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Tim Burton & Helena Bonham Carter

Tim im Wunderland

Tim Burton
Mag's französisch: Filmemacher Tim Burton Pressefoto

Seine Film sind so genial wie irre. Wundert es da, dass Tim Burton zuhause im Skelett-Pyjama herumläuft?

Er redet nur höchst ungern. Interviews mit ihm sind eine Seltenheit und stets streng gekoppelt an die PR zu einem neuen Projekt. Tim Burtons Gefährtin Helena Bonham-Carter plaudert dafür um so mehr aus, vor allem Details aus ihrem Privatleben. Von ihr weiß die Welt, dass Burton den ganzen Tag in einem Skelett-Pyjama durchs Haus schlunzt und so laut schnarcht, dass sie getrennt voneinander schlafen. Gezielte Indiskretionen, um das Bild des "odd couple" zu kultivieren? Egal, amüsant sind solche Schnurren allemal.

Fakt ist, dass die britische Schauspielerin und der US-Regisseur unzertrennlich sind, seit sie im Jahr 2000 gemeinsam das Science-Fiction-Remake "Planet der Affen" drehten. Sie leben in London, weil Burton, der im kalifornischen Burbank geboren ist, das englische Wetter liebt. "Kein Scherz", sagt er, "ich mag es, dass man in London bei jedem Wetter rausgehen kann. In L.A. rufen sie gleich die Polizei, wenn einer zu Fuß unterwegs ist."

In Hampstead teilt sich das unkonventionelle Paar drei ineinander übergehende Häuser. In einem lebt Bonham-Carter ("Ich hab's gern mädchenhaft und gemütlich."), im anderen Burton ("Er hat moderne Lampen, die wie mannshohe Skelette aussehen und jede Menge technischen Schnickschnack"), im dritten die Kinder Billy-Ray (6) und Nelly (2) mit ihrer Nanny.

Was in Deutschland möglicherweise das Jugendamt auf den Plan rufen würde, finden die Eltern völlig normal. "Wir brauchen jeder unseren Freiraum, aber wir besuchen uns ständig gegenseitig", sagt Bonham-Carter. In ihrer Küche und ihrem Wohnzimmer wird gelebt und ferngesehen, zum Schlafen gehen Mann und Kinder in ihre Haushälften hinüber.

Burton, der in Filmen wie "Edward mit den Scherenhänden", "Batman", "Sleepy Hollow", "Mars Attacks!", "Sweeney Todd" und zuletzt "Alice im Wunderland" phantastisch bizarre Welten schuf, gilt als Eigenbrötler mit autistischen Zügen. "Ich tue mich tatsächlich schwer, mit Menschen zu sprechen", sagt er. Wenn er am Set Szenen erklären muss, hat er sich darauf akribisch vorbereitet. Meistens mit detaillierten Zeichnungen, die ihm helfen, seine Gedanken zu ordnen.

Schon als Kind versuchte er, das Leben zeichnend zu bewältigen. Während sich die Mitschüler in Sportwettbewerben maßen, verkroch sich Burton in die Welt der Kunst und des Kinos. Er malte und entwarf Szenarien für Filme, schaute mit Vorliebe Grusel- und Horrofilme und die Werke des genialen Fritz Lang ("M - eine Stadt sucht einen Mörder", "Metropolis"). "Ich liebe seine Filme. Diese Art, Licht zu setzen und mit harten Schatten und Konturen zu arbeiten, beeindruckt mich bis heute."

Seinen ersten Film drehte Burton mit dreizehn, später studierte er mit einem Stipendium der Disney Studios Trickfilmkunst am California Institute of the Arts. Anschließend arbeitete er als Disney-Zeichner. "Zu dieser Zeit war ich noch schräger drauf als heute", bekennt er. "Ich hatte eine Phase, in der ich nur geringelte Socken trug, weil ich mich ihn ihnen sicherer fühlte, irgendwie geerdet."

Doch sehr schnell war ihm (und seinen Chefs) klar, dass er nicht nach Vorlagen arbeiten, sondern kreativ sein wollte, denn Tim Burton fürchtet nichts so sehr wie Stillstand und das Wort Normalität: "Es hat für mich etwas subversiv Erschreckendes."

Dass Burton sich ständig neu erfindet, aber dabei seine unverwechselbare Handschrift behält, dokumentierte eine große Werkschau, die ihm das New Yorker Museum of Modern Art (MoMa) zum Jahreswechsel 2009/2010 widmete. In den faszinierenden Skizzen und Zeichnungen finden sich alle Filme und Figuren wieder. Die Besucherzahlen zeigten, dass Burton nicht nur als Regisseur, sondern auch als Künstler anerkannt wird. Nur Picasso (1980) und Matisse (1992) lockten bislang mehr Kunstinteressierte ins MoMa.

Susanne Sturm