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Von "Sing meinen Song" bis "Die Höhle der Löwen"

VOX: Den Punkt getroffen

Mit ausgetüftelten und gut besetzten Shows erreicht Vox zuverlässig sein Publikum. Später Lohn für die sorgfältige Arbeit am Programm

Als sich Max Moor (der damals noch Dieter hieß) 1993 in seinem Medienmagazin "Canale Grande" auf Vox vor laufender Kamera auszog, war das natürlich kein ernsthafter Versuch, mit Nacktheit Quote zu machen. Es war die ironische Überprüfung der These, dass Nackte die Quote steigern. Hoch ambitioniert war Vox mit dem "Ereignisfernsehen" an den Start gegangen und nach nicht mal einem Jahr mangels Zuschauern glorios gescheitert.

Es ist das große Verdienst des Senders, danach nicht alle guten Grundsätze fahren zu lassen, sondern auch auf weniger anspruchsvolles Programm redaktionelle Mühe zu verwenden. Vox bringt Hollywood-Filme, versteht sich aber eher als Programmkino, nicht als Abspielstation, und hat auch ohne Free-TV-Premieren Erfolg. Profilschärfende Serienhits wie "Ally McBeal" kommen hinzu. "Wir haben eine schöne Qualitätstradition", sagt Vox-Chefredakteur Kai Sturm, "und die haben wir wieder mit frischem Leben gefüllt."
Langer Atem zahlt sich aus
Um sich unabhängig vom US-Markt und den schwächelnden Quoten der US-Serien zu machen, rücken erneut Eigenproduktionen in den Fokus. Auffällig ist auch hier die Sorgfalt: Kaum ein Sender hat in den letzten Jahren so unterschiedliche und griffige Formate etabliert, von der Musikshow "Sing meinen Song" über die Gründershow "Die Höhle der Löwen" oder Guido Maria Kretschmers puristischen Nähwettbewerb "Geschickt eingefädelt" bis zur Dramaserie "Der Club der roten Bänder".

Dabei bewiesen die Macher außer Gespür auch Geduld, eine seltene Gabe im TV-Gewerbe. So war die Kochcompetition "Kitchen Impossible" mit Tim Mälzer als Pilot wenig erfolgreich. Man produzierte dennoch eine ganze Staffel und lag damit richtig. Auch von der Promireihe "6 Mütter" soll es trotz mäßiger Quoten eine zweite Staffel geben. Viele der Shows sind Adaptionen internationaler Formate, die dem deutschen Markt behutsam angepasst werden. Demnächst gehen Promipaare wie Boris und Lilly Becker in "The Story of my Life" mit Désirée Nosbusch auf eine Art Beziehungszeitreise, das Original kommt aus den Niederlanden.
VOX wächst als einziger großer Privatsender
Auch Imagepflege ist Teil der Strategie. Die tendenziell krawallige Scripted Reality wurde aus der Daytime verbannt, stattdessen bedienen gefühligere Dokusoaps wie "Zwischen Tüll und Tränen" die vorwiegend weibliche Zielgruppe. 65 Prozent der Vox-Zuschauer sind Frauen, 2016 gewann Vox 13 Prozent bei den 14 bis 29-jährigen Frauen dazu. Trotz Fußball-EM und Olympia erzielte der Kölner Sender einen Marktanteil von 5,2 Prozent beim Gesamtpublikum und überholte damit erstmals ProSieben. In der Zielgruppe konnte Vox als einziger großer Privatsender dazugewinnen - von 6,6 auf 7 Prozent.

57 Prozent der Mitarbeiter in der Kölner Redaktion sind Frauen. Sicherlich mit ein Grund, warum man den Geschmack der Zielgruppe so häufig trifft. Der Erfolg spiegelt sich nicht nur in den Zuschauerzahlen, sondern auch in der Bereitschaft von Prominenten, in Sendungen mitzuwirken. "Bei der ersten Staffel von ,Sing meinen Song‘ war es noch schwer, Musiker zum Mitmachen zu überreden. Jetzt rufen sie bei uns an", so Sturm.

Das macht mutig. Obwohl Preisverleihungen im Fernsehen generell schwierig sind, übernimmt Vox im April die Ausstrahlung des Musikpreises Echo. Ein Gipfeltreffen der deutschen Musikszene soll es werden. "Musiker sind viel unterwegs, aber an einem Tag im Jahr kommen sie zusammen und feiern ihre Branche: beim Echo", malt sich Sturm aus. Könnte klappen.

Autorin: Bärbel Steinberg