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PURE MAGIE

Alles andere als farblos

Der unauffällige Mr. Crane
Der unauffällige Mr. Crane (MO, 28.5., Arte, 20.15 Uhr) ZDF / Roger Deakins

Tolle Dokus, großes Kino - am Pfingstmontag sendet Arte einen ganzen Tag lang in Schwarz-Weiß. Mit Opas Kino hat das aber nichts zu tun

Drei Golden Globes und zehn Oscars! The Artist war der Abräumer bei Hollywoods Filmpreisen 2012, ein in Schwarz-Weiß gedrehter Stummfilm aus Frankreich. Etwas ungewöhnlich sicher, aber längst nicht so erstaunlich, wie viele glauben mögen: Der Film war haushoher Favorit. Tatsächlich gab es in jüngster Vergangenheit immer wieder renommierte Regisseure, die auf Buntes verzichteten und dabei Besonderes schufen.

Unter dem Titel Schwarzweiss hat viele Farben spürt Arte am Pfingstmontag einen ganzen Tag lang der Magie von hell und dunkel nach, einer Farbwelt, die unsere Vorstellung von Vergangenem und Authentischem prägt.

Der Bund gegen bunt

Den Oscar-Preisträger 2012 hat Arte zwar nicht im Programm, aber mit Berlin. Die Sinfonie der Großstadt (10.50 Uhr) von 1927 als Auftakt ebenfalls ein herausragendes Kinoereignis und Zeitdokument - und einen Stummfilm. Danach wechseln Dokus mit experimentellen Kurzfilmen und großem Kino wie Der unauffällige Mr. Crane (20.15 Uhr), eine Film-noir-Variation der Coen-Brüder mit Billy Bob Thornton und Scarlett Johansson von 2001.

Fest steht, Schwarz-Weiß ist nicht von gestern. Während das Mainstreamkino mit 3D aufs Spektakel setzt, generieren innovative Filmer ihre Effekte aus der Reduktion. Sie machen einfach weniger. "Fundamental weniger", so Michael Haneke, dessen Drama Das weiße Band die karge Atmosphäre in einem norddeutschen Dorf vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs stimmungsgerecht bebilderte. Es sind Filme
voller Melodramatik, innerer Zerreißproben, sozialer Härte und Gegensätze, die im S-W-Material ihre Ausdrucksform finden. Schwarz-Weiß will begründet sein, "ansonsten ist es einfach nur manieriert oder der Wunsch, interessant zu sein", sagt Haneke.

Farbiger als Technicolor

Nicht nur im Film, auch in der Malerei und in der Mode ist der bewusste Verzicht auf Farben und die Verwendung von Schwarz-Weiß auch als Symbol des Widerparts oft unabdingbar, wie die Arte-Doku Alles kommt aus dem Schwarz und verliert sich im Weiß (13.35 Uhr) zeigt. Für Modemacher Karl Lagerfeld beispielsweise stehen Schwarz und Weiß für Noblesse und Eleganz, weswegen er seine Kollektionen entsprechend fotografiert. Außerdem heißt ein Klassiker der Frauengarderobe nicht umsonst "das kleine Schwarze".

Eindringlicher Höhepunkt des Thementages ist die Doku Let's get lost (22.10 Uhr) über den Musiker Chet Baker, der im Mai 1988 starb. Der
Fotograf und Regisseur hat den exzessiven Lebensstil des coolen Jazzgenies während seines letzten Lebensjahres bewegend in Schwarz-Weiß-Fotografie festgehalten.

Übrigens, in England forderten Kinobesucher bei den ersten Vorstellungen von "The Artist" ihren Eintritt zurück. Was ihnen entgangen ist: komische Momente und dramatische Wendungen in einer berauschenden Liebesgeschichte, die in vieler Hinsicht farbiger ist als Technicolor.

Heiko Schulze

Thementag: Schwarzweiss hat viele Farben
MO 28.5. ARTE ab 10.50 Uhr

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