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Voll verhauen: Der B-Weltmeister

Voll verhauen: Der B-Weltmeister
Klein, aber mein: Huck mit dem WM-Gürtel der IBO GettyImages

Der Schritt von Marco Huck in die Selbstständigkeit war ein Flop. Der WM-Gürtel des unbedeutenden IBO-Verbands wirkt fast wie ein Symbol seines Abstiegs.

Auf seiner Homepage ist die Zeit stehen geblieben. Da reckt ein stolzer Mar­co Huck den WM­-Gürtel der WBO (World Boxing Organiza­tion) in die Höhe, den er insge­samt 13­-mal erfolgreich ver­teidigt hat. Seine Biografie ("Der Weltmeister stellt sich vor") endet an gleicher Stelle im Jahr 2014 mit der Trennung von seinem langjährigen Promoter Sauerland Event - und mit gro­ßen Zukunftsträumen:

"Ich will den weiteren Verlauf meiner Karriere selbst in die Hand neh­men und nicht mehr andere Leu­te bestimmen lassen, wie es mit mir weitergeht. Mit dem Team der Huck Sports Promotion wer­den ich und mein Bruder Kenan die Boxwelt verändern und mei­nen Fans großartige und span­nende Unterhaltung liefern."
Käpt'n Huck funkt SOS
Stattdessen geriet Käpt'n Huck mit seinem neuen Boot beinahe so schnell in Seenot wie die "Ti­tanic". Trainer weg, Titel weg, kein TV-­Partner in Sicht: So lautete die niederschmetternde Bilanz nach wenigen Monaten der Selbstständigkeit.

Dass ausgerechnet Wladimir Klitschko dem Ertrinkenden die Hand reichte, ihn bei RTL unterbrachte und einen Titelkampf gegen IBO-Weltmeister Ola Afo­labi arrangierte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. "Er hasst mich", brachte Marco Huck sein Verhältnis zu Klitschko vor nicht allzu langer Zeit auf den Punkt. Damals hatte sich Cruiserge­wichtsweltmeister Huck in die höchste Gewichtsklasse gewagt und Klitschko bei jeder Gelegen­heit zum Duell herausgefordert.

Vor dem Hintergrund dieser High­-End­-Ansprüche wirkt der WM­-Gürtel der weitgehend unbedeutenden IBO, den sich Huck gegen Afolabi sichern konnte, nicht mehr wie eine begehrte Trophäe, sondern wie ein Sym­bol seines Abstiegs.
Zurückhaltung à la Klitschko
Nur Hucks Ego ist nach wie vor ein Schwergewicht. Jetzt könnte man be­wundernd sagen: Ein Mann geht seinen Weg und lässt sich nicht verbiegen - aber das macht Nordkoreas Diktator Kim Jong­ un ja auch. Für den diploma­tischen Dienst jedenfalls eignet sich Huck kaum besser. Obwohl er sich vor seiner Titelverteidigung gegen den Briten Ovill McKenzie am 24. September redlich Mühe gibt, Statements von fast schon klitschkoscher Zurückhaltung zu formulieren: "Seine letzten Kämpfe waren sehr or­dentlich", sagt er über McKenzie. "Aber der Gegner sollte sich vor allem auf mich einstellen. Für mich ist nur wichtig, ob er Links­ oder Rechtshänder ist. Der Rest ergibt sich im Ring."

Das lässt sich zwar nicht so gut vermark­ten wie eine seiner sonst übli­chen Laut­-Sprecher­-Ansagen. Doch es macht ihn auch weniger angreifbar. Vielleicht hat Huck ja doch ungeahnte Schlüsse aus der aktuellen Entwicklung gezogen. Sportler, die ihr Herz auf der Zunge tragen und immer ihre Meinung sagen - für viele, vor allem für die Medien, sind sie die Idealbesetzung in der Manege des überdrehten Sportzirkus. Al­lerdings werden sie auch schnell als beratungsresistente Problemkinder abgestempelt.

Anders als Trainerguru Ulli Wegner hält Hucks aktueller Coach Varol Vekiloglu seinen Schützling übrigens nicht für schwer trainierbar. Vekiloglu betonte auf einer Pressekonferenz vor dem Kampf jedoch, er habe auch keine Ambitionen, Huck zu verändern. Das dürfte seinem Chef gefallen haben. Ob es auch ein Erfolgsrezept ist, wird sich gegen McKenzie zeigen.

Frank Steinberg