Kurz bevor sein Regiedebüt "Gone, Baby, Gone" 2007 in den Kinos starten sollte, bekam Ben Affleck Panik. Wie wird das Publikum auf seinen Namen im Vorspann reagieren? Würden die Leute während der emotio­nalen Szenen abgelenkt sein, weil sie an Afflecks Beziehung mit Jennifer Lopez denken, die den 38-Jährigen der Lächerlichkeit preisgab? Können sie das Krimi­drama würdigen, ohne ständig im Hinterkopf zu haben, dass dieser Mann sie zuvor in Machwerken wie "Pearl Harbor", "Pay­check", "Jersey Girl" oder "Gigli" genervt hat?

Völlig verunsichert griff Affleck zum Telefonhörer und verhandelte mit der Regisseursgewerk­schaft, ob er seinen Namen aus dem Vorspann löschen darf. Die Gewerkschaft lehnte ab - ein Glücksfall. Denn zum ersten Mal seit Jahren wurde Affleck für seine Arbeit mit Lob überschüttet. Dass der Film an der Kinokasse nicht wahrgenommen wurde (welt­weit spielte er nur 35 Millionen Dollar ein), störte nicht: Ben Affleck hatte sich neu erfunden und am eigenen Schopf aus dem Karrieresumpf gezogen.

Boston Film Party

Nicht ganz zufällig spielte der Film in Boston. Die Ostküstenstadt, in deren Nähe er zur Welt kam, ist für ihn zum Glücks­bringer geworden. Mit acht Jahren lernte er hier seinen besten Freund Matt Damon kennen. In ihrem gemeinsamen Drehbuch zu "Good Will Hunting", das 1998 den Oscar erhielt, war die Stadt der dritte Hauptdarsteller. Und auch in Afflecks zweiter Regiearbeit, "The Town", hat sie eine zentrale Rolle. Zufällig, wie er sagt: "Ich will nicht als Bostons Hausregisseur Karrie­re machen." Dennoch war es klug, die ersten Schritte auf sicherem Terrain zu machen, dort, wo sich der Regiedebütant gut auskennt. Seine ersten Filme überzeugen denn auch vor allem durch ihre Authentizität.

Afflecks Unsicherheit wird mit jedem Film geringer. Die Angst, als Regisseur nicht akzeptiert zu werden, war schon bei "The Town" vergessen. Stattdessen machte er sich Sorgen über die Doppelbelastung als Regisseur und Star. "Wenn du es nicht schaffst, in einem Film gut zu spielen, bei dem du selbst Regie führst, wann dann? Die Ausrede, dass der Regisseur dich nicht gelassen hat, zählt nicht", witzelt das Multitalent. Schließlich inszeniert er sich im nächsten Film wie­der selbst - und wagt sich da sogar auf geografisches Neuland.

Nur eine Sache bereitet Affleck noch immer Angst: mit Ehefrau Jennifer Garner vor der Kamera zu stehen. "Irgendwas sagt mir, die Leute wollen keine echten Paare im Film sehen", sagt er in Anspielung auf sein J.Lo-Debakel. Wie gut, dass er jetzt auch hinter der Kamera arbeiten kann.

Rüdiger Meyer

Ben Afflecks nächste Regiearbeit: Argo
The Town
SO 31.7. Sky Cinema 20.15 Uhr