, deren Geld in neue Kleidung oder teuren Elektronikschnickschnack geflossen war.

Erlebnisse scheinen mit der Zeit sogar an Wert zu gewinnen: Durch die rosarote Brille der Erinnerung
betrachtet, erscheint der Urlaub vom vorletzten Sommer noch schöner, als man ihn vor Ort empfunden hat. Das neue Handy hingegen verliert seinen Reiz binnen Wochen.

Als wenig erfolgreich hat sich die Glücksformel von Chet Baker erwiesen - zumindest in seinem Fall: Auf dem Gipfel des Ruhms wurde der begnadete Musiker heroinabhängig. Im Alter von 58 Jahren stürzte er im Drogenrausch aus dem Fenster seines
Hotelzimmers. Er war auf der Stelle tot.

Autor: Christian Holst