Vergessen Sie die Sopranos. Die (ebenfalls fiktive) Familie von Don Pietro Savastano, die im Mittelpunkt der zwölfteiligen Serie "Gomorrha" steht, ist brutaler, kompromiss loser, gefährlicher und heimtückischer, als es sich Tony Soprano in seinen düstersten Alb träumen hätte ausmalen können.

Weil das Familienoberhaupt im Hochsicherheitstrakt einsitzt, führt seine Frau Immacolata die Geschäfte. Ihr einziger Sohn Gennaro ist ein schwammiges Riesenbaby ohne Autorität. Deshalb hat ihm Don Pietro den undurchschaubaren Ciro (Marco D'Amore, o.) als Beschützer zur Seite gestellt.

Die Bilder, die Regisseur Stefano Sollima findet, sind bestürzend in ihrer Wucht und Trostlosigkeit. Einer der Hauptschauplätze: Vele di Scampia, einst Neapels Vorzeigeprojekt für sozialen Wohnungsbau, heute verkommen, verwahrlost, verdreckt.
Roberto Saviano, dessen 2006 erschienenes Sachbuch über die Camorra die Grundlage für die Serie bildet, ist ein Kenner der neapolitanischen Verbrecherorganisation. Geboren in der Mafiahochburg Casal di Principe, wo 44 Prozent der Einwohner wegen Bildung einer mafiösen Vereinigung vorbestraft sind, hat er sechs Jahre lang vor der eigenen Haustür undercover recherchiert - zu einem hohen Preis: Saviano lebt seit 2007 unter Polizeischutz.

Ständig muss er den Wohnort wechseln, immer mit Carabinieri an seiner Seite. Doch er recherchiert weiter. Solange die Welt über ihn spricht, wird ihn die Mafia wohl verschonen, denn nichts ist den Bossen mehr zuwider als mediales Aufsehen. So gesehen kann Saviano wenigstens ein bisschen aufatmen: Die TV-Serie ist in 40 Länder verkauft worden, und Hollywood - Tycoon Harvey Weinstein hat sich die Rechte für eine US-Version gesichert.

DO 8.10. ARTE 21.00