Kein typischer Donnerstagskrimi! Regisseur Cüneyt Kaya ("Ummah - Unter Freunden") orientierte sich in seiner Krimikomödie "Dimitrios Schulze" aus Mannheims migrantisch geprägtem Stadteil Jungbusch an Italiens Gaunerspäßen aus den 1970ern, in denen von den Hauptfiguren grundsätzlich nichts Böses ausgeht. Die Moralkeule lässt er dabei eingepackt, denn Wertvorstellungen sind keine Frage der Herkunft.
Herr Kaya, wer am 2. Februar in DAS ERSTE einen handfesten Krimi mit Ermittlerarbeit erwartet, wird enttäuscht und bekommt dafür eher eine Liebeserklärung an einen Durchwurstler mit großer Klappe, aber auch großem Gerechtigkeitssinn zu sehen, oder?

Es ist ein Genremix mit einem grossen Anteil einer Milieukomödie und eben dem Krimiplot, der ein wenig anders sein sollte. Dabei sind mir die kleinen Schlawinermomente sehr sympathisch. Sie erinnern mich sehr an die 70er-Jahre-Gaunerkomödien aus Italien, die herrlich sind, da grundsätzlich von den Hauptfiguren nicht wirklich etwas böses ausgeht und sie das Herz am rechten Fleck haben.

Das Drehbuch stammt von Fred Breinersdorfer, selbst Jurist und aus Mannheim, der schon die Krimireihe "Anwalt Abel" schrieb. Was ist das Besondere an dieser Geschichte?

Ich mochte, dass es keine Gegenüberstellung von Deutschen und Ausländern im Buch gab. Es wurde einfach gesetzt, dass es keinen Unterschied macht, woher die Figuren kommen, indem man jeder Figur einen Migrationshintergrund gab. Also eine Richterin kann Ungarin sein, ohne dass da gleich ein psychologisches Päckchen mitgetragen werden muss. Es sind einfach Menschen, die aus verschiedenen Ländern kommen, jedoch vor allem Menschen mit ihren eigenen diversen Macken. Und manche dieser Menschen sind halt böse (so wie Abaki) und manche gut (so wie Dimi). Die moralische Seite wird nicht wie so oft mit der Herkunft verknüpft. Das Gute und Böse wird nicht in "Deutsch" und "Migrant" eingeteilt. Diese Grenze wird gesprengt und dadurch kann man sich mit den Figuren jenseits ihrer Herkunft auseinandersetzen. Zudem war mir wichtig, den skurilen Momenten im Drehbuch genug Raum zur Entfaltung zu geben und die kleinen liebevollen Details, die das Drehbuch von herkömmlichen Krimis unterscheidet, mit der nötigen Achtsamkeit zu behandeln. Deshalb ist es kein Krimi im herkömmlichen Sinne.

Ist Dimitrios Schulze ein Vorbild?

Dimi ist ein Tausendsassa, ein Kindskopf, der nicht wirklich erwachsen werden möchte und es auch noch nicht ist. Jedoch hat er das Herz am rechten Fleck. Er schadet niemandem wirklich. Im Gegenteil. Er versucht für Gerechtigkeit zu sorgen. Denn zwischen Recht haben und Recht bekommen gibt es ja bekanntlich einen grossen Unterschied. Und dies tut er auf eine herzliche Weise.

Menschen, die den ausländerfeindlichen Argumenten der AFD auf den Leim gehen, könnten sich durch den Film in ihren Vorurteilen bestätigt fühlen...

Hier wird meiner Meinung nach übersehen, dass die Polizeibehörde auch aus Migranten besteht. Es gibt einen türkischen Kommissar, einen japanischen Polizisten und einen arabischen Wächter. Man könnte auch argumentieren, dass die AFD-Anhänger zu dem Schluss kommen werden, dass es völlig normal ist, auf beiden Seiten des moralischen Kompasses Menschen mit Migrationshintergrund zu haben. Dies war auch der Grund weshalb die Schauspieler überhaupt mitgemacht haben. Ich würde niemals einen Film drehen, der die Vorurteile der AFD einfach bestätigt.
Interview: Holger O. Wiechmann