Lange Zeit war in der "Tatort"-Provinz Niedersachsen nichts los. Jetzt feiert Maria Furtwängler ein spektakuläres Comeback als LKA-Ermittlerin Charlotte Lindholm. Die auch formal ungewöhnliche Folge Tatort: Der sanfte Tod - Buch und Regie: Grimme-Preisträger Alexander Adolph - erzählt einen merkwürdigen Fall im sogenannten "Schweinegürtel".

Zwei Jahre ohne Kommissarin Lindholm - wurde Zeit, oder?

Maria Furtwängler Unbedingt.

Warum die lange Auszeit?

Wir wollten im April vergangenen Jahres drehen, sind aber mit dem Buch nicht fertig geworden. Im September haben wir, Christian Granderath (NDR-Fernsehfilmchef) und ich, dann gesagt: "Let's call it a day", das kriegen wir nicht mehr hin.

Wo lag das Problem?

Ich hatte mir etwas in den Kopf gesetzt. Ich wollte es anders machen, etwas Komödiantisches probieren. Aber daran sind wir zusammen mit den Autoren gescheitert.

Wieviel Mitsprache gestatten Sie sich bei den Stoffen?

Ich sage mittlerweile nur noch ganz wenig (lacht). Ich habe dazugelernt, auch im Umgang mit Autoren. Es geht nicht um meine Fantasien, sondern vielmehr darum, die Fantasie des Autoren zu verstehen und dann zu schauen, wie ich das umsetzen kann.

Sie wollten selber ein Drehbuch schreiben. Haben Sie?

Ja, und ich finde es nicht gut.Aber es war gut, das selber einmal zu probieren. Ich habe aber trotzdem noch viele, gute Ideen, in aller Bescheidenheit (lacht).

Sie kämpfen für Ihre Kommissarin Lindholm. Lohnt es sich?

Nachdem ich vor drei Jahren in einer richtigen Tatort-Krise steckte, spüre ich heute eine gewisse Verantwortung den Zuschauern gegenüber, auch wenn das jetzt pathetisch klingt. Ich habe gemerkt, es gibt da Leute, die die wirklich mögen, diese einsame, ja manchmal verlorene Frau, die für eine bessere Welt kämpft und nicht aufgibt.

Das war nicht der einzige Grund für Ihr Comeback, oder?

Nein, ich wollte unbedingt mit Alexander Adolph drehen. Er arbeitet unglaublich klug und fein. Wie er Szenen montiert und das unheimlich Unheimliche mit einer skurrilen Fröhlichkeit kontrastiert ...

... dürfte einige Lindholm-Fans überraschen. Wie wichtig ist Ihnen die Quote? Sie belegen im Tatort-Ermittler-Ranking immer noch Platz drei.

Wer ist denn der Zweite?

Auf Münster folgt Til Schweiger als Nick Tschiller in Hamburg.

Ach, die Quote war mir in den ersten Jahren wichtig. Wenn man anfängt, fragt man sich: Mögen dich die Zuschauer? Und dann, wenn es richtig gut läuft: Bleibt es auch dabei? Inzwischen bin ich erheblich entspannter und mehr darauf aus, einen tollen Film zu machen. Ob der dann neun oder zehn oder achteinhalb Millionen Zuschauer hat, ist nicht mehr spielentscheidend.

Sie haben in Ihrer Auszeit nicht Nichts gemacht, sondern Theater gespielt, Workshops im Ausland besucht ...

... man könnte auch sagen: Fortbildung betrieben.

Welche Auswirkungen hat all das auf Ihre Arbeit, Ihr Selbstbewusstsein als Schauspielerin?

Ich habe heute vielleicht ein größere Leichtigkeit im Spielen, eine größere Leichtigkeit zu einer größeren Tiefe. Das eine kommt merkwürdigerweise gemeinsam mit dem anderen.

Sie haben jetzt mit Bibiana Beglau gespielt, die vom renommierten Magazin "Theater heute" zur "Schauspielerin des Jahres" gekürt wurde. Wie war's?

Ich hatte zuerst Muffensausen - Extremschauspielerin, Theaterstar etc. Dann habe ich das, was ich gegenüber Bibiana in die Waagschale werfen konnte, für meine Rolle genutzt und es entstanden wirklich wahrhaftige Momente. Das Schöne ist, dass auch Bibiana von unserer Zusammenarbeit wirklich angetan war. Ich finde die toll, habe sie jetzt in München im Theater gesehen - großartig kraftvolle Schauspielerin und zauberhafter Mensch!

Wie bewerten Sie den momentanen Generationswechsel bei den "Tatort"-Kommissaren? Es wird bald 22 Ermittler-Teams geben.

Ich finde, der "Tatort" fährt da eine kluge Politik. Als ich anfing, zeitgleich mit dem Team vom Bodensee und den Frankfurtern Jörg Schüttauf und Andrea Sawatzki, sinnierte man bereits darüber, ob es jetzt nicht zuviele Teams seien. Man glaubte, die Leute werden ermüden. Das Gegenteil ist der Fall ...

... und die Macher merken langsam, dass man auch mal etwas riskieren kann, oder?

Durch die permanente Veränderung ist auch eine Vielfalt der Erzählmöglichkeiten entstanden, die dem Tatort gut tut und die ihn modern hält. Es gibt neben dem konservativen Krimi auch einen Tschiller. Manche mögen sagen, es sei ein Bruce Willis für Arme, aber warum nicht? Ich finde es unterhaltsam. Und dann gibt es Tukur, plötzlich ist alles möglich. Ich freue mich, ein Teil dieser "Tatort"-Familie zu sein. Immer mehr tolle Schauspieler sagen: "Tatort"? Klar, mache ich.

Der letzte Traumjob im TV?

Nee, da wäre ich doch lieber Helene Fischer und würde einen ganzen Fernsehabend schmeißen (lacht).

Heiko Schulze

Tatort: Der sanfte Tod
SO 7.12. Das Erste 20.15 Uhr