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EM war gestern ...

... wie EM immer ist. Ein Glück

... Tag des Weltmeisters

"So, genug der Vorfreude, heute ist wirklich EM", sagte Oliver Welke, als um 19.25 Uhr das Turnier im deutschen Fernsehen amtlich eingeläutet wurde. Schade eigentlich, denn die Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Wenn Fußballspiele in die Verlängerung gehen können, warum nicht auch die Vorfreude. Dann würde die EM eben erst nächste Woche beginnen und Hummels und Schweinsteiger hätten mehr Zeit, fit zu werden.

Spaß beiseite. In der Vorberichterstattung reißt Oliver Kahn, ohne das Wort Terrorgefahr auszusprechen, das medienbeherrschende Thema kurz an, später spricht der deutsche Botschafter in Frankreich Nikolaus Meyer-Landrut von einer "Grundsorge", die sich eingeschlichen habe. Man sieht die Bilder aus Paris vom 13. November und dem Dreifachsicherheitsring um das Stadion heute, der davor schützen soll, wovor alle eine nicht auszublendende Restangst haben. Das ZDF spielte diese unschöne Fußballbegleitmusik so kurz und knapp wie möglich und so deutlich wie nötig. Das war ebenso souverän wie die Moderation von Oliver Welke, der seine Ironie als Dauerton beibehielt, ohne damit die Ernsthaftigkeit zu untergraben.

Vor dem Anpfiff hat das Zweite mit seiner Mannschaftsaufstellung das Spiel schon gewonnen. Neben den beiden Ollies konnte sich Sebastian Kehl mit handfesten Einschätzungen auch gegen seine Krawatte behaupten. Der sympathische französische Ex-Nationalspieler Marius Trésor wurde seiner Intelligenzbrille voll gerecht und Videowand-Experte Holger Stanislawski müsste nur seine Lieblingswörter "letztendlich", "eben" und "unheimlich" etwas reduzieren. An das Vorbild Erik Meijer, dem Weltmeister der smarten Spielanalyse in Diensten von Sky, kommt der Hamburger allerdings (noch) nicht heran.

Frankreich gewinnt 2: 1 gegen Rumänien, geschossen hat nur einer, nämlich der Franzose Payet ein Traumtor. Noch mal gut gegangen, mag man sich sagen. Der erste Spieltag ist gelaufen, 22 weitere liegen vor uns. Freuen wir uns auf sagenhafte Tore, größte Triumphe, niederschmetternde Niederlagen, Emotionen in Landesfarben, dazu Olli Kahn, Mehmet Scholl, Thomas Müller, ARD, ZDF, CR7, KMH hahaha (frei nach den Fantastischen Vier). Die Erwartungen an das Fußball-Entertainment sind bei Europa- und Weltmeisterschaften heutzutage immens,wie wir wissen. Die Turniere sind seit 2006 eine eigene Jahreszeit, wie Karneval, man geht verkleidet raus, feiert mit den positiv Bekloppten und findet das Spiel geil wie das Wetter, auch wenn's schüttet. Der Auftakt dieser EM war aus einem anderen Grund vielversprechend: Alles ist normal geblieben.

Andreas Rolf