Er macht es einem nicht leicht, ihn zu mögen. Die Theatralik, das perfekte Styling, das gönnerhafte Abklatschen der Mitspieler, die Dramatik in seinen Augen, wenn er sich vom Schiedsrichter mal wieder benachteiligt fühlt, diese unwiderstehliche Ich-hab's-mal-wieder-allen-gezeigt-Geste. Andererseits: Dieser fast schon unverschämten Ich-Besessenheit kann man sich kaum entziehen. Es ist eine Mischung aus Abgestoßenheit und Genuss, eine Mischung aus Kopfschütteln und Lächeln, diesem Typen zuzusehen. So sehr zu polarisieren wie CR7, das muss man erst mal schaffen. Zumal dieser Cristiano Ronaldo ja auch nur ein Mensch ist. Wie er gestern wenige Sekunden vor dem Anpfiff, dem Moment der höchsten Konzentration, einem herbeigeschlichenen Fan mitten auf dem Spielfeld ein Selfie gewährte, wie er einen zweiten Fan herzte, der sich kurz darauf aufs Mannschaftsfoto drängte, diese Coolness und diese offensichtliche Bewunderung für die Chuzpe seiner Bewunderer, das hatte einfach Größe. Dass der noch immer teuerste Spieler der Fußballgeschichte dazu mit einem Tor und einem Assist auch der Mann des Spiels war, dass er an allen wichtigen Szenen der Portugiesen beteiligt war, dass er mit insgesamt neun EM-Treffern nun mit Rekordschütze Michel Platini gleichgezogen hat - geschenkt.
Und was bleibt noch von gestern? Ein Mehmet Scholl, der seine viel kritisierte Kritik an DFB-Chefscout Urs Siegenthaler mit Gehirnschluckauf entschuldigte - und die Waliser natürlich. Bei der ersten EM-Teilnahme gleich ins Halbfinale einzuziehen, hätte dem Team kaum jemand zugetraut. Und dennoch: Zur Elf der Herzen hat es bei dieser Endrunde nicht gereicht, diesen Titel hat sich längst Island gesichert. Warum eigentlich? Die Nordmänner sind schon eine Runde früher ausgeschieden; mit James Collins und Joe Ledley schickten die Waliser gestern zwei Vollbärte auf den Rasen, die es zumindest gemeinsam mit dem isländischen Superzottel Aron Gunnarsson aufnehmen können; dem statischen "Hu" der Isländer setzen die walisischen Fans eine Sangesfreude entgegen, die ihresgleichen sucht. Gut, die Waliser haben mehrheitlich für den Brexit gestimmt, aber hey: Island hat noch nicht einmal einen EU-Aufnahmeantrag gestellt. Wahrscheinlich ist es eben das Exotischere, das Unbekanntere, das Einsamere, das Sehnsuchtsvollere, das die Faszination auf die Seite Islands kippen lässt. Gut, fair ist das nicht. Aber wem es um Fairness geht, der sollte eh nicht Fußball gucken.
Peter Roether
Und was bleibt noch von gestern? Ein Mehmet Scholl, der seine viel kritisierte Kritik an DFB-Chefscout Urs Siegenthaler mit Gehirnschluckauf entschuldigte - und die Waliser natürlich. Bei der ersten EM-Teilnahme gleich ins Halbfinale einzuziehen, hätte dem Team kaum jemand zugetraut. Und dennoch: Zur Elf der Herzen hat es bei dieser Endrunde nicht gereicht, diesen Titel hat sich längst Island gesichert. Warum eigentlich? Die Nordmänner sind schon eine Runde früher ausgeschieden; mit James Collins und Joe Ledley schickten die Waliser gestern zwei Vollbärte auf den Rasen, die es zumindest gemeinsam mit dem isländischen Superzottel Aron Gunnarsson aufnehmen können; dem statischen "Hu" der Isländer setzen die walisischen Fans eine Sangesfreude entgegen, die ihresgleichen sucht. Gut, die Waliser haben mehrheitlich für den Brexit gestimmt, aber hey: Island hat noch nicht einmal einen EU-Aufnahmeantrag gestellt. Wahrscheinlich ist es eben das Exotischere, das Unbekanntere, das Einsamere, das Sehnsuchtsvollere, das die Faszination auf die Seite Islands kippen lässt. Gut, fair ist das nicht. Aber wem es um Fairness geht, der sollte eh nicht Fußball gucken.
Peter Roether