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FIFA-Präsidentenwahl

Blatter geht, die Probleme bleiben

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Wichtig ist auf dem Platz: Wer tritt am 26. Februar die Nachfolge des scheidenden FIFA-Präsidenten Sepp Blatter an? Imago

Heute läuft die Free-TV-Premiere "Die große FIFA-Story" auf ARTE. Wahlmanipulationen, Schmiergeldzahlungen, gekaufte Weltmeisterschaften: Die Doku deckt auf. Am Freitag wählt der Fußballweltverband einen neuen Präsidenten.

Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie längst verboten - mit Blick auf die von Skandalen schwer erschütterte FIFA wirkt der alte Spontispruch aus den 80er-Jahren plötzlich wieder hochaktuell.

Bevor am 26. Februar mit der Wahl eines neuen Präsidenten die Ära Sepp Blatter an der Spitze des Fußballweltverbands endet, versprechen die fünf potenziellen Nachfolger unisono einen Neuanfang, Reformen, Transparenz und das Ende der Korruption. Zu dumm, dass ausgerechnet die drei aussichtsreichsten Kandidaten - Scheich Salman, Gianni Infantino und Tokyo Sexwale - mit ihren bisherigen Lebensläufen nicht unbedingt für die Rolle des Hoffnungsträgers geeignet erscheinen.

Salman bin Ibrahim ­Al-Khalifa (50) hat beste Chancen auf Blatters Thron. Vorwürfe, er habe als Präsident von Bahrains Verband Mitschuld an Menschenrechtsverletzungen, weist er voller Empörung zurück.

Gianni Infantino (45) ist ein Protegé des derzeit suspendierten Michel Platinis und hätte seine Bewerbung aufgegeben, wenn Platini zur Wahl angetreten wäre. "Meine Kandidatur ist keine Kandidatur gegen Michel", so der Italoschweizer.

Tokyo Sexwale (62) äußert sich stets lobend über Blatter (ein "Monument, das für sich selbst steht"). Der Südafrikaner gilt deswegen wie Champagne als Favorit des scheidenden FIFA-Bosses.
"Viel spricht dafür, dass der nächste Präsident wieder mit fragwürdigen Wahlversprechen, Seilschaften und Strippenzieherei an die Macht kommt und sich mit den altbekannten Methoden im Amt halten wird", sagt ARD-Korrespondent Daniel Hechler, der gemeinsam mit seinen Kollegen Philipp Sohmer und Florian Bauer für die Doku "Die Fußball-Mafia - Blatters vergiftetes Erbe" intensiv im Umfeld der FIFA recherchiert hat. Unter anderem im Januar während der African Nations Championship in Ruanda. "Wie betagte FIFA-Funktio­näre des afrikanischen Verbands dort von den Präsidentschaftskandidaten umgarnt wurden, das hatte schon viel von Kuhhandel und Geschacher und wenig von hohen ethischen Standards und neuer Offenheit", so Hechler.
Nicht ganz so weit reisen musste Hechler für einen anderen aufschlussreichen Moment der Doku: Anfang Dezember gewährte Blatter den ARD-Journalisten in einem Züricher Restaurant ein langes Interview. Zu diesem Zeitpunkt war der FIFA-Boss schon suspendiert, aber noch nicht für acht Jahre gesperrt. Bis heute kämpft Blatter mit allen Mitteln gegen diese Entscheidung und hofft auf einen Freispruch ("I'll be back").

Seine Motivation, sich den ­kritischen Fragen zu stellen, ist durchschaubar. "Blatter steht vor den Trümmern seines Lebenswerks, wollte seine Sicht der Dinge darlegen", sagt Hechler. Vorbedingungen für das fast zweistündige Interview habe es nicht gegeben. Und obwohl seine Einsicht in eigene Fehler "begrenzt" gewesen sei, habe Blatter eingeräumt, dass er, statt erneut zu kandidieren, nach der WM in Brasilien hätte zurücktreten müssen. Ein "durchaus überraschendes Eingeständnis", findet Hechler. Dass mit der Wahl eines neuen Prä­sidenten Ruhe bei der FIFA einkehrt, glaubt er nicht: "Die Staatsanwaltschaften in New York und Bern ermitteln unter Hochdruck. Es könnte jederzeit neue Festnahmen und Skandale geben." Bis wenige Tage vor der Ausstrahlung kann Hechler die Doku deshalb aktualisieren. Bei der FIFA kann man nie wissen.

Auch die heutige ARTE-Doku widmet sich den Themen Korruption und Bestechung. Vom ersten großen Präsidenten Jules Rimet bis hin zum zurückgetretenen Sepp Blatter: Die Geschichte der jahrzehntelangen Verwerfungen ist schockierend.

Die große FIFA-Story
DI, 23.2., ARTE, 20:15 Uhr