HART ABER FAIR (ARD, Mittwoch, 21.45 Uhr)
Karamba, Karacho, was für ein Thema auf dem ehemaligen Blauen-Bock-Sender. Es ging um Jugendliche und Alkohol, genauer gesagt und Plasbergscharf formuliert, um "Halbe Kinder, völlig blau - helfen Gesetze gegen den Komasuff?" Dieses Thema ließ sich nicht mit Senderpersonal besprechen, weder aus der "Wernesgrüner" Musikantenschenke noch vom "Internationalen Frühschoppen" (okay, im Presseclub wird nicht mehr gesoffen). Deshalb wurden von anderen Sendern so kompetente Gesprächspartner wie "Big Brother" Jürgen Milski (Telespieldrücker von Neun Live) oder RTL-Super-Nanny Katharina Saalfrank in die Runde gesetzt.
Teilzeit-Karnevalanimateur Milski wurde die Rolle des Bösen zugewiesen. Er hat tatsächlich auf einer Rosenmontags-Großveranstaltung, wo auch Alkohol getrunken wurde, den Heinz-Erhardt-Klassiker "Immer wenn ich traurig bin, trinke ich ein Korn" gesungen. Das Publikum schunkelte mit und man sah Minderjährige mit mutmaßlich alkoholischen Getränken, deren Gesichter von der Redaktion Plasbergs unkenntlich gemacht wurden. Die "Super Nanny" entrüstete sich ebenso wie die Bundes-Drogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD, tatsächlich erst 33 Jahre alt), dass Frohsinn und Alkoholkonsum Hand in Hand gingen. Auch Plasberg bohrte Plasberg-investigativ nach, dass es doch etwas anderes sei, wenn Heinz Ehrhardt so ein Lied in einer Komödie sänge... Richtig kompetent in Sachen Saufen war in dieser Runde Heiner Lauterbach als ganz und gar nicht anonymer Alkoholiker (trocken) und der fand das Lied von Milski ganz und gar nicht schlimm.
Detlef Parr findet als FDP-Hinterbänkler Gesetze und Regelungen, die das Geldverdienen behindern, grundsätzlich doof und musste sich dann von Plasberg Statistiken vorlegen lassen, nachdem der Alkopop-Konsum zurückgegangen sei, als der Verkauf an Minderjährige verboten wurde.
Diese Sendung war schlecht gemachtes Boulevardfernsehen. Jeder halbwegs normale Mensch ist der Meinung, dass es ziemlich schlecht ist, wenn Kinder und Jugendliche mit Alkohol und anderen Drogen volldröhnen. Stattdessen sollte natürlich ein verantwortungsvoller Umgang mit Genussmitteln propagiert und am besten vorgelebt werden. Ob da unbedingt stundenlange Übertragungen von alkoholgeschwängerten Veranstaltungen wie Karneval oder ritualisierten Rauschmittel-Missbrauch wie auf dem Oktoberfest in einem öffentlich-rechtlichen Sender gezeigt werden müssen, darüber sollte vielleicht man mal Senderintern diskutiert, bevor man so eine bigotte Sendung ins Programm hievt. Ansonsten ziehen die Jahre ins Land und alle trinken immer noch ohne Verstand ("Bis zum bitteren Ende"- Die toten Hosen). Wo war eigentlich der Talkshow-Punker Campino, wenn man ihn mal braucht?
Kai Rehländer
Kai Rehländer