Sie ist kein Star, der sich ins Rampenlicht drängt. Laura Linney ist eine von den Schauspielerinnen, die erst gründlich ihr Handwerk lernen, bevor sie vor die Kamera treten. Die Tochter eines Broadway-Autors war bereits 28, als sie an der Seite von Nick Nolte und Susan Sarandon in dem Drama "Lorenzos Öl" erstmals auf sich aufmerksam machte.

Heute kann die 47-Jährige auf drei Oscar-Nominierungen zurückblicken, darunter die für die beste Nebenrolle in "Kinsey - Die Wahrheit über Sex". Und seit Anfang des Jahres darf sie sich über einen Golden Globe freuen. Den Preis als beste Seriendarstellerin erhielt sie für "The Big C", wo sie eine Frau spielt, die an Krebs erkrankt und der ihr Arzt noch 18 Monate gibt.

Das Besondere an der "Cancer Comedy" ist, dass Cathy nach der Diagnose nicht resigniert, sondern auflebt. Die Frau macht das, was sie schon immer machen wollte, aber sich bislang nicht getraut hat. Sie wirft ihren Mann (Oliver Platt) aus dem Haus und bringt ihrem Sohn Manieren bei.

"Sex and the City"-Star Cynthia Nixon taucht als Cathys Freundin auf, Liam Neeson ("Schindlers Liste") hat eine Gastrolle.

TV SPIELFILM: Darf man über Krebs lachen?

LAURA LINNEY Wir lachen nicht über die Krankheit, sondern darüber, welche Reaktionen sie bei Cathy auslöst. Sie fängt endlich an zu leben. Sie hat jahrelang ihre Rollen als Mutter, Ehefrau und Lehrerin perfekt ausgefüllt - aber dabei total vergessen, wer sie selbst ist. "The Big C" ist zwar eine Sitcom, aber sie behandelt ernste und wichtige Themen: Wie verbringen wir unsere Zeit? Und was macht die Zeit mit uns? Ich habe gelernt, dass es ein Privileg ist, altern zu dürfen.

Das hört man nicht oft von Hollywood-Schauspielern ...

LAURA LINNEY Natürlich hat das Altern auch negative Seiten, keine Frage. Aber Schauspieler, die ständig darüber jammern und sich über ihre Falten beschweren, finde ich einfach schrecklich. Ich habe nicht vor, mich unters Messer zu legen oder mir Botox spritzen zu lassen.

Sie sind mit John B. Hickey, der Cathys Bruder spielt, befreundet. Ist das ein Vorteil?

LAURA LINNEY Als Darstellerin und Produzentin der Serie verbringe ich im Durchschnitt 14 bis 15 Stunden täglich am Set, das geht an die Substanz, da kann man einen Freund gut gebrauchen. Ich kann mich rein zeitlich nicht um alle produktionstechnischen Dinge kümmern, aber ich habe zum Beispiel Einfluss auf die grobe Handlung, das Casting und die Organisation des täglichen Drehs. Man kann sich kaum vorstellen, wie viele Probleme es jeden Tag zu lösen gibt.

Viele Krebspatienten fürchten sich mehr vor der Reaktion ihrer Familie als vor der ärztlichen Diagnose ...

LAURA LINNEY Das ist richtig - und der Hauptgrund dafür, dass Cathy am Anfang niemanden von ihrer Krankheit erzählt. Sie weiß genau, dass ihr Mann und ihr Sohn hysterisch würden. Und dann wird sie es sein, die sich um die beiden kümmern muss. Mal wieder!

Ihr Vater ist gerade an Krebs gestorben. Machte es das für Sie schwerer, eine krebskranke Frau zu spielen?

LAURA LINNEY Es wäre übertrieben zu sagen, dass die Serie mir geholfen hat, seinen Tod zu akzeptieren. Aber sie hat mir geholfen, mit seiner Krankheit umzugehen. Und ich habe gelernt, mich mit meiner eigenen Sterblichkeit zu beschäftigen. Je weniger Angst wir vor dem Sterben haben, desto besser. Es tut natürlich immer weh, wenn jemand geht. Aber mein Vater wurde 80, er hatte ein reiches und erfülltes Leben. Er hat nicht lange gelitten. Wenn ich höre, dass jemand mit 93 starb, dann möchte ich am liebsten losklatschen. Das ist doch toll, 93! Freut euch!

Tina Werkmann