Während "Wetten, dass...?" gerade beerdigt wird, gräbt man woanders fast vergessene Showformate wieder aus. Nach "Das ist Spitze!", einem Remake des ZDF-Dinos "Dalli Dalli", mit Kai Pflaume (ARD) und einer Wiederaufführung von "Geld oder Liebe" mit Jürgen von Lippe (WDR) moderiert Jörg Pilawa jetzt eine Neuauflage von "Am laufenden Band", der legendären Show des 2006 verstorbenen Rudi Carrell, im NDR.

TV SPIELFILM: Was hat Sie an der Carrell-Show gereizt?

Jörg Pilawa Der Anlass ist der 80. Geburtstag von Rudi Carrell und dass es 40 Jahre her ist, als die erste Sendung übern Schirm ging. Wir wollen aber nicht nur herausarbeiten, was das Besondere an "Am laufenden Band" war, sondern auch, wie es ins Heute und Jetzt passt.
Sie benutzen den original Korbstuhl, auf dem Kandidaten damals Platz nahmen.

Jörg Pilawa Ich war bei Rudi Carrells Tochter, weil ich wissen wollte, ob es ihr überhaupt recht ist, dass wir das machen. Da stand der Korbstuhl rum, ein Relikt, das jedem sofort zur Show einfällt, neben dem laufenden Band und dem Würfel mit dem Fragezeichen. Damit sparen wir Gebührengelder und haben auch noch ein bisschen Nostalgie.

Sie haben kürzlich mit "EWG - Einer wird gewinnen" eine Show aus den 1960er-Jahren reanimiert. War früher alles besser?

Jörg Pilawa Nee, es war definitiv nicht besser, es war total anders. Aber wir haben schöne Erinnerungen. Ich besitze eine alte Ente, einen Citroën 2CV, wenn ich damit durch die Straßen fahre, freuen sich die Leute, so ein altes Auto zu sehen. Aber keiner von denen hätte wohl Lust, heute damit nach Süditalien zu fahren. So ist das mit dem Fernsehen auch.

Die Erinnerung täuscht also?

Jörg Pilawa Es war viel langsamer und in vielerlei Hinsicht unspektakulärer, vom Bühnenbild her, Licht, Design, Sound. Das kann man nicht eins zu eins ins Jetzt übertragen. Deshalb mache ich diese Show-Relaunches auch nur als Einmalevents.

Nostalgie ist kein Konzept. Warum tut sich das Showgeschäft so schwer?

Jörg Pilawa Weil die Zuschauerschaft nicht mehr so homogen ist, wie sie früher zwangsläufig einmal war. Hätte ich als 15-Jähriger mit meinen Eltern die Samstagabendshow geguckt, wenn wir drei Fernseher, eine Playstation und Internet gehabt hätten? Fand das nicht auch deshalb statt, weil es nichts anderes gab? Jetzt brennt am Samstagabend nicht mehr nur ein Lagerfeuer zuhause, sondern zeitgleich vielleicht sechs oder sieben. Eine Show, die wirklich alle anspricht, wird es definitiv nicht mehr geben.

Wie soll man darauf reagieren?

Jörg Pilawa Wir müssen bei der Entwicklung schauen, wen können wir mit dieser Show an diesem Tag wirklich erreichen? Und, klar, es werden immer die laut aufschreien, die wir eben nicht erreicht haben.

Gibt es eine Show für die Ewigkeit?

Jörg Pilawa Es gibt Shows, die lange funktionieren. "Wer wird Millionär?" ist seit 15 Jahren erfolgreich und könnte noch mal so lange laufen. Das Erfolgsrezept solcher Shows ist, dass sie unglaublich einfach sind, sich nicht so viel am Zeitgeist bedienen. Hier mal eine App etc., das bringt nichts. Eine gute Show ist immer eine einfache Show. Das war bei "EWG" damals so, bei "Am laufenden Band" und bei "Wetten, dass...?".

Könnte es sein, dass Sie der Nächste bei "Wetten, dass...?" werden?

Jörg Pilawa Nein, ausgeschlossen.

Warum? Vielleicht kommt ja ein anderer Sender, der die Show reanimieren möchte, und fragt bei Ihnen an.

Jörg Pilawa Da kann man nie Nie sagen. Aber weil "Wetten, dass...?" eine derart starke Marke ist, mag ich noch gar nicht an das endgültige Ende glauben. Eine gute Marke gibt man nicht für immer und ewig auf.

Heiko Schulze

Am laufenden Band
MO 22.12. NDR 20.15 Uhr