Wenn am 24. Februar 2009 die Oscars verliehen werden, nimmt Pixar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für "WALL·E" den Preis für den besten Animationsfilm mit nach Hause. Wieder einmal. Doch langsam ist es an der Zeit, dass die kalifornische Trickschmiede nicht mehr nur mit diesem Preis zweiter Klasse abgefertigt wird.
Schließlich sind Pixars Werke mehr als nur der kreative Gipfel ihres Genres. Die Sci-Fi-Romanze ist zugleich der aufwändigste, minimalistischste und intelligenteste Film, an dem sich die Schöpfer von "Toy Story", "Findet Nemo", "Ratatouille" und Co. bisher versucht haben. Warum also soll dieses Werk nicht in der Kategorie "Bester Film" ins Rennen um die Oscars gehen?
Müllsammler, Erd-Klasse
Denn die Geschichte des kleinen Roboters WALL·E, was für "Waste Allocation Load Lifter·Earth-Class" (Müllsammler, Erd-Klasse) steht, sprengt visuell alles, was es bisher in Animationsfilmen zu sehen gab. In ferner Zukunft leistet WALL·E auf der von der Menschheit verlassenen Erde seinen Dienst als Beseitiger des Mülls unserer Wegwerfgesellschaft.
Bereits die ersten Aufnahmen dieses 180 Millionen Dollar teuren Produkts, eine Kamerafahrt durch und über Hochhausschluchten, lassen den Atem stocken. Nach und nach erkennt der Zuschauer, dass dies zum großen Teil keine Wolkenkratzer, sondern kunstvoll aufgestapelte Müllberge sind - und mittendrin unser kleiner, blecherner Held, der wie eine Müllpresse auf zwei Ketten immer neue Schrott-Quader herstellt.
Kindchenschema
Mit ihm haben die Pixar-Leute die bisher bezauberndste, süßeste Figur ihrer gut zwanzigjährigen Karriere kreiert. Denn im Grunde genommen ist WALL·E ein Baby, zumindest besitzt er dessen wichtigste Merkmale. Ausgestattet mit großen Augen, einer immensen Neugier und rudimentärer Sprache aus piepsenden und quietschenden Tönen, erkundet er, was von unserer Welt übrig geblieben ist und begeistert sich dabei für Büstenhalter, Zauberwürfel und vor allem für eine Videokassette des Musicals "Hello, Dolly". Aus ihm bezieht der kleine Roboter seine gesamte Kenntnis über menschliche Verhaltensweisen. Und so träumt er davon, irgendwann jemanden zu finden, mit dem er Händchen haltend spazieren gehen kann.
WALL·E als blinder Passagier
Als eines Tages ein Raumschiff auf der Erde landet und die stromlinienförmige, heißspornige Roboterdame EVE zurücklässt, sieht er seine Chance gekommen. Doch WALL·Es Avancen fruchten nicht - bis er ihr eine Pflanze zeigt, die er in einem Schuh aufbewahrt. Denn EVEs Mission ist es, zu überprüfen, ob auf der Erde wieder eine lebensfähige Atmosphäre herrscht. Als sie auf das Raumschiff Axiom, seit 700 Jahren die Arche der Menschheit, zurückgeflogen wird, schleicht sich der verliebte WALL·E als blinder Passagier ein ...
Dass aus einer Story um zwei einsame Apparate mit großem Herz (oder Zylinderkopf) der romantischste Hollywood-Film seit Jahren geworden ist, illustriert eindrucksvoll das Genie der Pixar-Macher um Regisseur Andrew Stanton ("Findet Nemo"). Seine Geschichte verbindet Sci-Fi, Melodram, Komödie und Kinderfilm so elegant, dass am Ende große Unterhaltung für die ganze Familie dabei herausspringt.
Eine subversive Attacke auf das fettleibige Amerika?
Dennoch blieb er mit einem Einspielergebnis von 220 Millionen Dollar an den amerikanischen Kinokassen hinter früheren Pixar-Filmen zurück. Nicht zuletzt weil in den USA behauptet wurde, der Film sei eine subversive Attacke auf das fettleibige Amerika. Einige Interpretationen unterstellten gar, Pixar mache dicke Menschen für die Zerstörung der Erde verantwortlich. Regisseur Andrew Stanton rechtfertigt seine Darstellung der Menschen als dicke, glibberige Klumpen mit der NASA-Erkenntnis, dass sich nach langer Zeit in der Schwerelosigkeit die Knochen zurückbilden.
Darüber hinaus ging Pixar mit der Struktur des Films ein großes Risiko ein. Mitten im Youtube-Zeitalter mit seiner lauten, kakophonen Bilderschnipselwelt einen Trickspaß abzuliefern, in dem in den ersten vierzig Minuten so gut wie kein Wort fällt, beweist schon eine Menge Mut. Aber das kann man sich eben erlauben, wenn man regelmäßig Filme auf so hohem Niveau abliefert wie Pixar.
Als "Bester Film" für den Oscar
Die Computerzauberer schaffen es sogar im fünfminütigen Vorfilm "Presto", in dem sich ein hungriges Kaninchen mit einem selbstsüchtigen Zauberer herumärgern muss, mehr Lacher unterzubringen als Mike Myers, Eddie Murphy und Adam Sandler in ihren letzten Filmen zusammen. Es ist also höchste Zeit, dass nach Disneys "Die Schöne und das Biest" 1991 zum zweiten Mal ein Animationsstreifen als bester Film für den Oscar nominiert wird.
Rüdiger Meyer
Bilder WALL·E
Kinostart: 25.9.2008
Schließlich sind Pixars Werke mehr als nur der kreative Gipfel ihres Genres. Die Sci-Fi-Romanze ist zugleich der aufwändigste, minimalistischste und intelligenteste Film, an dem sich die Schöpfer von "Toy Story", "Findet Nemo", "Ratatouille" und Co. bisher versucht haben. Warum also soll dieses Werk nicht in der Kategorie "Bester Film" ins Rennen um die Oscars gehen?
Müllsammler, Erd-Klasse
Denn die Geschichte des kleinen Roboters WALL·E, was für "Waste Allocation Load Lifter·Earth-Class" (Müllsammler, Erd-Klasse) steht, sprengt visuell alles, was es bisher in Animationsfilmen zu sehen gab. In ferner Zukunft leistet WALL·E auf der von der Menschheit verlassenen Erde seinen Dienst als Beseitiger des Mülls unserer Wegwerfgesellschaft.
Bereits die ersten Aufnahmen dieses 180 Millionen Dollar teuren Produkts, eine Kamerafahrt durch und über Hochhausschluchten, lassen den Atem stocken. Nach und nach erkennt der Zuschauer, dass dies zum großen Teil keine Wolkenkratzer, sondern kunstvoll aufgestapelte Müllberge sind - und mittendrin unser kleiner, blecherner Held, der wie eine Müllpresse auf zwei Ketten immer neue Schrott-Quader herstellt.
Kindchenschema
Mit ihm haben die Pixar-Leute die bisher bezauberndste, süßeste Figur ihrer gut zwanzigjährigen Karriere kreiert. Denn im Grunde genommen ist WALL·E ein Baby, zumindest besitzt er dessen wichtigste Merkmale. Ausgestattet mit großen Augen, einer immensen Neugier und rudimentärer Sprache aus piepsenden und quietschenden Tönen, erkundet er, was von unserer Welt übrig geblieben ist und begeistert sich dabei für Büstenhalter, Zauberwürfel und vor allem für eine Videokassette des Musicals "Hello, Dolly". Aus ihm bezieht der kleine Roboter seine gesamte Kenntnis über menschliche Verhaltensweisen. Und so träumt er davon, irgendwann jemanden zu finden, mit dem er Händchen haltend spazieren gehen kann.
WALL·E als blinder Passagier
Als eines Tages ein Raumschiff auf der Erde landet und die stromlinienförmige, heißspornige Roboterdame EVE zurücklässt, sieht er seine Chance gekommen. Doch WALL·Es Avancen fruchten nicht - bis er ihr eine Pflanze zeigt, die er in einem Schuh aufbewahrt. Denn EVEs Mission ist es, zu überprüfen, ob auf der Erde wieder eine lebensfähige Atmosphäre herrscht. Als sie auf das Raumschiff Axiom, seit 700 Jahren die Arche der Menschheit, zurückgeflogen wird, schleicht sich der verliebte WALL·E als blinder Passagier ein ...
Dass aus einer Story um zwei einsame Apparate mit großem Herz (oder Zylinderkopf) der romantischste Hollywood-Film seit Jahren geworden ist, illustriert eindrucksvoll das Genie der Pixar-Macher um Regisseur Andrew Stanton ("Findet Nemo"). Seine Geschichte verbindet Sci-Fi, Melodram, Komödie und Kinderfilm so elegant, dass am Ende große Unterhaltung für die ganze Familie dabei herausspringt.
Eine subversive Attacke auf das fettleibige Amerika?
Dennoch blieb er mit einem Einspielergebnis von 220 Millionen Dollar an den amerikanischen Kinokassen hinter früheren Pixar-Filmen zurück. Nicht zuletzt weil in den USA behauptet wurde, der Film sei eine subversive Attacke auf das fettleibige Amerika. Einige Interpretationen unterstellten gar, Pixar mache dicke Menschen für die Zerstörung der Erde verantwortlich. Regisseur Andrew Stanton rechtfertigt seine Darstellung der Menschen als dicke, glibberige Klumpen mit der NASA-Erkenntnis, dass sich nach langer Zeit in der Schwerelosigkeit die Knochen zurückbilden.
Darüber hinaus ging Pixar mit der Struktur des Films ein großes Risiko ein. Mitten im Youtube-Zeitalter mit seiner lauten, kakophonen Bilderschnipselwelt einen Trickspaß abzuliefern, in dem in den ersten vierzig Minuten so gut wie kein Wort fällt, beweist schon eine Menge Mut. Aber das kann man sich eben erlauben, wenn man regelmäßig Filme auf so hohem Niveau abliefert wie Pixar.
Als "Bester Film" für den Oscar
Die Computerzauberer schaffen es sogar im fünfminütigen Vorfilm "Presto", in dem sich ein hungriges Kaninchen mit einem selbstsüchtigen Zauberer herumärgern muss, mehr Lacher unterzubringen als Mike Myers, Eddie Murphy und Adam Sandler in ihren letzten Filmen zusammen. Es ist also höchste Zeit, dass nach Disneys "Die Schöne und das Biest" 1991 zum zweiten Mal ein Animationsstreifen als bester Film für den Oscar nominiert wird.
Rüdiger Meyer
Bilder WALL·E
Kinostart: 25.9.2008