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Neustarts im Kino

The Hateful Seven

The Hateful Seven
Vier der "glorreichen Sieben" in Antoine Fuquas Neuinterpretation des Westernklassikers

Denzel Washington und Chris Pratt lassen in "Die glorreichen Sieben" (ab 22.9.) den wildromantischen Geist großer Western der Vergangenheit aufleben.

Antoine Fuqua inszenierte zuletzt das Boxer-Melodram "Southpaw" (2015)
Nach dem enttäuschenden kommer­ziellen Abschneiden des Remakes von "Ben Hur" steht nun bereits die nächs­te Neubelebung eines legendären Kinoklassikers in den Startlöchern: Unter Regie von Antoine Fuqua erstrahlt der Edelwestern "Die glorreichen Sieben" aus dem Jahr 1960 in frischem Glanz. Der Film von John Sturges war seinerseits ein Remake von Akira Kurosawas "Die sieben Samurai". Sturges verwandelte die japanischen Schwert­schwinger in eine Gruppe von Revolverhel­den, die im mexikanischen Hinterland eine Provinzgemeinde vor plündernden Banditen beschützte.
Multikulti im Wilden Westen
Antoine Fuqua schickt einen gemischtrassigen Trupp Pistoleros in den Kampf gegen den ausbeuterischen Grubenbesitzer Bartholomew Bogue (Peter Sarsgaard). Denzel "Chisolm" Washington übernimmt als schwarz gekleideter Anführer der "glorreichen Sieben" die Rolle, die
Yul Brynner im Original spielte. Quasi den neuen Steve McQueen verkörpert Chris Pratt. In weiteren Rollen agieren Vincent D'Onofrio, Ethan Hawke, der Südkoreaner Lee Byung­hun, der Mexikaner Manuel Garcia­ Rulfo und Martin Sensmeier. Fuqua will seinen Film allerdings weniger als Remake denn als Neu­interpretation des japanischen Originals verstanden wissen:

"Es war mir wichtig, den Geist von Kurosawa zu erhalten, seiner DNA treu zu bleiben."
Freiheitskämpfer gegen den IS
Das Filmplakat-Motiv zu "Die glorreichen Sieben"
Gleichzeitig durchmischt der Regisseur den Film mit Anspielungen auf durchaus gegenwartsbezogene Konflikte. Deshalb auch die gemischtrassige Besetzung. Fuqua: "Es geht um einen Kampf gegen die Tyrannei, der momentan an vielen Stellen auf der Welt geführt wird. Alle Rassen sollen sich vereinen, um gemeinsam die Unterdrücker zu beseitigen." Dass damit auch der islamische Gottesstaat gemeint sein könnte, wird offen angedeutet. Am Anfang brennen Bogues Banditen eine Kirche nieder, später sagt ein Farmer, die Schurken hätten den Dorfbewohnern jede Lebensfreude und jedes Vergnügen genommen. Die "glorreichen Sieben" als verklausulierte Freiheitskämpfer gegen den IS.

Wie im Film von John Sturges geht es zu­nächst darum, wie sich die "glorreichen Sie­ben" zu einer Einheit formieren. Jeder der Hateful Seven bekommt eine eigene Einfüh­rung, die ihn individuell charakterisiert. Dann reiten die Revolvermänner in das kleine Westernkaff ein, das von Bogues Mordban­de terrorisiert wird. Die Versuche der Scharf­schützen, den unbescholtenen Farmern den Umgang mit Waffen beizubringen, scheitern kläglich. Doch mit vereinten Kräften gelingt es, einige raffinierte Feuerfallen und Hinterhalte zu installieren, mit denen die Angreifer nicht rechnen können.
Zwischen John Ford und Sergio Leone
Fuqua zelebriert das Westerngenre geradezu und legt seinen Film irgendwo zwischen John Ford und Sergio Leone an. Lange Staubmän­tel wehen im Wind, im Saloon kommt es zu krachenden Shoot-outs, die langen Reiter­kolonnen erinnern an Vorbilder wie Sam Pe­ckinpahs "The Wild Bunch" oder Walter Hills "The Long Riders". Der zersetzende Pessimismus des Spätwestern wird komplett ausgespart. Fuquas Helden sind kampfgestählte Männer, deren Motive nicht unbedingt idea­listisch sein mögen, die aber klar zwischen Gut und Böse trennen.

Obwohl es im Film alles andere als zimperlich zugeht, ist er bemerkenswert unblutig inszeniert. Denzel Washington überzeugt als einsamer Schweiger und sagt fast noch weniger Sätze als Matt Damon in "Jason Bourne". Die große Entdeckung des Films ist der aus Alaska stammende Martin Sensmeier, der in der Rolle des Indianers Red Harvest für den Pfeil­-und­-Bogen­-Anteil der "glorreichen Sie­ben" sorgt. Mit Haley Bennett aus Fuquas Ra­chethriller "The Equalizer" schmuggelt sich zudem ein starkes Cowgirl in die Reihen der harten Männer. Einer der sieben Fighter wird ihr sogar sein Leben verdanken.
Kommt der Western zurück?
Chisolm (Denzel Washington) hat mehr als persönliche Motive, endlich mit dem korrupten Grubenbesitzer Bogue abzurechnen
Das Finale ist erstklassig inszeniert und gerät mit über einer halben Stunde fast ein wenig zu lang. Gefühlt will die Schießerei kein Ende nehmen. Wie schon bei John Sturges gibt es gegen die Übermacht des Feinds Verluste zu beklagen, dafür macht Oberbösewicht Bogue im Duell mit Chisolm eine verdient klägliche Figur - in den Trümmern der Kirche, die er niederbrannte. Wenn der Abspann läuft, erklingt dann endlich die beliebte Titelmelodie von Elmer Bernstein, und die Westernromantik ist komplett.

Bleibt die Frage, ob "Die glorreichen Sie­ben" im Verbund mit Quentin Tarantinos "The Hateful Eight" ein Comeback des Genres bewirken könnte. Es sieht fast so aus. So wird im nächsten Jahr die erstklassige HBO­-Wes­ternserie "Deadwood" ihr Revival auf der Leinwand erleben. Sie wurde nach drei Staf­feln eingestellt, ohne in einem würdigen Finale zu gipfeln, was nun nachgeholt wird. Sofia Coppola plant zudem ein Remake von Don Siegels Bürgerkriegswestern "Betrogen". Und Tom Hanks und Julianne Moore werden in "Boone's Lick" eine gefährliche Reise von Missouri nach Wyoming unternehmen. Die Colts rauchen wieder.

Heiko Rosner