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Kalkofe trifft Vince Gilligan zu "Breaking Bad"

Am Ende des Weges

Zum Ende der US-Kultserie "Breaking Bad" (mittwochs auf AXN) trifft TV-Spezialist (und Fan) Oliver Kalkofe den Serienerfinder Vince Gilligan

Zum Abschied gab es Crystal Meth. "Breaking Bad"-Erfinder Vince Gilligan hatte extra kleine Tütchen mit dem blauen Stoff nach Berlin mitgebracht, zum Gespräch mit TV SPIELFILM-Kolumnist und "Breaking Bad"-Riesenfan Oliver Kalkofe. Hauptthema war natürlich: Das Ende von Walter White.
Foto: V. Bleeck, Gipfeltreffen: Oliver Kalkofe (l.) trifft "Breaking Bad"-Erfinder Vince Gilligan in Berlin
OLIVER KALKOFE Was war der schrägste Versuch, Sie dazu zu bringen, das Ende zu verraten? Gab es bereits unmoralische Angebote?

VINCE GILLIGAN
(lacht) Bislang nicht unmoralisch genug! Tatsächlich ist das Interessante, dass diesmal niemand vorher wissen will, wie's ausgeht. In den vorigen Staffeln, gab es immer jemand, der meinte: Komm, verrat mir was. Aber in diesem Jahr hieß es nur: Sag bitte nichts. Bevor ich überhaupt den Mund aufmachen konnte, um einen Witz zu reißen - ich würde ja nie was verraten -, schrien sie mich regelrecht an: ICH WILL'S GAR NICHT WISSEN!

OLIVER KALKOFE Wie viele Leute kennen das Ende, und wie verhindern Sie, dass doch noch etwas durchsickert?

VINCE GILLIGAN
Bestimmt an die zweihundert, die daran mitgearbeitet haben. Ein Teil von mir ist selbst erstaunt, dass es immer noch geheim geblieben ist. Aber die einfachste Antwort auf Ihre Frage ist: Die Leute wollen den TV-Zuschauern nicht den Spaß verderben, daher halten sie dicht.

>>> "BREAKING BAD" im TV
OLIVER KALKOFE Gab es denn irgendwelche Ideen, die Sie verworfen haben?

VINCE GILLIGAN
Ich hatte bestimmt dutzende, wenn nicht hundert Varianten im Kopf. Aber ich verrate Ihnen etwas aus der letzten Staffel: Da haben wir sehr lange mit der Idee gespielt, die Figur der Marie aus Furcht jemanden durch die Haustür erschießen zu lassen - und dann ist es der Postbote! (lacht) Haben wir dann doch nicht gemacht. Der Schriftsteller William Faulkner hat dieses Prinzip als "Kill your darlings" bezeichnet: Manchmal muss man sich von Lieblingsideen verabschieden.

OLIVER KALKOFE Hatten Sie von Anfang an eine Art Plan, wie die ganze Geschichte verlaufen würde?

VINCE GILLIGAN
Nein, ich hatte keinen Plan. Ich wusste ja nicht einmal, wie viele Episoden es werden würden. Am Anfang dachte ich, dass wir drei Staffeln schaffen, vielleicht vier.

OLIVER KALKOFE Und wann, war Ihnen klar, dass Schluss sein müsste?

VINCE GILLIGAN
Ende der vierten Staffel. Ich hab mit meinen sechs Autoren wochenlang diskutiert, wie lange es noch weiter gehen könnte, und schließlich kamen wir auf sechzehn Episoden, um alles zu einem guten Abschluss zu bringen.

OLIVER KALKOFE Immerhin konnten Sie das, es gibt ja etliche Serie, die einfach mit einem Cliffhanger enden und nicht fortgeführt werden...

VINCE GILLIGAN
Absolut, das ist sehr frustrierend. Wenn Sie sich die letzte Folge der vierten Staffel genau ansehen, werden Sie merken, dass sie außerordentlich dramatisch ist und einen gewissen Abschlusscharakter hat. Ganz einfach, weil ich dachte, dass der Sender uns nicht für eine fünfte Staffel verlängern würde.
OLIVER KALKOFE Stand die Besetzung gleich fest? Oder können Sie uns etwa den Namen eines unglückseligen Schauspielers verraten, der die Rolle des Walt abgelehnt hat?

VINCE GILLIGAN
(lacht) Ich würde Ihnen gerne saftige Stories erzählen, aber wir hatten das Glück, immer unsere erste Wahl bekommen zu haben. Das Drehbuch hatte ich Bryan Cranston auf den Leib geschrieben, wir kannten uns von "Akte X". Aber es gab eine Produzentin beim Sender, die ein Problem mit Aaron Paul als Jesse hatte. Sie fand ihn zu attraktiv.

OLIVER KALKOFE Und das war ein Problem?

VINCE GILLIGAN
Offenbar. Ich fragte sie, ob sie ihn für einen guten Schauspieler halte. Sie meinte, ja. Damit war die Sache für mich erledigt.

OLIVER KALKOFE Woher kam die Figur des Walt? Hatten Sie solch einen Lehrer?

VINCE GILLIGAN
Ich geb es nur ungern zu, aber es ist sehr viel von mir selbst in Walt. Ich wurde 40, als ich die Geschichte entwickelte, und dachte damals viel über Dinge wie Midlife crisis nach. Rückblickend ist die Serie eigentlich die Geschichte eines Mannes mit der schlimmsten Midlife crisis seines Lebens! Eigentlich nicht mal "midlife", es ist ja eher das Ende.

Aufgezeichnet von Volker Bleeck