Am 1. Oktober 1976 kam es im AKW Zwentendorf bei Wien zu einem Unfall. Ein Mitarbeiter namens Müller verletzte sich am rechten Zeigefinger, die Schürfwunde wurde mit einem Heftpflaster versorgt. Danach gibt es keine weiteren Einträge in dem für die Auflistung von Verletzungen gedachten orangefarbenen Notizheft. Nur auf die Rückseite hat jemand mit schwarzem Filzstift in ungelenken Buchstaben ein Wort geschrieben: "Strahlenschutz".
Das Heft liegt zwischen alten Briefen, Akten und Computerbüchern ("BASIC lernen") in den seit vielen Jahren verlassenen Büroräumen des AKW. Im niederösterreichischen Zwentendorf ist nämlich niemals Strom durch Atom hergestellt worden. Die Brennstäbe waren zwar schon auf dem Gelände, wurden aber nie eingesetzt, da das fertig gebaute Kraftwerk 1978 per Volksentscheid gestoppt wurde. Zwentendorf ging nie ans Netz. Der Abriss wäre mit rund 200 Millionen Euro zu teuer gekommen. Also liegt der Arbeitsplatz für 200 Atomtechniker brach, seit Jahren. Teils noch intakte Technik wie Turbinen und Generatoren wird Stück für Stück in alle Welt verkauft, im AKW übt das Fachpersonal anderer Kraftwerke - und auch schon mal das von Greenpeace, das hier das Abseilen trainiert.
Das Heft liegt zwischen alten Briefen, Akten und Computerbüchern ("BASIC lernen") in den seit vielen Jahren verlassenen Büroräumen des AKW. Im niederösterreichischen Zwentendorf ist nämlich niemals Strom durch Atom hergestellt worden. Die Brennstäbe waren zwar schon auf dem Gelände, wurden aber nie eingesetzt, da das fertig gebaute Kraftwerk 1978 per Volksentscheid gestoppt wurde. Zwentendorf ging nie ans Netz. Der Abriss wäre mit rund 200 Millionen Euro zu teuer gekommen. Also liegt der Arbeitsplatz für 200 Atomtechniker brach, seit Jahren. Teils noch intakte Technik wie Turbinen und Generatoren wird Stück für Stück in alle Welt verkauft, im AKW übt das Fachpersonal anderer Kraftwerke - und auch schon mal das von Greenpeace, das hier das Abseilen trainiert.
Die Geschichte mag fiktiv sein, die Gefahr aber ist sehr real: Das AKW Brunsbüttel liegt eine, Krümmel nur eine halbe Stunde von Hamburg entfernt. Und der Drehort in Zwentendorf ist baugleich mit diesen Reaktoren. Nur optisch musste die Realität der Fiktion angepasst werden. Glaubt man sich im Atomkraftwerk im Maschinenraum eines Containerfrachtschiffs, erinnert der Meiler von außen eher an eine Dosenfabrik. Digital bekam er eine Kuppel verpasst. Die Dreharbeiten im September 2010 fielen ziemlich genau in die Zeit, als die Bundesregierung die prinzipielle Verlängerung der Laufzeiten verkündete - das Drehbuch beweist hier fast prophetische Qualität, wenn der von Kai Wiesinger gespielte AKW-Chef freudestrahlend die Verlängerung verkündet. Drehbuchautorin Sarah Schnier, die schon den Sat.1-Quotenhit "Barfuß bis zum Hals" schrieb, hatte das Thema schon länger beschäftigt, ursprünglich war der Film für den 25. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 geplant. Die Aktualität der Ereignisse ließ Sender und Produzenten die Ausstrahlung vorziehen. Übrigens hätte der Stoff auch in einem öffentlich-rechtlichen Sender stattfinden können, dort sah man sich aber außerstande, in so kurzer Zeit ein solches Projekt zu stemmen. Vorteil Privatfernsehen.
"Restrisiko" ist de facto die erste Filmproduktion, die im AKW Zwentendorf gedreht wurde. Für Regisseur Egger und sein Team war der Drehort entscheidend: "Ich weiß nicht, wie wir es sonst gemacht hätten. Man hätte irrsinnig viel bauen müssen, und das wäre extrem schwierig geworden. Wir hatten ja nicht zehn Millionen Euro zur Verfügung..."
Mehr als zwei Millionen Euro haben die 26 Drehtage in Hamburg, Berlin und Zwentendorf gekostet, maßgebliche finanzielle Unterstützung kam aus Fördertöpfen verschiedener Filmfonds. Nettes Detail am Rande: Der österreichische Co-Produzent Kurt Stocker stand in den Siebzigerjahren in Zwentendorf auf der anderen Seite des Zauns: als Demonstrant.
Allein 45 000 Euro kostete die Miete des Atomkraftwerks. Bevor Zwentendorf gefunden wurde, hatte man auch über einen Dreh im (abgeschalteten) DDR-Kraftwerk Greifswald nachgedacht. Regisseur Egger erinnert sich nur ungern an den Ortstermin: "Wir mussten uns nackt ausziehen und Schutzkleidung tragen - das kann man keinem Filmteam zumuten. Als wir später wieder durch die Strahlenmessgeräte mussten, zeigten die zwar an, dass wir nicht verstrahlt waren, trotzdem ist das eine Erfahrung, die man nicht unbedingt haben will - und schon gar nicht öfter!"
Der Schere zum Opfer gefallen ist eine Szene aus dem Drehbuch, in der die flüchtige Sicherheitschefin durch die menschenleere Hamburger Innenstadt irrt und im Autoradio die Meldung hört, dass Fußballbundesligist FC St. Pauli wegen der notwendigen Verbannung vom verstrahlten Millerntor künftig seine Heimspiele in Bayern Münchens "Allianz Arena" austragen wird. Ein augenzwinkernder Gag mit Sinn fürs Detail. Die größte Pointe aber befindet sich auf dem Gelände hinter dem AKW. Auf der Größe eines Fußballfeldes befinden sich dort - Sonnenkollektoren. Wie als Beweis dafür, dass man hier doch sauberen Strom erzeugen kann..
Volker Bleeck
Restrisiko
DI 18.1. Sat.1 20.15 Uhr
Mehr als zwei Millionen Euro haben die 26 Drehtage in Hamburg, Berlin und Zwentendorf gekostet, maßgebliche finanzielle Unterstützung kam aus Fördertöpfen verschiedener Filmfonds. Nettes Detail am Rande: Der österreichische Co-Produzent Kurt Stocker stand in den Siebzigerjahren in Zwentendorf auf der anderen Seite des Zauns: als Demonstrant.
Allein 45 000 Euro kostete die Miete des Atomkraftwerks. Bevor Zwentendorf gefunden wurde, hatte man auch über einen Dreh im (abgeschalteten) DDR-Kraftwerk Greifswald nachgedacht. Regisseur Egger erinnert sich nur ungern an den Ortstermin: "Wir mussten uns nackt ausziehen und Schutzkleidung tragen - das kann man keinem Filmteam zumuten. Als wir später wieder durch die Strahlenmessgeräte mussten, zeigten die zwar an, dass wir nicht verstrahlt waren, trotzdem ist das eine Erfahrung, die man nicht unbedingt haben will - und schon gar nicht öfter!"
Der Schere zum Opfer gefallen ist eine Szene aus dem Drehbuch, in der die flüchtige Sicherheitschefin durch die menschenleere Hamburger Innenstadt irrt und im Autoradio die Meldung hört, dass Fußballbundesligist FC St. Pauli wegen der notwendigen Verbannung vom verstrahlten Millerntor künftig seine Heimspiele in Bayern Münchens "Allianz Arena" austragen wird. Ein augenzwinkernder Gag mit Sinn fürs Detail. Die größte Pointe aber befindet sich auf dem Gelände hinter dem AKW. Auf der Größe eines Fußballfeldes befinden sich dort - Sonnenkollektoren. Wie als Beweis dafür, dass man hier doch sauberen Strom erzeugen kann..
Volker Bleeck
Restrisiko
DI 18.1. Sat.1 20.15 Uhr