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EM war gestern ...

nichts für's Auge, mehr für's Herz

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Imago Sportfotodienst

Deutschland, das jüngste Team des Turniers, traf auf einen Oldie im italienischen Tor. Der 38-jährige Keeper Gianluigi Buffon bestritt im Oktober 1997 sein erstes Länderspiel, da steckte Joshua Kimmich (Jahrgang 1995) womöglich noch in den Windeln.

Foto: Imago Sportfotodienst
Würde Kapitän Buffon dafür sorgen, dass die DFB-Auswahl wieder alt aussah? 2006 beendete er mit seinen Paraden im Halbfinale das Sommermärchen für Deutschland bei der WM daheim. Bei der EM vor vier Jahren siegte er ebenfalls in der Vorschlussrunde mit der Squadra Azzurra gegen uns. Es blieb also dabei, dass man bislang gegen Italien in einem Pflichtspiel nicht gewinnen konnte. Achtmal spielten die Nationen bei einem Turnier gegeneinander. Dabei gab es vier Unentschieden in der Gruppenphase und in vier K. o.-Duellen setzten sich immer die Italiener durch.

Die Negativserie würde hoffentlich in Bordeaux ein Ende nehmen. Passend dazu wurde auf Bier verzichtet und ein Roter entkorkt. Italien hatte mit zwei 2:0-Siegen gegen Belgien und den Titelverteidiger Spanien überzeugt, während Deutschland die Slowaken im Achtelfinale mit seiner Dominanz überlegen mit 3:0 besiegt hatte. Viele meinten, die gestrige Partie wäre das vorweggenommene Endspiel, weil beide Teams bis dato die beste Leistung im Turnier geboten hatten. Die Begegnung versprach also eine Qualität zu haben, vergleichbar den Weinen aus dem nahen Médoc-Anbaugebiet. Es wurde aber eher ernüchternd...

2012 stand Toni Kroos nach drei späten Einwechslungen in der Gruppenphase gegen Italien erstmals in der Startelf. Seine Aufgabe bestand darin, den Spielmacher Andrea Pirlo zu bewachen. Nach dieser missglückten Maßnahme wurde Jogi Löw von den Medien für das Aus verantwortlich gemacht. Auch diesmal überraschte der Bundestrainer mit seiner Aufstellung, Er setzte Julian Draxler, immerhin der "Man of the Match" gegen die Slowakei, für Benedikt Höwedes auf die Bank, um die Innenverteidigung zu stärken.

Ein erneutes Scheitern hätte man Löw aber nicht ankreiden können. Der Grund wären seine Spieler gewesen, die nicht ihre Normalform fanden. Sinnbild war das Elfmeterschießen, wo Thomas Müller, Mesut Özil und Bastian Schweinsteiger verschossen. In den 120 Minuten zuvor gab es kaum Torchancen, Bälle versprangen, Kimmich hatte das Flanken verlernt, Kroos war unsichtbar, Draxler konnte nach seiner Einwechslung kaum Impulse setzen und beim 1:1-Ausgleich machte Jèrôme Boateng mit seinen weit ausgestreckten Armen eine sehr unglückliche Figur. Trotz allem steht man nun im Halbfinale.

Und wenn sich die EM treu bleibt, dann wartet am nächsten Donnerstag Island auf Deutschland. Im Endspiel dürften die Waliser stehen. Und egal, wie diese Spiele dann ausgehen, man würde kopfschüttelnd sagen: "Was für ein geiles Turnier!"

Sven Wolf