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Talk-Show-Abend im Dritten

3 nach 9 bei Böttinger

Am Freitagabend laden WDR ("Kölner Treff") und NDR ("3 nach 9") zu launigen Plauderrunden. Wir haben durchgezappt und reingehört...

(TV-Kritik, 16.1.2010) Freitagabend, Talkshowabend. Mindestens zwei Sesselrunden laden zum zappen ein. Heute werden in beiden sicher Geschichten rund um Regie-Veteran Dieter Wedel erzählt. Dessen Zweiteiler "Gier" läuft zeitgleich auf arte. Das gilt aber nicht wirklich. Arte guckt ja kein Schwein.

Nur damit eine Woche später in der ARD die Quote stimmt, sitzt "Gier"-Nebendarsteller Nr. 1 Kai Wiesinger jetzt in Köln und Gier-Nebendarsteller Nr. 2 Heinz Hoenig in Bremen. Hauptdarsteller Ulrich Tukur hat wohl Besseres zu tun. Wiesinger hat seit "Kleine Haie" viel Gutes gespielt und hält sich immer vornehm zurück. Hoenig hat angeblich viel Gutes getan und wenig gespielt. Beide sind innerhalb der Talkshow-Dramaturgie aber längst noch nicht an der Reihe.

Erstmal erzählt Armin Rohde über seine wilde Zeit. Die Kölner Böttinger-Redaktion unterlegt eine dazu passende Fotosammlung mit Sehnsuchts-Gemurmel von Leonard Cohen. Kommt rüber wie Currywurst mit Amaretto. Vorm aufstoßen sollte man umschalten. In 3 nach 9 -wow- ein neues Gesicht! Josefine Preuß spielt die Hauptrolle in der Komödie "Lotta und die alten Eisen". Läuft im ZDF am gleichen Abend wie "Gier" in der ARD. He? Was soll man dann also einschalten? Frau Preuß erleichtert die Entscheidung. Sie amüsiert sich gerade darüber, dass sie immer nur als spät pubertierender Teenager besetzt wird. Der Film wird also schwer lustig, die Frau ist sowieso lustig. Wenn man auf spät pubertierende Teenager steht.

In Köln philosophiert Alfons Schubeck derweil über Gewürze. Du meine Güte. In Bremen fasziniert Charlotte Roche mit ihrer Kunst zu reden, ohne die Zähne auseinander zu nehmen. In Köln philosophiert Alfons Schubeck immer noch über Gewürze. In Südafrika nimmt Devid Striesow an einer weißgetünchten Bungalow-Aussenwand Sibel Kekilli im Stehen. Ach so, Fernbedienung falsch bedient. Das ist "Gier" - auf arte. Denk da geht's um Geld?

In Köln philosophiert Alfons Schubeck noch immer über Gewürze und in Bremen fragt Giovanni die Lorenzo vorsichtig Inge Jens nach ihrem Mann, dem an Demenz erkrankten Walter Jens, und bekommt Antworten, über die auch der Zuschauer mal nachdenken kann. Dafür gibt's Applaus. Und auch den Übergang zu Pianistin Alice Sarah Ott nimmt di Lorenzo ganz galant. Ott spielt Chopin auf der Lenin-Werft in Gdansk. Irgendwie auch was ganz Schweres. Ich bin aber noch bei den Jensens in Tübingen und für die nächste Wunderkindgeschichte nicht bereit. In Köln plaudert Sachbuchautorin Sybille Herbert über unsere Angst vor der Technik. Schon besser. Dann bittet Frau Böttinger Kai Wiesinger auf ein Wort. Der spricht wenig über Wedel und hat scheinbar vor gar nichts Angst. Nicht mal die, was zu verpassen. Guckt kein Fernsehen, hört kein Radio, liest nicht mal Zeitung und hat dabei auch noch abgenommen. "Was geht mich Frau Beckham an?" sagt er und grinst. Obacht! warnt da Armin Rohde, spenden für Haiti sollte er schon, so was dürfe man nicht verpassen. Bevor sich die beiden über diesen Punkt mal unterhalten können kündigt Klaviergeklimper das Ende der Sendung an.

In Bremen erklärt inzwischen ein brummig cholerischer Heinz Hoenig, wie das mit den Hippies war und, dass er dem Regisseur Wedel viel zu verdanken hat. Weil nur bei manchen Regisseuren könne man bis an die Grenze gehen. Bei Hoenig ist das bisschen her. Derweil wartet gegenüber Moritz Freiherr Knigge höflich auf seinen Einsatz am Ende der Sendung. Feuchtgebiete treffen dann auf Trockenpflaume - da wird nichts mehr explodieren.

Martina Kalweit