"Würden Sie mir nicht auch zustimmen, dass es genug Pferde auf der Welt gibt? Wozu sollte man dann einen Wagen erfinden, der ohne sie fährt?"
Pforzheim, 1870. Der gut betuchte Herr von Mannstedt will nicht an die Visionen des enthusiastischen Tüftlers glauben, der ihm gerade seine neueste Erfindung vorstellt.
Carl Benz heißt der junge Mann, und seine Idee klingt verwegen: Eine pferdelose Kutsche will er bauen. "Ihr Projekt überzeugt mich nicht", beendet von Mannstedt das Gespräch. Basta. Es soll nicht das letzte Mal sein, dass Benz mit seiner Idee vom motorisierten Wagen scheitert. Das ARD-Erfinderdrama "Carl & Bertha" mit Ken Duken und Felicitas Woll in den Titelrollen erzählt die automobile Erfolgsgeschichte als Serie von Enttäuschungen und Niederlagen, die Carl Benz nur dank der moralischen Unterstützung seiner Frau Bertha überstand.
Das Leben der Menschen radikal verändert
Die Patentierung seines Motorwagens 1886 muss dem Konstrukteur schließlich wie ein Sieg gegen die Rückständigkeit vorgekommen sein. Erst recht, als sich das Auto nach und nach zum Verkaufsschlager entwickelte - und damit das Leben der Menschen radikal veränderte. Denn plötzlich war es möglich, sich individuell über weite Entfernungen zu bewegen. Damit ging ein ungeahntes Freiheitsgefühl einher - und zugleich eine veränderte Weltsicht: Die Möglichkeiten der neuen Mobilität ließen den Erdball auf die Größe eines Schulglobus schrumpfen.
Während Bertha Benz für die erste motorisierte Überlandfahrt der Geschichte von Mannheim nach Pforzheim noch einen halben Tag brauchte, gelangt man heute in der gleichen Zeit fast überallhin. Aber die bloße Bewegung von A nach B ist nur ein Aspekt des Mobilseins. Schließlich haben sich Flexibilität und Verfügbarkeit zum gesellschaftlichen Leitbild entwickelt, das sich auf unser soziales Miteinander, die Freizeitgestaltung und den Berufsalltag auswirkt - im Guten wie im Schlechten: Der Maledivenurlaub macht Reiseträume wahr, während der Berufspendler das Unterwegssein oft als Stresstest erlebt.
160 Sendungen und Einzelbeiträge
Die Vielschichtigkeit des Mobilitätsbegriffes spiegelt sich in der Themenwoche (22. bis 29. Mai) wider. Die Bandbreite der rund 160 Sendungen und Einzelbeiträge reicht von Berichten in täglichen Formaten wie dem "Morgenmagazin" oder "Brisant" über Diskussionen bei Anne Will, Reinhold Beckmann und Sandra Maischberger bis zu Filmen, einer Wissensshow und Dokus. Deren Sinn bleibt allerdings gelegentlich verborgen. Für das Reiseprojekt "Mit 1000 Euro um die Welt" (25.5., 22.30 Uhr im SWR) etwa soll Reporter Thomas Niemietz in 40 Tagen die Erde umrunden - darf aber nicht mehr als die genannte Summe für Transportmittel ausgeben, sonst gilt's nicht.
Von unterwegs meldet sich Niemietz per Skype, was die ARD bei der Präsentation ihres Themenschwerpunkts in Hamburg erfolgreich vorführte. Die Interpretation des Gesehenen bleibt dem mündigen Zuschauer überlassen.
Schöne Reise im stinkenden Käfer
Im besten Fall ist er am Ende der Themenwoche dennoch etwas schlauer. Dabei sollen drei prominente Paten helfen: "Tagesschau"-Sprecherin Susanne Holst, "Tatort"-Kommissarin Ulrike Folkerts und Moderator Dieter Moor. Letzterer übernahm auf der Pressekonferenz den nachdenklichen Part: "Nehmen wir uns in unserer mobilen Gesellschaft noch Zeit zum Innehalten?", fragte der Schweizer. Und erinnerte sich an Ferienreisen, die früher zwar beschwerlicher, aber auch belohnender gewesen seien: "Die Fahrten in einem stinkenden VW Käfer waren grauenhaft. Aber wenn man dann endlich angekommen war, war man tatsächlich woanders. Eine andere Welt."
Dass der Mensch in seiner grenzenlosen Mobilität eines Tages wieder gebremst werden muss, kann selbst der Visionär Carl Benz nicht geahnt haben - sein erster Motorwagen hatte gerade mal 0,9 Pferdestärken.
M. Mirwald
Pforzheim, 1870. Der gut betuchte Herr von Mannstedt will nicht an die Visionen des enthusiastischen Tüftlers glauben, der ihm gerade seine neueste Erfindung vorstellt.
Carl Benz heißt der junge Mann, und seine Idee klingt verwegen: Eine pferdelose Kutsche will er bauen. "Ihr Projekt überzeugt mich nicht", beendet von Mannstedt das Gespräch. Basta. Es soll nicht das letzte Mal sein, dass Benz mit seiner Idee vom motorisierten Wagen scheitert. Das ARD-Erfinderdrama "Carl & Bertha" mit Ken Duken und Felicitas Woll in den Titelrollen erzählt die automobile Erfolgsgeschichte als Serie von Enttäuschungen und Niederlagen, die Carl Benz nur dank der moralischen Unterstützung seiner Frau Bertha überstand.
Das Leben der Menschen radikal verändert
Die Patentierung seines Motorwagens 1886 muss dem Konstrukteur schließlich wie ein Sieg gegen die Rückständigkeit vorgekommen sein. Erst recht, als sich das Auto nach und nach zum Verkaufsschlager entwickelte - und damit das Leben der Menschen radikal veränderte. Denn plötzlich war es möglich, sich individuell über weite Entfernungen zu bewegen. Damit ging ein ungeahntes Freiheitsgefühl einher - und zugleich eine veränderte Weltsicht: Die Möglichkeiten der neuen Mobilität ließen den Erdball auf die Größe eines Schulglobus schrumpfen.
Während Bertha Benz für die erste motorisierte Überlandfahrt der Geschichte von Mannheim nach Pforzheim noch einen halben Tag brauchte, gelangt man heute in der gleichen Zeit fast überallhin. Aber die bloße Bewegung von A nach B ist nur ein Aspekt des Mobilseins. Schließlich haben sich Flexibilität und Verfügbarkeit zum gesellschaftlichen Leitbild entwickelt, das sich auf unser soziales Miteinander, die Freizeitgestaltung und den Berufsalltag auswirkt - im Guten wie im Schlechten: Der Maledivenurlaub macht Reiseträume wahr, während der Berufspendler das Unterwegssein oft als Stresstest erlebt.
160 Sendungen und Einzelbeiträge
Die Vielschichtigkeit des Mobilitätsbegriffes spiegelt sich in der Themenwoche (22. bis 29. Mai) wider. Die Bandbreite der rund 160 Sendungen und Einzelbeiträge reicht von Berichten in täglichen Formaten wie dem "Morgenmagazin" oder "Brisant" über Diskussionen bei Anne Will, Reinhold Beckmann und Sandra Maischberger bis zu Filmen, einer Wissensshow und Dokus. Deren Sinn bleibt allerdings gelegentlich verborgen. Für das Reiseprojekt "Mit 1000 Euro um die Welt" (25.5., 22.30 Uhr im SWR) etwa soll Reporter Thomas Niemietz in 40 Tagen die Erde umrunden - darf aber nicht mehr als die genannte Summe für Transportmittel ausgeben, sonst gilt's nicht.
Von unterwegs meldet sich Niemietz per Skype, was die ARD bei der Präsentation ihres Themenschwerpunkts in Hamburg erfolgreich vorführte. Die Interpretation des Gesehenen bleibt dem mündigen Zuschauer überlassen.
Schöne Reise im stinkenden Käfer
Im besten Fall ist er am Ende der Themenwoche dennoch etwas schlauer. Dabei sollen drei prominente Paten helfen: "Tagesschau"-Sprecherin Susanne Holst, "Tatort"-Kommissarin Ulrike Folkerts und Moderator Dieter Moor. Letzterer übernahm auf der Pressekonferenz den nachdenklichen Part: "Nehmen wir uns in unserer mobilen Gesellschaft noch Zeit zum Innehalten?", fragte der Schweizer. Und erinnerte sich an Ferienreisen, die früher zwar beschwerlicher, aber auch belohnender gewesen seien: "Die Fahrten in einem stinkenden VW Käfer waren grauenhaft. Aber wenn man dann endlich angekommen war, war man tatsächlich woanders. Eine andere Welt."
Dass der Mensch in seiner grenzenlosen Mobilität eines Tages wieder gebremst werden muss, kann selbst der Visionär Carl Benz nicht geahnt haben - sein erster Motorwagen hatte gerade mal 0,9 Pferdestärken.
M. Mirwald