Sensibel, ernst, emotional - diese Begriffe brachte man bis vor Kurzem kaum mit Dieter Hallervorden in Verbindung. Der Theatermacher, Kabarettist, Komiker und Schauspieler, der das Fernsehen die Achtzigerjahre hindurch als "Didi" mit seinem Klamaukhumor prägte, machte mit der Charakterrolle in "Sein letztes Rennen" (läuft am 25.9. auf Arte) 2013 von sich reden.

Dem Auftritt als Marathonläufer folgte 2014 der Til-Schweiger-Film "Honig im Kopf", in dem Hallervorden einen Alzheimerkranken spielt. Mit sieben Millionen Zuschauern gehört er zu den fünf erfolgreichsten deutschen Filmen aller Zeiten. Am Ausstrahlungstag des TV-Films "Chuzpe" feiert das Multitalent seinen 80. Geburtstag.

In "Chuzpe" spielen Sie einen unerschütterlichen Optimisten, der auch als alter Mensch noch große Pläne hat. Einer wie Sie?

DIETER HALLERVORDEN Meine Figur Edek denkt, dass das Leben erst dann zu Ende ist, wenn man mehr Freude an der Vergangenheit hat als an der Zukunft. Edek freut sich auf die Zukunft. Der ist ein Kämpfertyp, und ich glaube behaupten zu können, dass ich das auch bin.
Wann mussten Sie kämpfen?

DIETER HALLERVORDEN Zum Beispiel als ich 1960 das Kabaretttheater "Die Wühlmäuse" gegründet habe. Wir mussten anderthalb Jahre für nur 20 Zuschauer spielen. Ich wusste, ich muss durchhalten. Irgendwann kommen die Leute. Und das war auch so.

Sind Sie besonders gut, wenn Sie viel Freiraum haben oder mit einem starken Regisseur?

DIETER HALLERVORDEN Bei "Sein letztes Rennen", dem Film meines Lebens, wusste ich, so eine Chance bekomme ich nie wieder. Das war die Möglichkeit, ins Charakterfach zu kommen. Und dann lasse ich mich auch gern führen. Regisseur Kilian Riedhof ist zudem ein hochintelligenter Mann.

Sie haben zu Beginn Ihrer TV-Karriere in ernsten Filmen wie "Das Millionenspiel" (1970) mitgewirkt. Dann wurde es lustig.

DIETER HALLERVORDEN Erst kam "Abamakabra", eine satirische Sendung, danach ging es los mit "Nonstop Nonsens" und der Didi-Figur. Ich habe aber irgendwann gemerkt, dass Fernsehredakteure mich ausschließlich auf der Didi-Schiene halten wollen. Einfach auspressen, bis es keiner mehr sehen will. Also bin ich rechtzeitig abgesprungen.

Die Achtziger hindurch war aber nur Klamauk.

DIETER HALLERVORDEN Klamauk klingt so abwertend. Es war eben Nonsens-Komik. Es ist unglaublich schwer, komisch zu sein. Das wird aber in Deutschland leider weitgehend unterschätzt.

Sie hatten manchmal Einschaltquoten von fünfzig Prozent. Das Publikum hat Sie doch geliebt.

DIETER HALLERVORDEN Jedenfalls stand ich mit Filmen wie "Didi und die Rache der Enterbten" in den Kinos gegen sehr starke amerikanische Konkurrenz wochenlang auf Nummer eins.

Sie waren als Didi sehr erfolgreich. Eigentlich hätten Sie aber gern Charakterrollen gespielt?

DIETER HALLERVORDEN Ich kann ja nur spielen, was man mich spielen lässt. Ich musste außerdem einen Kredit von 250 000 Mark für mein Kabaretttheater abzahlen. Der "Didi" ermöglichte mir das und hat das Portemonnaie außerdem so gut gefüllt, dass ich das Berliner Schlossparktheater auf eigene Kosten renovieren und 2009 wiedereröffnen konnte.

Stört es Sie eigentlich, dass Sie immer noch auf Didi angesprochen werden?

DIETER HALLERVORDEN Nein. Allerdings ärgert mich allmählich, dass ich seit drei Jahren in jedem Interview sagen muss: Ich bereue es keineswegs, ihn erschaffen zu haben. Aber ich habe keine Lust, ihn ewig zu spielen. Ich esse sehr gern Kohlrouladen. Aber nicht 30 Tage im Monat.

Was haben Sie in Zukunft vor?

DIETER HALLERVORDEN Ich werde weiter Spaß daran haben, älter zu werden. Und weiter die Schauspielkarriere meines 16-jährigen Sohns Johannes verfolgen. Der ist mit der Kinderserie "Binny und der Geist" sehr erfolgreich.

Frank I. Aures

Chuzpe - Klops braucht der Mensch
SA 5.9. ARD 20.15 Uhr

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