Wer im Glashaus sitzt, soll bekanntlich nicht mit Steinen werden. Über die altehrwürdige Warnung können die Protagonisten in "Under the Dome" nur lachen. Ihr Glashaus ist weder mit Steinen noch mit Kanonenkugeln zu zerdeppern. Eine mysteriöse Kuppel hat sich plötzlich über das Ostküstenstädtchen Chester's Mill gesenkt und es komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Die auf dem Stephen-King-Roman "Die Arena" beruhende Serie war in den USA der Überraschungshit des Sommers. Im Schnitt 12 Millionen Zuschauern schalteten ein. Seit sechs Jahren war keine Sommerserie mehr so erfolgreich.

Alte Idee, neu aufgelegt

Zwar ist die Idee nicht neu - man denke an die Roman­ver­filmung "Die Wand" oder den "Simpsons"-Film -, doch das Konzept eignet sich perfekt für eine Fernsehserie. Schließlich geht es um mehr, als nur ein großes Mysterium zu lösen. Eine Kleinstadt und ihre Bewohner werden vorgestellt. Ein Psychopath nutzt das Chaos, um die Liebe seines Lebens zu entführen, ein vermeintlicher Mörder freundet sich mit der Ehefrau des Opfers an, und ein Tyrann reißt die Herrschaft an sich. Kurz: Das Kraftfeld macht die Bewohner der Stadt zu einer eigenen Subkultur, in der die gesellschaftlichen Konven­tionen aufgehoben sind.

>>> "Under the Dome" IM TV

Wer sich jetzt an "Lost" erinnert fühlt, liegt richtig: Serienentwickler Brian K. Vaughan verdiente seine Sporen als Autor und Produzent bei dem Inselabenteuer. Dass CBS für jede Episode drei Millionen Dollar ausgibt, liegt aber weniger an Vaughan als an zwei Stephens: Denn neben King steuert auch Steven Spielberg als ausführender Produzent seinen Namen bei. Der Großteil des Geldes fließt allerdings weder in ihre Taschen noch in die der weitgehend unbekannten Besetzung. Stattdessen wurde jede Menge Geld in die für TV-Verhältnisse überragenden Spe­zialeffekte gesteckt, die allein im Pilotfilm mit einem sensationellen Lkw-Crash und der blutigen Zweiteilung einer Kuh aufwarten.

Freibrief von Stephen King

In der Romanvorlage erwischte es lediglich ein Murmeltier auf diese Art - woraus abzuleiten ist, dass die Ambitionen der TV-Ad­ap­tion höhere sind. Denn im Fall King gilt die Faustformel: Je mehr Freiheiten die Filmemacher bei ihrer Adaption haben, desto besser geraten sie.

"Es ist sehr aufregend, die Idee des Buchs zu erweitern", erklärte der Bestsellerautor und erteilte Brian K. Vaughan damit einen Freibrief, neue Wege zu gehen. So bleibt auch für alle, die das 1300 Seiten dicke Buch gelesen haben, die Spannung erhalten. Denn die Antwort auf die Frage, wer oder was hinter dem Dome steckt, muss im TV nicht dieselbe sein wie bei King.

Weshalb die Käseglocke auch noch länger über Chester's Mill bleibt. Ende Juli kündigte der US-Sender CBS eine 2. Staffel an. "Under the Dome" wird wohl laufen, bis ihr buchstäblich die Luft ausgeht. 

Rüdiger Meyer

Under the Dome
MI, 4.9., Pro Sieben, 20:15 Uhr