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Regina Ziegler und Ulrich Noethen über "Henri 4"

Er spielt König, sie herrscht

History im Großformat: Produzentin Regina Ziegler und Schauspieler Ulrich Noethen über ihr 19 Millionen Euro teures Historiendrama "Henri 4" (Kinostart: 4.3.2010)

Einen Film wie "Henri 4" stemmt auch die erfahrene Produzentin Regina Ziegler nicht alle Tage. Sieben Jahre dauerte es vom Erwerb der Rechte an der Vorlage von Heinrich Mann bis zum fertigen Historiendrama. Regisseur Jo Baier konnte für sein 19 Millionen Euro teures Spektakel über den Aufstieg des französischen Königs Henri IV, des ersten Humanisten auf dem Thron, aus dem Vollen schöpfen.

Die großen Schlachten des 16. Jahrhunderts zwischen Hugenotten und Katholiken ließ der Filmemacher im September 2008 mit Hunderten von Komparsen in der Tschechischen Republik noch einmal schlagen. Beim Dreh der Bartholomäusnacht, bekannt aus Patrice Chéreaus Spielfilm mit Isabelle Adjani, floss das Kunstblut in Strömen.

Die Hauptrollen der internationalen Produktion sind mit deutschen und französischen Stars besetzt, darunter Joachim Król, Devid Striesow und Hannelore Hoger. Alle aber überragt Ulrich Noethen als vom Wahnsinn umflorter König Karl IX., ein Vorgänger von Henri IV. TV SPIELFILM traf Regina Ziegler und Ulrich Noethen in Berlin zum Gespräch.

TV SPIELFILM Frau Ziegler, woher rührt Ihr
Interesse an Henri IV?


REGINA ZIEGLER Das ist eine lange Geschichte. Ich war kurz vorm Abitur. Ich quälte mich mit Latein und Griechisch, und als meine sehr kluge Mutter merkte, dass ich darüber depressiv wurde, gab sie mir zur Ablenkung einen Roman zu lesen: "Die Jugend des Königs Henri
Quatre" von Heinrich Mann.

Ein Sittenroman über Liebe, Lüge und Leidenschaft. Diese Lektüre habe ich nie vergessen. Und den Film wollte ich immer schon machen. Doch dazu brauchte man die Rechte. 2001 bekam ich vom Fischer Verlag die Nachricht, die Rechte für die Verfilmung seien frei geworden. Ich habe keine Sekunde gezögert, sie zu kaufen.

TV SPIELFILM Herr Noethen, kannten Sie die Romane von Heinrich Mann schon vor der Verfilmung?

ULRICH NOETHEN Ich hatte sie auch gelesen. Das muss während des Schauspielstudiums gewesen sein. Und ich fand beide Bücher ganz fantastisch, also auch den Roman über "Die Vollendung des Königs Henri Quatre". Als ich sehr viel später hörte, dass Jo Baier an dem Projekt dran sei, habe ich Interesse signalisiert. Etliche Jahre später hat mich der Regisseur angesprochen.

TV SPIELFILM Haben Sie sofort zugegriffen?

ULRICH NOETHEN Nein, denn ich war zunächst irritiert über die Rolle, weil König Karl IX. Mitte zwanzig ist und ich mehr als doppelt so alt. Aber ich habe mich schließlich überzeugen lassen.

REGINA ZIEGLER So wie Ulrich Noethen heute hätte im 16. Jahrhundert ein Mittzwanziger ausgesehen.
TV SPIELFILM Herr Noethen, König Karl IX. galt als verrückt. Wie versetzt sich ein Schauspieler in eine solche Person hinein?

ULRICH NOETHEN Jo Baier hat mir vorgemacht, wie ich spielen soll. Und ich war in einem Zustand, wo ich mir gesagt habe, es nützt jetzt nichts mehr, wenn ich versuchen wollte, meinen Charakter zu verstehen. Denn ich verstehe ihn nicht. Ich habe dann einfach gespielt.

TV SPIELFILM In der königlichen Familie
ticken ja einige ziemlich seltsam. Wie konnten sie trotzdem Frankreich regieren?


ULRICH NOETHEN Es waren ja nicht alle verrückt. Katharina von Medici agierte äußerst raffiniert und machtbewusst. Dass viele Leute am Hof gesponnen haben, würde ich nicht leugnen. Aber wahrscheinlich würden spätere Jahrhunderte über uns nicht viel gnädiger urteilen.

TV SPIELFILM Kämpfen die Menschen in "Henri 4" für ihre religiösen Überzeugungen, oder geht es nur um die Macht?

REGINA ZIEGLER Der Kampf um die Religion ist immer auch ein Kampf um die Macht. Die Macht über die Seelen. Und dies ist nun wirklich pure Aktualität. Henri IV kämpfte sein ganzes Leben für Glaubensfreiheit, Toleranz und Menschenliebe. Sehen Sie sich die Fälle an! Nordirland, Irak, Philippinen, Nine Eleven: Alle reden von Glauben, und sie meinen immer auch Macht. Heinrich Mann erzählt ein Menschheitsthema. Die Verwicklungen von Religion und Politik. Sie wiederholen sich. Sie erscheinen in immer neuen Kleidern, an immer neuen Orten, mit immer neuen Helden und Schurken

TV SPIELFILM Wer schaut sich einen Film
über einen unbekannten französischen König an?


REGINA ZIEGLER Wer schaut sich einen Film über einen unbekannten Indianerhäuptling an? Das werden wir sehen, und das wollen wir sehen. Richtig ist: Es gibt gefälligere Themen und nationalere gewiss auch. Und es ist sicher so, dass Heinrich Mann bei den Franzosen mehr Kredit hat als bei den Deutschen, die Thomas, den scheinbar großen Bruder, verehren. Aber hinter und über diesen Unterschieden sehe ich dann doch auch eine globale Sehnsucht nach religiöser Versöhnung, nach Erzählungen über eine solche Versöhnung, die nicht ein weicher Konformismus ist, sondern die eine harte Sache ist, die es ohne Kampf nicht gibt, die einem nicht in den Schoß fällt. Diese Sehnsucht gehört zum Kern des Romans. Diese Sehnsucht adressiert dieser Film. Ich hoffe, dass die Botschaft ankommt.

TV SPIELFILM Kinobesucher erwarten
Hollywood-Qualität. Können wir Europäer da mithalten?


REGINA ZIEGLER Den Soundtrack für
"Henri 4" haben Oscar-Preisträger Hans Zimmer und sein Kollege Henry Jackman komponiert. Die ersten Kritiken in den Fachblättern "Hollywood Reporter" und "Variety" loben nicht nur die Schauspieler, sondern auch die Kamera, den Szenenbildner, den Kostümdesigner und den Schnitt.

Rainer Unruh