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Lothar Matthäus

Der Mann, der sich selbst im Weg steht

Ausnahmefußballer Lothar Matthäus will sein Image als Witzfigur korrigieren - auf Vox (SO, 1.7.)

Lothar Matthäus schwitzt, sein weißes T-Shirt klebt am Waschbrettbauch. Genau wie damals auf dem Fußballplatz, als der gebürtige Franke seinen Platz in der Welt noch sicher hatte. Den des Ausnahmefußballers nämlich, was er zwar zu oft, aber völlig zu Recht betont.

"Ich war Weltmeister, Europameister, mehrfach deutscher Meister, zweimal deutscher Fußballer des Jahres, Weltfußballer des Jahres 1990 und 1991 und bin mit 150 Länderspielen immer noch der Rekordnationalspieler. Ich bin, mit Franz Beckenbauer zusammen, der bekannteste Fußballer Deutschlands. Im Ausland zählt das was."

Jetzt mit eigener Dokusoap

Ganz anders in Deutschland. Hier heißt er allenthalben nur Loddar, und seine sportlichen Erfolge sind nahezu in Vergessenheit geraten. Denn der Mann, der von sich gern in der dritten Person spricht ("ein Lothar Matthäus"), macht vornehmlich mit seinem Privatleben Schlagzeilen.

Vier gescheiterte Ehen (die Angetrauten hießen Silvia, Lolita, Marijana und Liliana) lieferten den Boulevardblättern jahrelang Stoff für Schlagzeilen, und Lothar Matthäus, der auch mit 51 Jahren schneller spricht, als er denken kann, fachte mit unbedachten Interviews das Feuer stets noch an.

"In Deutschland ist mein Image in den letzten Jahren zu viel durch private Schlagzeilen bestimmt gewesen. Daran bin ich sicher nicht ganz unschuldig, und meine Exfrau­en auch nicht." Doch weil "ein Lothar Matthäus" Niederlagen nicht kampflos hinnimmt, hat er sich eine Maßnahme erdacht, um sein ramponiertes Ansehen aufzupolieren.

Eine Dokusoap soll's richten, für die sich Mat­thäus und seine Freundin Joanna monatelang mit der Kamera im Alltag begleiten ließen. In diesem Fall heißt das: Shoppen in New York, Übernehmen einer Minirolle in der RTL-Serie "Alarm für Cobra 11" oder Skilaufen in Zermatt. "Ich spreche keine geschriebenen Texte, und ich brauche auch kein Drehbuch. Ich bin das Drehbuch.

Am liebsten hätte ich die Kamera 24 Stunden dabei, denn bei mir passiert immer was", sagt er allen Ernstes. Und: "Vielleicht bekommen die Menschen durch diese Sendung jetzt einen anderen Eindruck von mir."

Seine Joanna lernt kochen

Aus reinen Imagegründen also steht der Mann, dicke Schweißperlen auf der hochroten Stirn, jetzt gerade in einem Kochstudio, das sein alter Spezl Alfons Schuhbeck in bester Münchner Innenstadtlage führt. Dort soll Joanna heute kochen lernen.

Doch bevor es so weit ist, muss sich Matthäus erst mal aufregen. Eine halbe Stunde habe er vergebens im Hotel Vier Jahreszeiten aufs TV-Team gewartet, das ihn und Joanna abholen wollte. Dann seien sie die dreihundert Meter zu Fuß herübergegangen, denn "ein Lothar Matthäus hält sein Wort". Leider nur hält er nicht auch mal die Klappe.

Während Joanna unter Anleitung eines engelsgeduldigen Schuhbeck für ihren Liebsten Mozzarellasalat, Filetsteak mit Gemüse und Obstsalat zaubert, labert Lothar, ohne Luft zu holen. Das Menü verputzt er quasi ne­ben­bei: "Schmeckt ausgezeichnet. Aber ich hoffe, dass ich, wenn ich damit fertig bin, immer noch am Leben bin." Weltmännisch will er sich mit solchen Großspurigkeiten geben, unerschütterlich glaubt er an das Interessante in sich selbst.

Was aber, wenn es für die Dokusoap doch wieder nur Häme gib? Ihm mache das nix aus, behauptet er. "Das Einzige, was mich ärgert, ist, dass die Journalisten nicht darüber nachdenken, was es für meine Familie bedeutet, wenn ich mal wieder in den Schlagzeilen stehe. Meine Eltern sind über 80, die leben in ihrer kleinen Welt, für die ist das furcht­bar, wenn ihr Sohn zur Witz­figur gemacht oder sein Privatleben zur öffentlichen Angelegenheit gemacht wird."

Verständlich. Aber unvermeidlich, wenn der Sohnemann sich selbst immer wieder ohne Not ans Messer liefert.

Susanne Sturm
Lothar - immer am Ball
SO 24.6. Vox 23.15 Uhr