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TV-Kritik

Geschwisterliebe

Polizeiruf-Senioren ermittelten unter jungen Klassikschnöseln

POLIZEIRUF 110 - DER TOD UND DAS MÄDCHEN (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr)
Mord oder Totschlag am Konservatorium. Junge Menschen, die ihre Zeit so schönen Dingen wie der klassischen Musik widmen: Sie sind allerdings vom Ehrgeiz verfressen und dazu noch die jugendlichen Triebe. Das war der Mix des gestrigen Sonntagabendkrimis, der auch irgendwann in den 60er und 70er Jahren hätte inszeniert sein können.

Das ist in diesem Fall keine Negativkritik. Im Gegenteil. Denn dieser Fall war dem Alt-Herren-Duo Schmücke (Jaecki Schwarz) und Schneider (Wolfgang Winkler) zu ihrem 40. Folgenjubiläum wie auf den Leib geschneidert. Zu den beiden passt einfach nur eine solch zeitlose Geschichte, die Verderbtheit der Wirtschaftsbosse, Umweltskandale, Migrationsprobleme und weitere schwer moderne Tatort-Hintergründe sollten sie lieber anderen überlassen, was an diesem Abend auch geschehen ist.

Eigentlich wäre so etwas für den "Tatort"-Kommissar Bernd Michael Lade, doch der 44-Jährige befindet sich leider in Pension und musste hier den heruntergekommenen Vater eines Klavier-Schnösels spielen. Das machte er samt eines einsamen Spritzentodes (Insulin) auf der Parkbank sehr gut. Dass zum Schluss dann doch Geschwisterliebe bei der Tat (in diesem Fall Körperverletzung mit Todesfolge), ein Motiv war, störte die Alt-Herrenermittler wenig. Schließlich bewegen sich beide noch auf Freiersfüßen und mussten eine Vorgesetzte verabschieden.

Kai Rehländer