Schauspieler wie ihn gibt es viele, oder? Vin Diesel fällt einem sofort ein oder der ehemalige Wrestler Dwayne "The Rock" Johnson. Doch die Bezeichnung Actionheld scheint für sie eher ein Schimpfwort zu sein. Diesel versuchte als "Babynator", mit seinem Image zu brechen, während sich "The Rock" in "Daddy ohne Plan" als Softie präsentierte.

Jason Statham ist anders. Der Engländer hat kein Problem damit, in eine Nische gedrängt zu werden. Er dreht fleißig einen Actionstreifen nach dem anderen und gibt seinen zahlreichen Fans genau das, was sie verlangen. Wo Statham draufsteht, ist auch Statham drin.

Sicher eine altmodische Haltung, aber auch eine mit großer Tradition. In den 80er-Jahren gab es gleich ein halbes Dutzend Schauspieler vom Kaliber eines Statham. Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger und Bruce Willis erreichten so Weltruhm, Jean-Claude Van Damme und Charles Bronson wurden zu Helden der Videothek, und selbst ein Michael Dudikoff konnte gut von seinem Label als B-Movie-Actionstar leben.

Wenn Jason Statham also sagt: "Mir ist es lieber, die Leute nennen mich einen Actionhelden als ein Arschloch", ist das nicht nur eine unterhaltsame Schlagzeile, sondern auch erfrischend ehrlich und authen­tisch. Ganz wie sein erster Auftritt als Schauspieler in Guy Ritchies "Bube, Dame, König, grAs".

Vom Sport- zum Filmstar

Dort verkauft er auf den Straßen Londons im Stile eines Marktschreiers Hehlerware. Eine Rolle, die er nicht nur wegen seiner markanten Physiognomie, sondern vor allem wegen seiner Biografie erhielt. Viele Jahre lang verdiente sich Statham genau so seinen Lebensunterhalt: Als Straßenhändler verkaufte er billigen Schmuck und geklaute Parfüms. Der Wechsel ins Filmgeschäft - ohne eine einzige Stunde Schauspielunterricht - war ein Sprung ins kalte Wasser. Wie gut, dass sich der inzwischen 51-Jährige damit bestens auskennt.

Mit 15 Jahren entdeckte Statham seine Leidenschaft fürs Turmspringen, arbeitete sich schnell in das britische Nationalteam vor und gehörte zu den besten zwölf Springern der Welt. Zwar schaffte er es nicht zu den Olympischen Spielen, doch das lag weniger an seinem Talent als an seiner Arbeitseinstellung. "Ich war nie engagiert genug, für mich war es ein Hobby. Ich reiste in einem britischen Trainingsanzug um die Welt und hüpfte mit russischen Mädchen ins Bett", erzählte er mal der Los Angeles Times. Verschwendet war die Zeit als Profisportler jedoch nicht, denn so erhielt er die athletischen Grundfähigkeiten, die ihn heute zu einem gefragten Actiondarsteller machen. "Ich habe mein ganzes Leben lang trainiert. Ich kann meine eigenen Kämpfe machen, während andere auf die Hilfe von Stuntmen angewiesen sind", so Statham. "Dadurch habe ich eine Marktlücke besetzt, in die kein anderer so schnell stoßen kann."

Und die weiß der kantige Mann mit dem glatt rasierten Schädel so gut zu nutzen wie kaum ein anderer. Mit "Transporter" und "Crank" prägt er gleich zwei Filmreihen, die zwar im Kino nur solide liefen, aber auf DVD ein echter Renner sind.

Statham steht für Testosteron

Aktuell ist er in dem Hai-Horror "Meg" zu sehen - auch wenn Statham zuletzt zugeben musste, dass er den Film deutlich brutaler erwartet hätte. "Wo ist das verdammte Blut?", fragte der Action gewohnte Darsteller im Gespräch mit dem US-Magazin Collider provokant.

Als einer der letzten Actionhelden gegenwärtiger Blockbuster-Produktionen ist er Blut eben gewohnt. Spätestens seitdem ihn der Urvater aller Haudraufstars, Sylvester Stallone, für den All-Star-Actionepos "The Expendables" engagierte, steht Statham in einer Reihe mit Bruce Willis, Arnold Schwarzenegger, Jet Li, Mickey Rourke, Dolph Lundgren und natürlich Sly persönlich. Die größte Testosteron-Ansammlung, die das Kino je gesehen hat - und mittendrin der ehemalige Turmspinger aus dem englischen Sydenham.

Seit nunmehr 20 Jahren dreht Statham ausdauernd Actionfilme. Wie sagte der "Transporter"-Produzent Steve Chasman einst? "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jason damit aufhört und Shakespeare-Filme dreht." Und wenn er doch mal Abwechslung sucht, dann dreht er Semi-Action-Produktionen wie den Heist-Movie "Bank Job" (2008) oder spricht Rollen in Animationsfilmen wie "Gnomeo und Julia" (2011).

Die Devise: Niemals aufgeben

Denn auch das ist Jason Statham: Ein Star ohne Allüren. Seit einigen Jahren erst lebt er in Los Angeles, doch immer wieder ist zu hören, dass er dort keinesfalls den Star raushängen lässt. "Ein britischer Gentleman ist und bleibt ein britischer Gentleman - höflich, pünktlich, untadelig." schrieb kürzlich das GQ-Magazin nach einem Treffen mit dem Schauspieler. Man mag es kaum glauben: In Filmen gibt er das Muskelpaket, das wie Deckard Shaw in der "Fast & Furious"-Reihe nur ein Minimum an Text aufsagen muss, aber privat zeigt sich Statham durchaus auskunftsfreudig. "Ich habe das Gefühl, in mir schlummert noch Potenzial, und das Beste kommt noch", beschwört Statham gegenüber der GQ seine Karriereziele.

Dass ihm trotz Kraft, Charme und Charisma die Darstellung einer wirklich tiefgründigen Charakterrolle bislang verwehrt blieb, ist jedenfalls verwunderlich. Doch wie es sich für einen Haudegen alter Schule gehört, gibt Statham nie auf. Im Gegenteil. Sein Mantra stammt aus der Schwarzenegger-Doku "Pumping Iron": "Der Wolf, der den Berg hinaufklettert, ist immer hungriger als der Wolf, der schon oben ist." Nur konsequent, dass sich Statham nach neuen Möglichkeiten umschaut. Wer all seine Stunts selbst ausführt, darf nicht darauf hoffen, dass die Knochen noch zwanzig Jahre mitmachen.

Für Jason Statham sollte das im Grunde kein Problem sein: Vor seiner Filmkarriere hat er nicht nur als Sportler und Straßenverkäufer Geld verdient, sondern auch als Model. Er lieferte Katalogbilder für Adidas, Timberland und Lacoste oder ließ sich für große Kampagnen von Tommy Hilfiger und Levis ablichten - heute ist er mit dem britischen Topmodel Rosie Huntington-Whiteley liiert. Die Eleganz der alten Modeltage könnte ihm in Kombination mit seinem britischen Taktgefühl sicherlich noch einige interessante Rollenangebote einbringen. Fern von seinem Action-Image.