Schon komisch, da tummeln sich Kate Beckinsale und Colin Farrell im Bett, sie in knappem Höschen, er mit freiem Oberkörper - und Beckinsales Ehemann Len Wiseman steht daneben, sieht sich alles ganz fachmännisch an und gibt Anweisungen, wie Farrell die Frau anfassen soll, mit der er seit neun Jahren verheiratet ist.
Als Regisseur von Total Recall (am 28. April um 20.15 Uhr auf Sky Cinema) ist das nun mal sein Job. Er findet es scheinbar ganz normal, dass einer der attraktivsten Schauspieler Hollywoods mit seiner Lebensgefährtin auf Tuchfühlung geht. Genauso sieht es auch Beckinsale: "Ich habe schon häufiger vor den Augen meines Mannes Liebesszenen gedreht. Auch viel heftigere Sachen. Schlimmer war es für Colin."

Colin Farrell fühlt sich gar nicht wohl

Tatsächlich erzählte Farrell peinlich berührt in Interviews, wie unangenehm das Film-Techtelmechtel war: "Ich wollte nur, dass die Szene endlich im Kasten ist. Einer der merkwürdigsten Momente meiner 15-jährigen Karriere."

Was ihn irritierte, war weniger die an sich harmlose Kussszene als die Anwesenheit des Gatten. Vielleicht war Farrell aber auch verunsichert, weil er nicht wusste, ob Wiseman von der kleinen Affäre zwischen ihm und Kate gehört hatte, damals, bevor Beckinsale den Regisseur 2003 bei den Dreharbeiten zu "Underworld" kennenlernte. Oder ihm bereitete Kopfzerbrechen, was die männlichen Kollegen bei frei zügigen Sexszenen stets härter trifft als die Frauen.

Es gibt da eben die kleinen, aber feinen anatomischen Unterschiede, erklärte Beckinsale jüngst in der britischen "Sun": "Für Frauen sind Sexszenen etwas einfacher. Wir haben keine 'beweglichen Teile'. So ist es nicht so offensichtlich was in einem vorgeht." Nachvollziehbar, dass Liebespartner Farrell angesichts dieses möglicherweise verräterischen Details die Anwesenheit des Ehemanns nicht ganz geheuer war.

Star und Regisseur - eine alte Liebe

Dabei sind Sexszenen auch ohne private Verwicklungen stressig genug. Schauspieler betonen immer wieder, dass sie in Wahrheit alles andere als sexy sind. Es kostet Überwindung,
mit Menschen intim zu werden, die man im schlimmsten Fall das erste Mal kurz vorm "Vollzug" am Set trifft - und dann noch vor den Augen des Filmteams. Allerdings wird die Zahl der Crewmitglieder, die notgedrungen zu Voyeuren werden, in solchen Momenten aufs Nötigste reduziert.
Dass Regisseure sich in ihre weiblichen Stars vergucken oder umgekehrt, ist nichts Neues. Viele Partnerschaften sind das prominente Nebenprodukt von Zelluloidklassikern. Roberto Rossellini und Ingrid Bergman, Woody Allen und Diane Keaton oder Tim Burton und Helena Bonham Carter schrieben Film- und Klatschgeschichte.

Es war allerdings jedes Mal eine harte Belastungsprobe für die Beziehung, wenn die Macher mit ihren Hauptdarstellerinnen arbeiteten. Nach dem Film "Zeiten des Aufruhrs", in dem sich ein Paar verzweifelt an eine längst gescheiterte Ehe klammert, hieß es, Regisseur Sam Mendes und seiner Frau Kate Winslet sei es direkt nach den Dreharbeiten ähnlich ergangen. Zwei Jahre später gaben sie die Scheidung bekannt.

Auch "Total Recall"-Regisseur Len Wiseman haben die Kussszenen seiner Frau anscheinend doch nicht ganz kaltgelassen: "Bei mir kochte das Blut überraschend schnell, als ich 'Schnitt!' rief und die beiden nicht sofort aufhörten zu knutschen."

Alexander Gast